Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Ebersberg: Kritik an den Wasserstoff-Plänen des Landkreises

Der Kreis Ebersberg will mit seiner Teilnahme an einem Pilotprojekt umweltfreundliche Kraftstoffe fördern. Das gefällt nicht allen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Um eines der ehrgeizigsten Klimaschutzprojekte im Landkreis gibt es nun Streit: die Wasserstoffregion. Zu dieser hatte sich Ebersberg mit den Landkreisen München und Landshut im Rahmen eines Pilotprojektes zusammengeschlossen. Ziel ist, Ökostrom zur Gewinnung von Wasserstoff zu nutzen und diesen regional, beispielsweise als Ersatz für Benzin, einzusetzen. An diesem Vorgehen gab es im Kreis- und Strategieausschuss (KSA) nun Kritik von Grünen und SPD, konkret bemängelt wurden die Kosten für den Landkreis.

Diese sind nicht unerheblich, besonders die Anschubfinanzierung für fünf neue Wasserstoffbusse könnte den Landkreis bis zu 850 000 Euro im Jahr kosten. Weitere 200 000 Euro, allerdings nur einmalig, sind fällig, will der Landkreis auch in die Betreibergesellschaft einer der geplanten Wasserstofftankstellen einsteigen. Diese würde ein privater Investor in Grafing bauen lassen, dort soll Wasserstoff neben dem üblichen Treibstoff-Sortiment angeboten werden. Der Betreiber würde diesen über das Projekt Hy-Bayern beziehen - zumindest wäre das sichergestellt, wenn die drei Landkreise in das Unternehmen einsteigen, so die Stellungnahme der Verwaltung dazu. Die in Glonn-Schlacht geplante Wasserstofftankstelle würde dagegen über das Budget des Projekts finanziert.

Dessen Sinn stellte Albert Hingerl (SPD) nun in Frage: "Wo ist der Vorteil für uns?" Der Landkreis investiere laut Plan sechs Jahre je bis zu 850 000 Euro, gleichzeitig "stellen wir einen Sparhaushalt auf" und es stünden Einsparungen bei freiwilligen Leistungen in den Bereichen Soziales und Bildung im Raum, "das finde ich ungerecht". Darum könne er nicht zustimmen. Bereits bei der vorangegangenen Behandlung im Umweltausschuss hatte seine Fraktionskollegin Bianka Poschenrieder gegen den Beschluss gestimmt.

Überraschender war da das Votum der Grünen, auch die im KSA vertretenen drei Mitglieder der Ökopartei lehnten den Beschluss ab - nachdem man diesen im Umweltausschuss noch einhellig unterstützt hatte. Allerdings eben mit anderen Leuten, wie Benedikt Mayer klarstellte. "Das ist kein Schwenk der Grünen", entgegnete er auf den entsprechenden Vorwurf von Alexander Müller (FDP), man sei nur eben in der Fraktion unterschiedlicher Meinung. Die Fraktionsmitglieder im Umweltausschuss seien eben dafür, die im KSA dagegen, wegen der hohen Kosten. Bei der finalen Abstimmung zum Thema in der Kreistagssitzung im März werde es wohl kein einheitliches Votum der Grünen geben, so Mayer, "es gibt keinen Fraktionszwang".

Waltraud Gruber begründete die Ablehnung der Grünen im Ausschuss ähnlich wie zuvor schon Hingerl. Angesichts des allgemeinen Sparzwangs in der Krise, sei das Geld einfach an anderen Stellen sinnvoller investiert. Sowohl im Sozialen, als auch im Sinne der Energiewende. "Unser Ziel sollte sein, die Erneuerbaren auszubauen", und "nicht die Einführung eines neuen Produktes am Markt zu finanzieren." Gemeint sind die Wasserstoffbusse, an deren Eignung Gruber grundsätzlich Zweifel hat. Wenn man schon in umweltfreundliche Verkehrsmittel investieren wolle, seien Elektrofahrzeuge, auch Busse, besser geeignet, so Gruber. Darum sei das Geld auch besser angelegt, wenn man damit den Ausbau der Ladeinfrastruktur fördere.

Für die größte Kreistagsfraktion, jene von CSU und FDP, war die Ablehnung der Grünen so überraschend, dass man eine kurze Auszeit für eine Beratung beantragte. "Bei 14 zu eins im Umweltausschuss, sind wir hier von breiter Zustimmung ausgegangen", so Fraktionschef Martin Wagner (CSU). An der man seitens der CSU-FDP-Fraktion allerdings auch nach der Beratung festhielt.

Müller verwies darauf, dass die im Beschluss genannten Kosten ja nicht zwangsläufig anfallen würden. Zudem würden sie "dynamisch nach unten gehen, je mehr Busse fahren". Denn mit der Zahl der produzierten Fahrzeuge sinke letztlich auch der Preis. Zudem sei Wasserstoff eben langfristig der beste Speicher für überschüssigen Ökostrom, da sei es wichtig, frühzeitig die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Auch die Freien Wähler und die Ausschussgemeinschaft ÖDP-Linke votierten am Ende für den Beschluss und den Zuschuss an Busunternehmer, die im Linienverkehr neuartige Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb einsetzen wollen. Wilfried Seidelmann (FW) sagte, "das Pilotprojekt ist für den Landkreis notwendig" wenn man es schaffen wolle die "Busse verbrennungsmotorfrei" zu bekommen. Dass das alleine mit Elektrofahrzeugen gelinge, sei nicht ausgemacht, zudem "müssen die Batterien ja auch erzeugt werden". Karl Schweisfurth (ÖDP) sagte, er könne die Bedenken der Grünen durchaus nachvollziehen, "wir haben auch ein großes Unwohlsein wegen der Kosten" - man sei aber übereingekommen, dass der Nutzen überwiege.

Zuvor hatte auch Klimaschutzmanagerin Lisa Rütgers um Zustimmung geworben, "wir haben die Möglichkeit eine immense Förderung zu nutzen und einen Fuß in die Tür zu bekommen" bei einer wichtigen Entwicklung: "Dann haben wir Zugriff auf grünen Wasserstoff." Für den es im Übrigen eine Garantie gebe, sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU), auf keinen Fall werde Wasserstoff der mit Strom aus fossilen Quellen erzeugt wurde, in das Projekt eingespeist, Gruber hatte zuvor diese Befürchtung geäußert. Idealerweise könne man in einigen Jahren sogar Geld verdienen, sagte Rütgers, jedenfalls wenn der Landkreis sich an der Betreibergesellschaft für die Tankstelle beteilige.

Bei den vier Gegenstimmen von SPD und Grünen wurde dies und die Förderung von bis zu fünf Wasserstoffbussen beschlossen.

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SZ vom 24.02.2021/koei
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