Amtsgericht Ebersberg:Eineinhalb Jahre Gefängnis für 64-jährigen Waffennarr

Amtsgericht Ebersberg - Symbolbilder

Das Urteil wurde am Ebersberger Amtsgericht verkündet.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Mann hortete in Vaterstetten kiloweise Munition und Waffen und wird deswegen ohne Bewährung verurteilt. Der Vollzug ist dennoch ungewiss.

Aus dem Gericht von Thorsten Rienth, Ebersberg

Tausende Patronen, unters Kriegswaffenkontrollgesetz fallende Leuchtspurmunition und dazu noch Artillerieübungsmunition. So viel, dass die Polizei bei einem 64-Jährigen aus Vaterstetten mit zwei Lieferwagen vorfahren musste. Bei der Fortsetzung der Verhandlung aus der Vorwoche hat ihn das Amtsgericht am Mittwoch nun zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt.

Unerlaubter Besitz von Kriegs- und Schusswaffen sowie Sprengstoff hatte die Anklage gelautet. "Wir reden von einer erschreckenden Gleichgültigkeit gegenüber Rechtsnormen", begründete Richter Markus Nikol das Urteil. "Es geht auch nicht um ein Kügelchen, sondern Munition im Kilobereich." Weil dem Angeklagten als "Waffennarr" der Straftatbestand hätte bestens bekannt sein müssen, gebe es auch keine Bewährung.

Heraus kam die Sache einerseits wegen einer Familienstreitigkeit: Nachdem die Tochter des Angeklagten mit ihrem langjährigen Freund Schluss gemacht hatte, ging dieser zur Polizei. Im Haus seines Ex-Schwiegervaters gebe es ein beachtliches Waffenlager. Etwas später meldete sich die Putzfrau des derweil nach Landshut umgezogenen Rentners bei der Polizei: In dem Haus liege ein Sammelsurium an Waffen und Waffenteilen sowie Munition herum. Erneut rückte die Polizei an und beschlagnahmte mehrere Kisten.

Ein Großteil der Munition war nicht mehr funktionsfähig

Zwar stellte sich bei einer genaueren Begutachtung heraus, dass ein Großteil der Munition gar nicht mehr funktionsfähig war. Illegal sei die Hortung dennoch, argumentierte die Staatsanwaltschaft: Dem Rentner war im Jahr 1998 wegen einer Trunkenheitsfahrt der Waffenschein aberkannt worden. Spätestens im Jahr 2002 hätte er - zusätzlich zu den bis dahin zurückgegebenen Waffen - auch sämtliche Munition abgeben müssen.

Der Staatsanwältin zufolge hätte der Angeklagte all dies wissen müssen. "Er hat immerhin schon Schulungen im Waffenrecht gehalten." Und selbst wenn er von den Gesetzesnovellen im Zuge des Amoklaufs am Erfurter Gutenberg-Gymnasium im Jahr 2002 mit 19 Toten nichts mitbekommen haben will: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht." Erschwerend komme hinzu, dass im Haus des Angeklagten auch dessen Enkeltochter oft zugegen sei.

Den Antrag auf eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wies Verteidiger Florian Alte zurück. Mitnichten wolle er das Vorhandensein der Straftaten leugnen - wohl aber das akute Gefahrenszenario. "Selbst der Sachverständige hat gesagt, dass man erst einmal eine ganze Menge hätte herumschrauben müssen", sagte Alte. Der allergrößte Teil der Munition sei zudem entweder nicht mit den sichergestellten Waffen kompatibel - oder eben funktionsunfähig. Deshalb sei eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe "völlig ausreichend".

Obwohl das Gericht dem nicht folgte, ist ein Haftantritt fraglich. Wegen des schlechten Gesundheitszustands des 64-Jährigen steht erst noch eine Überprüfung der Haftfähigkeit an.

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