Süddeutsche Zeitung

Finanzpolitik im Landkreis:Tänzer auf allen Hochzeiten

Der Landkreis Ebersberg ist Mitglied in zahlreichen Vereinen und Organisationen. Daran gibt es Kritik, denn die Beitragskosten werden immer höher.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Was haben der Zweckverband für Tierkörperbeseitigung, das Katholische Bibelwerk, der Gartenbauverein Grafing und der Fachverband der bayerischen Standesbeamten gemeinsam? Bei all diesen Organisationen ist der Landkreis Ebersberg zahlendes Mitglied. Insgesamt 258 071 Euro wird das Landratsamt in diesem Jahr den Vereinen und Verbänden an Beiträgen zukommen lassen - ein Wert, der in der Vergangenheit kontinuierlich angestiegen ist. Hinzu kommen jährliche Zuschüsse, um Organisationen zu unterstützen. In diesem Jahr werden dafür 2,77 Millionen Euro fällig. Diese Entwicklung gefällt nicht jedem. Vor allem aus der AfD-Fraktion im Kreistag gibt es Kritik für diese Ausgaben, aber auch bei der FDP stellt man sich die Frage, ob der Landkreis wirklich auf all diesen Hochzeiten tanzen müsse.

Alexander Müller (FDP) räumte in der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses zwar ein, dass die einzelnen Beträge nicht sonderlich hoch seien, bemängelte aber eine gewisse Willkür bei den Vereinszugehörigkeiten des Landkreises: "Man muss sich schon die Frage stellen, warum man hier Mitglied ist und dort nicht." Auch hätte Müller gerne eine Erklärung dafür gehabt, warum manche Posten im vergangenen Jahr besonders angestiegen sind. Als Beispiele nannte er die Sportförderung, die sich von rund 134 000 Euro auf 287 000 erhöht hat. Signifikante Steigerungen sind auch bei der Schwangerenberatung und dem Rettungszweckverband zu beobachten.

Es gibt eine extra Arbeitsgruppe, die sich mit den freiwilligen Ausgaben befasst

Für solche Ausschläge gebe es keine pauschale Erklärung, sagte dazu Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales am Landratsamt. Die jährliche Auflistung der Vereinszugehörigkeiten und Zuschüsse diene nur als Übersicht, detaillierte Hintergrundinformationen zu den einzelnen Organisationen würden den Rahmen des Berichts sprengen. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) wandte ein, dass es genau dafür eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gebe, die sich mit dem Thema freiwillige Leistungen befasse.

Einen Mann konnte diese Erklärung allerdings nicht beruhigen: AfD-Kreisrat Manfred Schmidt, der seit jeher ein Kritiker der freiwilligen Ausgaben des Landkreises ist. Zwar seien die meisten der aufgelisteten Organisationen über jeden Zweifel erhaben, dennoch erfordere jede Mitgliedschaft einen Personal- und Sachaufwand. Auch Schmidt räumte zwar ein, dass die einzelnen Beträge überschaubar seien, dennoch summiere sich das Ganze aber auf. "Wir brauchen dringend Geld für das Berufsschulzentrum", so der AfD-Kreisrat, der deshalb dafür plädierte, an der ein oder anderen Stelle den Rotstift anzusetzen.

Tatsächlich sind die Kosten für die Mitgliederbeiträge in den vergangenen Jahren angestiegen - im Vergleich zu anderen Ausgaben des Landkreises halten sich diese dennoch in Grenzen. So flossen im Jahr 2013 rund 171 000 Euro in die Vereinskassen, in diesem Jahr werden es eben jene 258 000 Euro sein. Die Summe der Zuschüsse war zuletzt sogar leicht rückläufig: Während der Landkreis im Jahr 2020 wegen der Corona-bedingten Verdoppelung der Vereinspauschalen noch knapp über drei Millionen Euro an Finanzspritzen verteilte, sind es heuer nur noch 2,77 Millionen.

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