Tag des offenen Denkmals:Vom Eiskeller ins Juché

Beim Tag des offenen Denkmals am Sonntag werden in Ebersberg, Wasserburg und Grasbrunn kunsthandwerkliche Schätze und Exponate der Industrie- und Technikgeschichte präsentiert.

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Uhrmacher, Braumeister, Knopfmacher, Gitterstricker, Heiligenschnitzer. . . Am Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag, 13. September, steht historisches Handwerk, stehen Technik und Industrie aus früheren Zeiten im Mittelpunkt. Auch in Ebersberg und drum herum ist allerlei Sehenswertes geboten, vom im Stil einer spätmittelalterlichen Wehranlage erbauten Wasserturm in Harthausen bei Zorneding bis zu den musealen Schätzen im Rathaus Ebersberg, von den Handwerksbetrieben der Stadt Wasserburg bis zu den Exponaten in der Ebersberger Pfarrkirche St. Sebastian. Es geht tief hinunter in eisige Keller und hoch hinauf in Turm und Speicher. Warme Kleidung, Schwindelfreiheit und bequeme Schuhe sind gute Voraussetzungen, diesen Tag zu genießen. Alle Führungen sind kostenlos.

Kreisheimatpfleger Markus Krammer wird in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein des Landkreises und der Pfarrei Ebersberg feine Technik, bestes Handwerk und sakrale Kunst präsentieren. Zum einen die eiserne Turmuhr der Pfarrkirche, zum anderen den im Aufbau befindlichen Ausstellungsraum für Kirchen- und Klostergeschichte. Dieser kleine Raum befindet sich im "Juché" der Kirche, oberhalb der Sakristei. In diesem mit gotischen Backsteinrippen ausgestatteten Zimmer sind neben Zunftfahnen zahlreiche Exponate aus der mehr als eintausendjährigen Geschichte des ehemaligen Klosters und späteren Pfarrkirche ausgestellt.

Zu dieser wertvollen Sammlung, so Krammer, gehöre ein aus schwarzem Graphit-Ton gebranntes Gefäß aus dem zehnten Jahrhundert, das im Oktober 1966 beim Einbau einer Warmluftheizung zutage gefördert wurde. Auch ein Würfelkapitell aus dem elften, ein Sandsteinkapitell aus dem ersten Drittel des 13. sowie ein Gewölbeschlussstein vom Ende des 15. Jahrhunderts sind Werke, die einer Schatzkammer würdig sind. Dazu zählt auch der Barockaltar der ehemaligen Kapelle der Schulschwestern. Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, Prozessionsstangen, Sebastiansfahnen und Weihebilder zählten ebenfalls zum Inventar der Ausstellung.

Die Führungen

Ebersberg: 14 Uhr: Kreisheimatpfleger Markus Krammer führt durch den Ausstellungsraum der Pfarrkirche St. Sebastian. Treffpunkt ist vor der Pfarrkirche. Nach der Präsentation der Kirchenschätze stellt Pfarrer Josef Riedl die barocke Sebastianskapelle mit der Kopfreliquie des Kirchenpatrons vor. 17 bis 19 Uhr: Stadtarchivarin Antje Berberich lädt ein zur Besichtigung des historischen Rathauses und ehemaligen Hofwirtshauses "Zur Unteren Tafern" am Marienplatz. Sie zeigt kunsthistorische und architektonische Schätze sowie eine kleine museale Sammlung im Speicher des Gebäudes.

Wasserburg: Ein umfangreiches Programm präsentiert die Stadt am Inn ihren Besuchern. Von 10 bis 11 Uhr wird die Archivführung "Handwerk in schriftlichen Quellen" angeboten; das Archiv veranstaltet von 14 bis 15.30 Uhr auch ein Kinderprogramm. Hierzu ist eine Anmeldung unter Telefon (08071) 92 03 69 erforderlich. Führungen zum Thema "Wasserburg als Stadt der Brauereiindustrie" wird von 10 bis 11.30 und von 13 bis 14.30 Uhr angeboten. "Vom Knopfmacher zum Gitterstricker" lautet das Thema dreier halbstündiger Rundgänge um 13, 13.30 und 15 Uhr. Um 14 Uhr steht eine Führung zur Restaurierung der historischen Fenster im Museumsgebäude auf dem Programm. Dort kann man auch die historischen Werkstätten des Museums und die Schusterwerkstatt besuchen (15.30 bis 17 Uhr - mit Kinderprogramm). Harthausen: 10 bis 16 Uhr, Besichtigung des Wasserturms mit Rolf Katzendobler. bae

Besondere Aufmerksamkeit wird vermutlich den Resten des von dem Bauern Franz Xaver Hupfauer gestifteten "Heiligen Grabs", eines Zeugnisses barocker Volksfrömmigkeit, zuteil werden. Gefertigt wurde dieses fromme Kulissenwerk 1883 in der Kunstanstalt des Balthasar Kraft in Pfaffenhofen. Darstellungen des Grabes Christi kennt man seit der Spätantike. Die aufwendige Nachbildung sollte die unerreichbare Grabeskirche in Jerusalem ersetzen. Nach der Führung wird Pfarrer Josef Riedl begleitet von der Ebersberger Volksmusik die barocke Sebastianskapelle mit der Kopfreliquie des Kirchenpatrons vorstellen.

Von der Stadtpfarrkirche ist es nur ein Katzensprung zum Rathaus. Antje Berberich, Leiterin des Stadtarchivs und Galeristin, lädt am Sonntag ein, das Innenleben des Rathauses zu erkunden und das ehemalige Hofwirtshaus "Zur Unteren Tafern" am Marienplatz zu besichtigen. Sehenswert dort: das spätgotische Netzrippengewölbe und die historische Deckenschnitzerei, der mit figürlichen Kragsteinen bestückte Erker, die fein geschnitzte Holzbalkendecke im Sitzungssaal. Daneben wird Berberich aber auch kleine museale Schätze präsentieren, historische Ansichtskarten, Sterbebilder, Filmaufnahmen. Wer schwindelfrei ist, hat die Möglichkeit, auf den steilen Treppenstufen des Speichers einen Rundblick zu riskieren.

Besonders Wasserburg am Inn hat zum Thema einiges zu bieten. Neben Industriedenkmälern geben auch Leerstand und Verfall, das heißt die technik-, kultur-, architektur- und sozialgeschichtliche Bedeutung ehemaliger Industrieanlagen, Anlass zur Betrachtung. Das Programm des Tages beginnt im Stadtarchiv mit einer Führung zum Thema "Handwerk in schriftlichen Quellen". Stadtarchivar Matthias Haupt zeigt originale Handwerks- und Zunftordnungen, Rechnungen und Streitschriften. Kinder können historische Wappen, Urkunden und allerlei Schriftstücke entdecken. Anschließend gestalten sie mit Hilfe des Archivkoffers ein Erinnerungsstück. Dafür ist eine Anmeldung (siehe nebenstehende Info) erforderlich.

"Wasserburg als Stadt der Brauereiindustrie" lautet der Titel einer Stadtführung. Im 19. Jahrhundert war die Stadt noch vom Brauereigewerbe geprägt, 1994 jedoch schloss die Brauerei Fletzinger, die letzte ihrer Art, ihre Tore und Kessel. Dennoch hat das Gewerbe bedeutende Spuren hinterlassen, etwa die Bierkeller, die zum Ende der Führung besucht werden. Die Veranstalter empfehlen dafür warme Kleidung. Bei einer weiteren Führung stehen Straßennamen, die ans Handwerk erinnern, zum Beispiel "Weberzipfel", sowie Handwerksberufe wie Knopfmacher, Gitterstricker, Nagelschmied und Schuster auf dem Stundenplan. Die Führungen enden mit einem Besuch der historischen Werkstätten des Museums. Kindern zeigt Schuster Manfred Ehrler, wie in früheren Zeiten gutes Schuhwerk hergestellt wurde.

Ein schmuckes Industriedenkmal hat das kleine zur Gemeinde Grasbrunn gehörende Dorf Harthausen zu bieten. Mitglieder des Heimatkreises und Ortsheimatpfleger Rolf Katzendobler führen zu dem markanten, in den Jahren 1901 und 1902 nach Art eines spätmittelalterlichen Wehrturms errichteten Wasserturm mit Rundbogenfries, Treppengiebelanbau und Zinnen.

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