Verkehr in Ebersberg:Schau mal, wer da fährt

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In der Kreisstadt, hier die Dr.-Wintrich-Straße beim Amtsgericht, ist oft viel los. Eine Untersuchung soll nun klären, wo der Verkehr herkommt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In der Kreisstadt wird von diesem Monat an der Verkehr untersucht, damit er eines Tages weniger wird. Auch eine jahrzehntelange Streitfrage könnte dadurch beantwortet werden.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wo soll's denn hingehen? Diese Frage dürften in nächster Zeit einige Verkehrsteilnehmer in der Kreisstadt zu hören bekommen - und zwar nicht als Auftakt für Smalltalk sondern im Dienste der Wissenschaft. Genauer der Verkehrsforschung, denn noch im September startet eine Untersuchung über das, was auf den Ebersberger Straßen so los ist und warum.

Hintergrund ist, dass auf den kreisstädtischen Straßen oft zu viel los ist. Seit Jahrzehnten wird besonders der starke Auto- und Lastwagenverkehr beklagt, der das Zufußgehen und Fahrradfahren in Ebersberg nicht unbedingt angenehmer macht. Damit verbunden ist die Frage, ob sich der Zustand verbessern ließe, würde man zusätzlich zu der vor zwölf Jahren eröffneten Südumfahrung eine weitere Umgehung für den Nord-Süd-Verkehr bauen.

"Warum fährt jemand mit dem Auto und nicht mit dem Fahrrad."

Denn herauszufinden, wie viele Autos und Lastwagen nun durch und wie viele in die Kreisstadt fahren, ist eine der Aufgaben der Untersuchung, wie Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) nun bei der Vorstellung des Vorhabens erläuterte. Ebenfalls zu klären sei, warum die Ebersberger welches Verkehrsmittel nutzten, ganz konkret: "Warum fährt jemand mit dem Auto und nicht mit dem Fahrrad."

Auch Bestandteil der Untersuchung ist ein Lärm-Aktionsplan, also eine Landkarte, auf der die Lärmbelastungen eingezeichnet sind. "Im Rathaus können wir kein Fenster aufmachen, weil man sonst sein eigenes Wort nicht versteht", so Proske, auch viele Wohngebiete vor allem entlang der Staatsstraße 2080 seien davon betroffen. Die nannte der Bürgermeister "unser größtes, aber nicht unser einziges Problem".

Welche es noch gibt und wie groß sie im Einzelnen sind, darüber erhofft man sich durch die neue Untersuchung Aufschluss. Es sei die erste dieser Art, sagt Rafael Stegen vom Stadtplanungsbüro Salm und Stegen, der den Arbeitskreis Verkehr moderiert. Aus diesem sei auch der Anstoß für die Untersuchung gekommen, Ziel sei vor allem, dass "nicht schnell ein Maßnahmenkatalog erstellt wird, der sich nicht umsetzen lässt", sondern dass am Ende Handlungsempfehlungen stünden, die auch wirklich praktikabel seien und von einer Mehrheit der Bevölkerung unterstützt würden.

Dazu gehört auch die in der Kreisstadt seit mehreren Jahrzehnten mit unterschiedlicher Intensität diskutierte Frage, ob es eine Nord-Süd-Umfahrung braucht. Diese, so Stegen, solle sich durch die Ergebnisse aus der Studie einfacher beantworten lassen. Aktuell, so Proske, gebe es zwar Vermutungen zum Anteil des Durchgangsverkehrs - er liegt angeblich bei etwa einem Viertel - der sich durch eine neue Straße außenrum aus der Stadt verbannen ließe, ob die Zahl stimmt, wisse aber niemand.

In diesem Monat beginnt die Verkehrszählung, im Oktober werden Fragebögen verschickt

Darum, so erklärte es Klaus Schlosser vom Innsbrucker Büro für Verkehrsplanung und Raumplanung, das für die Stadt die Untersuchung vornehmen wird, werde in einem ersten Schritt der Verkehr gezählt. An drei nicht aufeinanderfolgenden Werktagen im September sollen dazu an den Ortsein- beziehungsweise -ausfahrten die Autokennzeichen erfasst werden. Sobald ein Auto die Stadt wieder verlässt, werde das Kennzeichen gelöscht, so Schlosser, aus der Dauer könne man dann schließen, ob es sich um Durchgangsverkehr handele oder ob das Ziel in der Kreisstadt liege.

Parallel dazu soll es auch eine Verkehrsteilnehmer-Befragung geben. Dazu werden wie bei einer Verkehrskontrolle die Autos von der Polizei auf den Seitenstreifen gewunken und deren Lenker nach dem Fahrziel gefragt. Aber auch Fußgänger und Radler sollen befragt werden, so will man herausfinden, welche Strecken und zu welchen Zielen welche Verkehrsmittel genutzt werden.

Die Untersuchung dauert eineinhalb Jahre und kostet die Stadt rund 180 000 Euro

Des weiteren sollen Mitte Oktober noch Fragebögen an etwa 900 Haushalte verschickt werden. Laut Schlosser sei das Ergebnis repräsentativ, wenn etwa ein Drittel davon beantwortet wird. Dies soll auf Papier, aber auch online möglich sein. Gefragt werde unter anderem, welche Wege man zurücklegt und welche Verkehrsmittel dazu genutzt werden.

Am Ende soll dann ein Verkehrsmodell stehen, das unter anderem den Anteil des Durchgangsverkehrs zeigt. Erste Ergebnisse sollen noch im November auf einem Bürgerforum präsentiert werden, ein weiteres ist für den Frühsommer kommenden Jahres geplant. Insgesamt rechnet man mit einer Bearbeitungszeit von etwa eineinhalb Jahren, die Kosten für das Gutachten betragen rund 180 000 Euro.

Danach, da macht sich der Bürgermeister keine Illusionen, dürfte es aber noch ein gutes Stück teurer werden, wenn es daran geht, die Maßnahmen auch umzusetzen: "Das meiste davon wird die Stadt tragen müssen."

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