Corona-Krise:Ebersberg: Die Dreifach-Turnhalle ist nun eine Hilfsklinik

Corona-Krise: Sicherheitsvorkehrungen in Rekordgeschwindigkeit umgesetzt: In der Turnhalle der Realschule Ebersberg stehen Krankenhausbetten und Sauerstoffflachen zur Verfügung. Für den Fall, dass die Kreisklinik voll belegt ist, können weitere Patienten in der Turnhalle gesund gepflegt werden.

Sicherheitsvorkehrungen in Rekordgeschwindigkeit umgesetzt: In der Turnhalle der Realschule Ebersberg stehen Krankenhausbetten und Sauerstoffflachen zur Verfügung. Für den Fall, dass die Kreisklinik voll belegt ist, können weitere Patienten in der Turnhalle gesund gepflegt werden.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

In einer Hauruck-Aktion wird das Gebäude zum Krankenhaus umfunktioniert. Alle hoffen, dass es nie in Betrieb gehen muss.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Dass der Katastrophenfall wegen eines Virus, das wahrscheinlich auf einem Tiermarkt im fernen China erstmals aufgetreten ist, so schnell auch in Ebersberg zum Alltag werden könnte, damit hat wohl bis vor kurzem noch niemand gerechnet. Doch gerade weil alles so schnell geht, werden auch die Sicherheitsvorkehrungen in Rekordgeschwindigkeit durchgesetzt. So auch in Sachen medizinischer Notfallversorgung: Vor zwei Wochen noch waren in der Dreifachturnhalle an der Realschule Ebersberg Trampoline, Weichmatten oder Medizinbälle untergebracht. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Gebäude nun leer geräumt und zum Hilfskrankenhaus umfunktioniert, oft wurde bis spät in die Nacht aufgebaut und geschraubt. Nun stehen Betten für 105 Patienten zur Verfügung, von Montag an könnte es in Betrieb gehen.

"Wir sind nicht ganz so schnell wie die Chinesen, die eine ganz neue Klinik auf eine Wiese stellen", scherzt Landrat Robert Niedergesäß (CSU) beim Pressetermin am Freitagvormittag in der Turnhalle. "Aber das hier war ein Kraftakt für alle Beteiligten." In den drei großen Hallen stehen jeweils sieben Betten hintereinander, in jeder Halle fünf Reihen. Ein Bereich, so erklärt Niedergesäß, sei für Frauen, einer für Männer und einer für Patienten mit schwererem Verlauf. "Hier werden aber keine Intensivpatienten betreut", betont er. "Und hier gibt es keine Intensiv-Beatmung." Die Betten seien gedacht für Fälle, denen es für die Klinik zu gut und für zu Hause zu schlecht ginge.

Waren ursprünglich wie in anderen Hilfskrankenhäusern auch Feldbetten für die Patienten angedacht, ist hier in Ebersberg diesbezüglich doch für ein wenig Komfort gesorgt: Die Betten sind alle neu und für drei Jahre geleast. Eigentlich werden sie in der Pflege verwendet, die Matratzen können etwa am Kopfende nach oben gefahren oder in der Höhe verstellt werden. Auch hatte man anfangs überlegt, die Hilfsklinik im Gebäude der Sparkasse unterzubringen, berichtet Niedergesäß; das sei jedoch unter anderem daran gescheitert, dass es zu wenig sanitäre Anlagen gegeben habe und die Türen zu schmal gewesen seien. Letztlich sei die Dreifachturnhalle eine gute Ausweichmöglichkeit; nicht zuletzt wegen der Nähe zum Krankenhaus, das etwa auch im Falle einer Inbetriebnahme das Essen liefern würde.

Noch herrscht reges Treiben in der Dreifachturnhalle, vereinzelt schwirren Mitarbeiter vom Technischen Hilfswerk (THW) und vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) herum und treffen letzte Vorbereitungen. Zum Schutz vor Infektionen dürfen auch sie nur mit dem vorgeschriebenen Abstand und in Schichten arbeiten. Stromkabel werden verlegt, Dutzende Riesenpackungen Toilettenpapier stehen auf einem Rollwagen, Bauschutzhelme und Sicherheitswesten liegen in den Kabinen. Ein bisschen fühlt es sich so an wie vor einer Großveranstaltung - die aber hoffentlich nie stattfinden wird.

"Das ist die erste Arbeit, bei der wir uns freuen würden, wenn wir sie umsonst gemacht hätten", sagt Florian Robida. Normalerweise ist er der stellvertretende Leiter des Jugendamtes Ebersberg. Wegen seiner Qualitäten, sagt Landrat Niedergesäß, sei Robida kurzerhand zum Hilfskrankenhaus-Manager ernannt worden. Auch Stefan Huber, Geschäftsführer der Kreisklinik Ebersberg, hofft, dass die neu geschaffene Infrastruktur nicht gebraucht wird: "Das würde dann bedeuten, dass unsere Klinik voll belegt ist." Das Krankenhaus Ebersberg nämlich hat im Zuge der Corona-Krise seine Kapazitäten deutlich ausgebaut; statt der 328 Betten stehen dort nun 500.

Vor dem Glasregal im Flur, auf dem Sportpokale ausgestellt sind, stehen etwa 30 Tanks mit flüssigem Sauerstoff. Jedes der 105 Betten, so erklärt es ein Mitarbeiter des BRK, wird mit einem solchen Tank versorgt. Je nach Litergabe reicht dieser Tank für drei Tage. Neben den zusätzlichen Vorräten an Sauerstoffflaschen parkt vor dem Gebäude ein Tankwagen der Firma Linde, um jederzeit nachfüllen zu können. In Sachen Sauerstoff, so der Tenor, ist kein Engpass zu befürchten; auch weil der industrielle Bedarf an dem Flüssiggas derzeit runtergefahren wurde.

Dass der Umbau der Turnhalle in ein Krankenhaus so zügig vorgenommen werden konnte, das ist auch auf das größtenteils ehrenamtliche Engagement der Beteiligten zurückzuführen. Vor zwei Wochen beispielsweise meldete sich Niko Rinkes per Mail bei Landrat Niedergesäß. Der Architekt aus Grafing bot seine Hilfe beim Umbau an. "Seitdem haben wir uns quasi jeden Tag gesehen", so Niedergesäß. Auch die örtlichen Unternehmen und Betriebe unterstützen die Umfunktionierung mit großem Engagement. So konnten etwa innerhalb kurzer Zeit auch drei separate Filteranlagen in die Dreifachturnhalle eingebaut werden, somit ist der Standard der Entlüftung vergleichbar wie bei einem echten Krankenhaus. Auch ein Aufenthaltsraum für die Patienten wurde geschaffen sowie ein Fernseher installiert inklusive Satellitenanlage.

Falls die Hilfsklinik in Betrieb genommen wird, hat das ärztliche Personal aus der Klinik dann dort das Kommando. Auch das konnte schon aufgestockt werden: 40 Menschen aus dem Landkreis haben sich bisher als medizinisches Personal auf Abruf gemeldet, ebenso viele Menschen haben sich als Pfleger zur Verfügung gestellt. Ob und wann die Hilfsklinik in Betrieb genommen wird, so Landrat Niedergesäß, darauf gibt es keine seriöse Antwort.

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