Bürgermeisterwahl in Ebersberg:Proske entreißt der CSU nach 48 Jahren die Kreisstadt

Bürgermeisterwahl in Ebersberg: Ebersbergs künftiger Bürgermeister Uli Proske feiert eine virtuelle Wahlparty.

Ebersbergs künftiger Bürgermeister Uli Proske feiert eine virtuelle Wahlparty.

(Foto: Privat)

Der SPD-Kandidat gewinnt die Bürgermeisterwahl in Ebersberg mit 61,2 Prozent gegen Alexander Gressierer. Damit geht der Chefposten erstmals seit 1972 nicht an die CSU.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Mit dem Ende der Amtszeit Walter Brilmayers geht in der Kreisstadt auch die seit 1972 dauernde Ära der CSU-Bürgermeister zu Ende. Der von der SPD nominierte parteilose Uli Proske wird neuer Bürgermeister von Ebersberg. In der Stichwahl wünschten sich 61,18 Prozent der Wähler den Feuerwehrkommandanten der Kreisstadt als neuen Rathauschef, die Beteiligung lag bei 73,75 Prozent.

Wie schon beim ersten Wahldurchgang ließ das offizielle Ergebnis etwas auf sich warten, Proske erhielt aber bereits kurz nach Ende der Auszählung einen Gratulationsanruf von Brilmayer. Auch andere Ebersberger hatten schon vor Offiziellwerden der Ergebnisse von dem Sieg erfahren und kamen zum Gratulieren, wie Proske später am Telefon berichtete: Natürlich in gebotenem Abstand untereinander und zum neu gewählten Bürgermeister seien einige Nachbarn um kurz vor halb Sieben bei ihm vor der Haustür gestanden.

Dass er in einem Monat Ebersbergs neuer Bürgermeister sein wird, findet Proske "noch so surreal". Er sei "überwältigt und dankbar", sagte er, zumal das Ergebnis sehr eindeutig ausgefallen ist: "Das ist nicht knapp drüber, die Leute erwarten was von mir." Dass sich die Ebersberger so deutlich für ihn entschieden haben, liege sicher auch daran, "dass ich eigentlich seit 24 Jahren Wahlkampf mache". Denn als Feuerwehrkommandant und Wassermeister sei er bei den meisten bekannt, "die Leute wissen, dass man sich auf mich verlassen kann". In die Freude über den deutlichen Wahlsieg mischt sich aber auch Sorge ob der Gesamtsituation in der Corona-Krise. "Das wird ein schwieriger Einstand, man muss schauen, was jetzt alles auf uns zukommt." Für die unmittelbare Zukunft "hoffe ich, dass die ganze Mannschaft im Rathaus und bei der Stadt an Bord bleibt, und dass keiner krank wird".

Ansonsten "freue ich mich schon drauf", künftig die Ebersberger Stadtpolitik zu gestalten, so Proske. Besonders die Zusammensetzung des neuen Stadtrates gefällt dem künftigen Bürgermeister: Bei sechs Parteien, jede ohne eigene Mehrheit, heißt es Moderieren und Überzeugen. "Das wird eine spannende Aufgabe, aber ich glaube, dass man mit diesem Stadtrat viel bewegen kann."

Alexander Gressierer, Bürgermeisterwahl Ebersberg 2020

Der unterlegene Bewerber, Alexander Gressierer, hat Proske zu seinem Erfolg bereits gratuliert.

(Foto: Privat)

Die Stadtratsarbeit wird auch für Alexander Gressierer künftig im Vordergrund stehen, er wolle mit seiner CSU "die positive Entwicklung für Ebersberg fortsetzen". Dass sich letztlich nur 38,82 Prozent der Ebersberger für ihn entschieden haben, nimmt er sportlich, "es wird nicht besser, wenn man sich ärgert". Einen konkreten Grund für seine Wahlniederlage zu benennen, "dafür ist es zu früh", sagte Gressierer, allerdings hätte er sich mehr Sachthemen im Wahlkampf gewünscht, zu oft sei ihm stattdessen sein angeblich zu junges Alter vorgehalten worden. Die Aufregung um die Wahlempfehlung Brilmayers für Gressierer - einige Ebersberger hatten sich beschwert, dass diese zwischen den Zeilen eine Warnung vor seinem Gegenkandidaten enthalte - hätte er sich gewünscht, wenn es um inhaltliche Fragen gegangen sei. Auch wenn es am Ende nicht gereicht hat, "bedanke ich mich für das Ergebnis bei allen Wählern und Unterstützern und gratuliere Uli Proske", so Gressierer.

Dass es für die CSU diesmal schwierig würde, die Bürgermeisterwahl zu gewinnen, hatte sich bereits vor zwei Wochen angedeutet. Den ersten Wahlgang hätte Proske beinahe schon gewonnen, lediglich 3,2 Prozent trennten ihn damals von der absoluten Mehrheit. Gressierer kam zwar auf den zweiten Platz, allerdings mit gut 16 Prozent Abstand. Toni Ried von den Freien Wählern kam auf elf, Josef Peis von Pro Ebersberg auf 9,3 und der Kandidat der FDP, Bernhard Spötzl, auf 1,9 Prozent. Schon damals lag die Wahlbeteiligung mit 67,5 Prozent deutlich höher als bei vergangenen Kommunalwahlen, darum hat die ausschließliche Briefwahl nur eine geringe Mobilisierung der Nichtwähler gebracht. Insgesamt gab es diesmal 6948 gültige Stimmen, 6352 waren es im ersten Wahlgang gewesen. Für Proske hatten da noch 2972 Ebersberger gestimmt, nun waren es 4251, Gressierer wollten vor zwei Wochen 1959 Ebersberger als Bürgermeister, nun waren es 2697.

Ein Teil davon hat vermutlich im ersten Wahlgang noch für Ried gestimmt. Er hatte, im Gegensatz zu allen anderen Kandidaten und auch zu seiner eigenen Partei, eine Wahlempfehlung für Gressierer abgegeben. Insgesamt scheinen sich aber die meisten, die im ersten Wahlgang für einen der drei anderen Kandidaten votiert hatten, nun für Proske entschieden zu haben.

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