Corona-Krise in Ebersberg:Zum Stammtisch bei Zoom

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Corona verhindert Geselligkeit, auch für die Partner aus Vaterstetten und Trogir. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit Monaten müssen die Menschen im Landkreis Ebersberg auf ein normales Vereinsleben verzichten. Wie sich die Vereine trotzdem bemühen.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Immer wieder hält Gerda Rothhaupt zwischendurch inne, unterbricht sich selbst. "Natürlich gibt es viel Schlimmeres", sagt sie dann. Denn sie will nicht verharmlosen, dass es in der Corona-Krise für viele um die wirtschaftliche Existenz oder sogar um Leben oder Tod geht. Dennoch trifft die Krise auch die Vereine im Landkreis hart. Seit Monaten fallen persönliche Treffen weg, Ausflüge oder Veranstaltungen zu planen, ist fast unmöglich, und auch wichtige Einnahmen gehen verloren.

"Es ist extrem schwierig momentan", sagt Gerda Rothhaupt, die in Kirchseeon nicht nur den Gartenbauverein leitet, sondern auch Vorsitzende des dortigen Vereinskartells ist. Ähnlich geht es anderen Vereinen im Landkreis, sie bemühen sich dennoch nach Kräften, den Kontakt mit ihren Mitgliedern nicht abreißen zu lassen.

Das Bedürfnis, Gleichgesinnte mal wieder persönlich zu sehen, ist riesengroß, das hat Michael Baier gemerkt, als im vergangenen Sommer ein paar Treffen des Partnerschaftsvereins Vaterstetten-Trogir tatsächlich im Biergarten stattfinden konnten. Normalerweise kämen zu den Stammtischen an die 20 Leute, damals waren es gleich doppelt so viele, erzählt der Vorsitzende. Doch immerhin sitzen auch meist an die 15 Mitglieder vor ihren PCs oder Handys, wenn der Verein zum Online-Stammtisch lädt.

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Angefangen habe man das Angebot mit Jitsi Meet, ein einfaches System ohne Registrierung, um dadurch auch älteren Mitgliedern die Hemmung zu nehmen, sich einfach mal dazu zu schalten, sagt Baier. Was auch geklappt hat; weil aber die Verbindung über dieses System zu oft abgebrochen ist, ist man nun doch auf Zoom umgestiegen. Neulich waren auf diese Weise auch Gäste aus Kroatien, Südafrika und Basel dabei, "im wahrsten Sinne ein internationaler Stammtisch", sagt Baier, das ist wieder ein Vorteil der virtuellen Treffen.

"Bitte gebt die Hoffnung nicht auf, wir sehen uns wieder"

Auch in Kirchseeon halten die Mitglieder vieler Vereine über Online-Angebote Kontakt miteinander, besonders begeistert ist Gerda Rothhaupt über die Jugend der Seetaler Trachtler, die Filme dreht und auf Facebook stellt, eine virtuelle Nikolausfeier gemacht hat und überhaupt auf jede erdenkliche Weise versucht, das Miteinander online aufrecht zu erhalten.

Schwieriger ist das für manche ältere Leute, wie sie sich zum Beispiel im Gartenbauverein engagieren. Selbst einige, die mit dem Handy nicht viel am Hut hätten, kommunizierten nun über Whatsapp-Gruppen miteinander, erzählt Rothhaupt, ansonsten telefoniert man halt. "Bitte gebt die Hoffnung nicht auf, wir sehen uns wieder", das sei die Botschaft, die man dabei so manchem vermitteln müsse. Einige Vereine leiden auch finanziell, wenn sie etwa ihr neues Vereinsheim noch abzahlen müssen, aber keine Veranstaltung, keine Geburtstagsfeier dort stattfinden kann, die wenigstens ein bisschen Geld in die Kasse brächte.

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Manche Vereine trauen sich dennoch langsam an Planungen für die nächsten Monate, die Perchten etwa wollten Ende Juli wie gewohnt ihr Straßenfest feiern, der Gospelchor habe für Ende November ein Konzert angekündigt. Aber wer wisse schon, was heuer überhaupt möglich sei, sagt Rothhaupt, "es steht alles in den Sternen". Auch die Maibaumplanung in der Gemeinde wird durch Corona total durcheinandergeworfen. Eigentlich, sagt die Kartellvorsitzende, werde wechselweise einer von fünf Bäumen in den verschiedenen Ortsteilen am 1. Mai aufgestellt. Im vergangenen Jahr ging das schon nicht, in diesem Jahr schaue es auch wieder schlecht aus, sagt Rothhaupt. Die alten Bäume müssen trotzdem weg, falls sie nicht mehr so standfest sind, wie es vorgeschrieben ist.

Bei der Transition Town Initiative in Grafing ist in normalen Zeiten fast jeden Tag was los, Kurse, Stammtische, Filmabende. Momentan tut sich hier fast nichts, erzählt Michaela Müller, eine der Organisatorinnen der Gruppe. "Am Anfang haben wir es mit Online-Treffen probiert, aber bei uns geht es einfach um die Gemeinschaft - auch die analoge Gemeinschaft." Keiner habe mehr Lust, sich nur auf dem Bildschirm zu sehen. Mitglieder treffen sich bisweilen zu zweit, um Dinge zu besprechen; bei der Gründung der neuen solidarischen Landwirtschaft auf dem Kerschbaumerhof wichen dann die Beteiligten doch auf Online-Kommunikation aus, weil es einiges zu planen und vorbereiten galt. Konkrete Planungen für Veranstaltungen seien ihr nicht bekannt, sagt Müller, aber sie gehe doch davon aus, dass sich das in diesem Jahr noch ändern werde: "Es ist langsam Zeit, dass wir auf die Barrikaden gehen", sagt sie.

Michael Baier vom Trogir-Verein lacht nur kurz auf, wenn man ihn fragt, wann er wieder mit einem normalen Vereinsleben rechnet: "Moment, ich geh' mal kurz die Glaskugel holen", sagt er. Konzerte und Ausstellungen wie früher sind, so wie er die Lage derzeit beurteilt, "frühestens im dritten Quartal" realistisch. Eine Gruppenreise mit 50 Leuten in einem Bus, daran traut sich der Verein aber zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht. Vielleicht aber, so die vage Hoffnung Baiers, können die Freunde aus Kroatien ihren im vergangenen Jahr ausgefallenen Besuch in diesem Jahr im Dezember nachholen, "das Programm dafür haben wir ja noch in der Schublade". Auch einige andere Ideen liegen dort, wie man das Vereinsleben im zweiten Coronajahr gestalten könnte, ob und wann sie herausgeholt werden, wird sich zeigen.

Gerda Rothhaupt hofft ebenfalls darauf, dass sich die Lage so entspannt, dass wieder ein Vereinsleben wie vor der Pandemie möglich ist. Auch sie selbst musste sich gewaltig umstellen, die vielen Treffen, die gewaltige Organisationsarbeit, das alles fällt weg. Und natürlich die Geselligkeit: "Ich gehe jetzt einkaufen, auch wenn ich eigentlich nichts brauche - nur, um mal jemanden zu treffen und zu ratschen", sagt die Kirchseeonerin und lacht.

© SZ vom 09.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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