Einen Fahrradfahrer konnte Grünen-Kreisrat Thomas von Sarnowski jüngst zwar nicht entdecken, als er auf der Staatsstraße 2351 zwischen Moosach und Glonn unterwegs war, dafür aber einen im Landkreis Ebersberg eher untypischen Verkehrsteilnehmer: einen Mann in einem Supersportwagen mit Frankfurter Kennzeichen, der die kurvenreiche Strecke auf- und abbretterte. „Der Abschnitt ist ein beliebtes Ziel für Motorradfahrer und Auto-Poser“, sagte von Sarnowski deshalb in der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses, als es einmal mehr um die Zukunft der Straße ging. Autofahrer könnten dort nämlich bald ausgebremst werden, denn die Pläne des Landkreises, auf dem Abschnitt die erste außerörtliche Fahrradstraße in Bayern einzurichten, haben eine wichtige Hürde genommen.
Derzeit ist die Ortsverbindung zwischen Moosach und Glonn als Staatsstraße klassifiziert. Das bedeutet, dass die Strecke dem Freistaat gehört, der sich nicht nur um den Erhalt der Fahrbahn kümmern muss, sondern auch bestimmen kann, welche verkehrsrechtlichen Rahmenbedingungen dort gelten. Will der Landkreis den Abschnitt also als Fahrradstraße ausweisen, auf der Autos nur noch eine untergeordnete Rolle spielen würden, müsste er zunächst Eigentümer der Strecke werden. Eine solche Umwidmung hin zu einer Kreisstraße stellte das zuständige Staatliche Bauamt in Rosenheim nun tatsächlich in Aussicht. Und zwar soll der Deal durch ein Tauschgeschäft vonstattengehen: Der Landkreis bekommt die jetzige Staatsstraße 2351, wenn er im Gegenzug die Kreisstraße EBE13, die von Grafing über Bruck nach Glonn verläuft, an den Freistaat abtritt.

Verkehr im Landkreis:Radeln auf der Teststrecke
Die Verbindungsstrecke zwischen Glonn und Moosach könnte als erste außerörtliche Fahrradstraße zu einem bayernweiten Pilotprojekt werden. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, soll eine zweijährige Probezeit zeigen, ob sich die neue Nutzung in der Praxis bewährt.
Entsprechende Pläne gab es zwar schon länger, bisher war man sich jedoch in den politischen Gremien unsicher, ob sich der Landkreis dadurch nicht ein Millionengrab schaufeln würde. Das hätte dann passieren können, wenn die Straßen in deutlich unterschiedlichem Erhaltungszustand wären oder Altlasten unter der Asphaltschicht schlummern würden. Für beides konnte nun aber Daniel Drachenberg vom Staatlichen Bauamt Entwarnung geben: Bei beiden Straßen gebe es zwar sanierungsbedürftige Abschnitte, insgesamt seien die Strecken aber in gutem Zustand. Bei einem Tausch sei deshalb mit Kosten von maximal 50 000 Euro zu rechnen – in die eine oder andere Richtung. Das bedeutet, der Landkreis könnte bei der Sache sogar ein bisschen Geld verdienen.
Von den Verkehrszahlen her ist die jetzige Staatsstraße eher eine Kreisstraße
„Wir sollten auf jeden Fall tauschen“, sagte deshalb Landrat Robert Niedergesäß (CSU), auch mit Blick auf die Auslastung der beiden Straßen. Denn obwohl die EBE13 derzeit als Kreisstraße klassifiziert ist, fahren dort viel mehr Autos als auf der Staatsstraße. Für letztere nannte der Landrat etwa 1000 Fahrzeuge pro Tag, auf der Kreisstraße sind es fast 6000 – entsprechend höher ist auch die Abnutzung und die Wahrscheinlichkeit einer teuren Sanierung. Aber auch aus Sicht des Staatlichen Baumamts ergibt der Tausch Sinn, denn für stärker befahrene Straßen sei eben der Freistaat zuständig, wie Daniel Drachenberg sagte.
Im Umweltausschuss war derweil die Freude groß, dass das leidige Thema nun ein so positives Ende nehmen könnte. „Dass wir einem Tausch entgegengehen, ist ein gutes Zeichen – auch für die Fahrradstraße“, sagte etwa Thomas von Sarnowski. Ob eine solche tatsächlich ausgewiesen werden kann, muss letztendlich die Straßenverkehrsbehörde entscheiden, positive Signale gibt es aber bereits. „Der Regierungspräsident hat mir seine Zustimmung für einen Pilotversuch signalisiert“, sagte der Landrat. Bis die Strecke zwischen Moosach und Glonn aber zur Fahrradstraße wird, dürfte es noch eine Weile dauern. Robert Niedergesäß selbst hält die Einführung im Frühjahr 2026 für realistisch. „Es muss alles sorgfältig abgewickelt werden und wir wissen auch nicht, wie lange das Ministerium braucht“, so der Landrat.

Verkehr im Landkreis:Radler haben Vorfahrt
Der Landkreis Ebersberg stellt sein Straßenbauprogramm für 2025 vor. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem Ausbau des Radwegenetzes. Neue Straßen wird es hingegen keine geben.
Fehlendes Wissen bemängelten einige Kreisräte auch in Bezug auf die Umsetzung des Projekts. „Wie wirkt sich die Fahrradstraße aus? Wie läuft das ab? Kann man das saisonweise begrenzen oder sogar bestimmte Tageszeiten festlegen?“, fragte etwa Martin Lechner (CSU) in die Runde – verbunden mit der Forderung, der Landkreis müsse für einen Pilotversuch vorab festlegen, unter welchen Umständen dieser überhaupt erfolgreich ist. Einen solchen gar nicht erst starten würde am liebsten Glonns Bürgermeister und CSU-Kreisrat Josef Oswald, der immer wieder die Sorge äußert, dass der Autoverkehr im Zentrum seiner Marktgemeinde zunehmen werde, wenn die jetzige Staatsstraße zur Fahrradstraße umfunktioniert wird.
Letztlich bestätigte das Gremium aber gegen die Stimmen von Josef Oswald und seinen Fraktionskollegen Leonhard Spitzauer und Roland Frick den Plan, probeweise eine Fahrradstraße einrichten zu wollen. Neben der Abwicklung des Tauschgeschäfts mit dem Staatlichen Bauamt und den Verhandlungen mit der Straßenverkehrsbehörde soll es dazu auch eine nochmalige Beratung im Umweltausschuss darüber geben, wie die Verkehrsregelung genau ausgestaltet werden soll. Die Wahrscheinlichkeit ist nun jedenfalls deutlich gestiegen, dass sich der Frankfurter Sportwagenfahrer bald eine andere Spaßstrecke suchen muss.