Ebersberg:Vorstand tritt komplett zurück

Im Kreisverband der Senioren-Union eskaliert der Streit um den Verkauf eines Nazi-Hefts.

Thorsten Rienth

Die internen Querelen um den Verkauf eines Buches des Holocaust-Leugners Thies Christophersen beim letztjährigen Sommerfest haben den Kreisverband der Senioren-Union (SEN) zu einem radikalen Schritt veranlasst: Der komplette Vorstand der CSU-Organisation erklärte am Wochenende seinen Rücktritt. Darunter auch Beisitzer Erich Richartz, der den Streit um das auf dem Index stehende Machwerk "Die Ausschwitz-Lüge" ausgelöst hatte.

Der Grafinger will das Buch auf dem SEN-Sommerfest in Grafing gekauft haben - am Flohmarktstand von Helmut Schaumberg, dem Mann der nun zurückgetretenen Kreisvorsitzenden Renate Schaumberg. Als Richartz das Buch im November zu lesen begann und merkte, dass es sich dabei um eine Holocaust-Leugnung handelt, wandte er sich an Grafings CSU-Chef Sepp Carpus. Der bat Schaumberg und die Senioren-Union um Aufklärung. Dort wähnte man sich jedoch einer Kampagne gegen die Senioren-Union und deren Vorsitzende ausgesetzt. Stellvertreterin Traudl Raith mutmaßte etwa, ob nicht jemand das Heft "absichtlich dazugelegt" habe, "um der Senioren Union zu schaden". Richartz wies dies entschieden zurück und konterte, er sei bereit, sich auf seine Version der Geschichte vereidigen zu lassen.

Bevor es jedoch dazu kommen konnte, stand der Streit am Freitagabend bei der Sitzung des CSU-Kreisvorstands auf der Tagesordnung. Neues kam dabei erwartungsgemäß nicht zu Tage. Der Kreisverband "verurteilt ausdrücklich jegliche Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut", heißt es in der Pressemitteilung zur Sitzung. "Trotz großer Anstrengungen und Bemühungen von allen beteiligten Personen und Instanzen" ließen sich "die Fakten nicht abschließend klären".

Vergeblich versuchte die CSU-Vorsitzende Angelika Niebler noch eine Brücke zu schlagen: "Ich kann hier auf keiner Seite einen Vorsatz sehen und unterstelle dem natürlich auch keinem", sagte sie auf Nachfragte der SZ. Soll heißen: Weder habe die SEN vorsätzlich das Buch verkauft, noch habe Richartz die Vorwürfe einfach erfunden.

Über seine Zukunft hatte sich der SEN-Vorstand offenbar schon vor der CSU-Kreisvorstandssitzung gemeinsam Gedanken gemacht. Denn noch am Freitagabend informierte er die Presse über seinen nahezu kompletten Rückzug: Vom "Vorwurf, rechtsradikales Gedankengut verbreitet zu haben", sei man "tief betroffen". Der Rücktritt sei außerdem auch ein Zeichen der "Solidarität mit der Kreisvorsitzenden". Die "Vertrauensbasis" mit Richartz sei nicht mehr gegeben. Wohl auch deshalb bekam Richartz vom Rücktritt der restlichen SEN-Vorstände zunächst nichts mit. Als Traudl Raith die Erklärung zur Kenntnis an die SEN-Vorstandschaft verschickte, war Richartz schon vom Verteiler gestrichen. Der Grafinger legte dann am Samstag sein Amt nieder. Richartz wiederum wollte seinen Rückzug aus der SEN gegenüber der SZ nicht kommentieren:: "Die Sache hat schon genug Schaden angerichtet", betonte er.

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