Süddeutsche Zeitung

Sozialarbeiter an Schulen:Vertraute in Krisensituationen

An allen Realschulen und Gymnasien sind inzwischen Schulsozialarbeiter im Einsatz. Ihre Aufgaben sind vielseitig.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Mal tritt er auf wie ein "Ritter in strahlender Rüstung", um heulende Mädchen zu trösten. Und dann ist er wieder der "Bad Guy", der rüpeligen Jungs in aller Deutlichkeit klar macht, wo ihre Grenzen sind. "Ich muss wie ein Chamäleon sein", sagt Florian Gar. Seit April 2012 ist er als Sozialpädagoge im Gymnasium und in der Realschule Vaterstetten im Einsatz und leistete somit Pionierarbeit.

Denn das Angebot, das offiziell "Sozialpädagogische Arbeit an weiterführenden Schulen" heißt, wurde damals erst im Landkreis etabliert. Ganz einfach war der Prozess nicht, denn geeignete Fachkräfte für alle Stellen zu finden, erwies sich als Herausforderung. Inzwischen allerdings sind Sozialarbeiter an allen Realschulen und Gymnasien im Landkreis tätig. Schüler, Lehrer und Eltern schätzen ihre Arbeit.

Die Sozialarbeiter sind nicht Mitglieder des Lehrerkollegiums, es besteht also keine Gefahr, dass die Kinder, die ihnen in der Pause gerade noch ihre größten Sorgen anvertraut haben, nach der Pause von ihnen unterrichtet werden.

Oft geht es bei den Beratungsgesprächen um Mobbing oder Probleme daheim, manchmal aber kümmert sich Florian Gar auch um Kinder, die gerade die schlimmsten Krisen ihres jungen Lebens meistern müssen - etwa um ein Mädchen, dessen Stiefvater Suizid begangen hat und das seitdem viel Unterstützung braucht. "Ich versuche, eine stabile Bezugsperson zu sein", sagt Florian Gar, der seine Arbeit auch in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorstellte.

Er und seine Kollegen stellen auch den Kontakt zu anderen Hilfseinrichtungen oder auch Kinder- und Jugendpsychiatern her, wenn sie den Bedarf dafür sehen. Im vergangenen Jahr betreute Gar 75 Kinder und Jugendliche am Gymnasium Vaterstetten und 84 an der dortigen Realschule.

Viel zu tun haben aber auch Gars Kollegen, die an den übrigen weiterführenden Schulen im Einsatz sind: 106 Fälle waren es 2014 an der Realschule in Ebersberg, 37 am Gymnasium Markt Schwaben und 57 an der benachbarten Realschule. Am Gymnasium Grafing ist die Zahl der Beratungen mit 15 vergleichsweise gering, an der Realschule Poing kümmerte sich die zuständige Schulsozialpädagogin um 36 Schülerinnen und Schüler.

Am Gymnasium Kirchseeon ist das Angebot noch relativ neu, hier ist Sozialpädagogin Anita Schumann erst seit Anfang Oktober tätig und hat in den ersten drei Monaten acht Schülerinnen und Schüler intensiver betreut.

Schon länger wünschen sich die Schulen, dass das Engagement der Sozialarbeiter ausgebaut wird. Derzeit nämlich gibt es rein rechnerisch nur drei Vollzeitstellen für die acht Realschulen und Gymnasien im Landkreis, die sich mehrere Fachkräfte teilen. Dadurch stehen die Sozialpädagogen als Ansprechpartner für die Schüler nur zeitweise zur Verfügung.

Doch der Kreis wird sich gut überlegen, ob er den Wunsch der Schulen nach einer Aufstockung des Personals erfüllen kann: Denn bereits jetzt belastet diese Aufgabe das Landkreisbudget jährlich mit 211 000 Euro - und es handelt sich um eine freiwillige Aufgabe, für die der Kreis eigentlich nicht zuständig ist.

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Quelle:
SZ vom 25.03.2015/moje
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