Süddeutsche Zeitung

Kunstraum in Ebersberg:Sonntagsaussichten

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Der Speicher des Grundbuchamts soll sobald wie möglich wieder für Ausstellungen geöffnet werden. Für den vom Brandschutz geforderten zweiten Rettungsweg gibt es nun ein Konzept - der Ausstieg führt über das Dach

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Sonntagsspaziergänger in der Kreisstadt und Kunstliebhaber können sich freuen - wenngleich mit der Nachricht der Appell verbunden ist, sich noch ein wenig zu gedulden: Es soll wieder Ausstellungen im Ebersberger Grundbuchamt geben, die Frage ist nur: wann? Wenn alles gut läuft, könnten die Räumlichkeiten im wunderschönen Speicher des Gebäudes beim Amtsgericht schon Ende des Jahres bereit sein, um Veranstaltungen wie jenen des Vereins "Die Sonntagsidee" wieder Raum zu geben.

Angela Felzmann-Gaibinger, bis 2015 Leiterin des Amtsgerichts, hatte den loftartigen Raum 2008 für regelmäßige Ausstellungen geöffnet. Die inzwischen verstorbene Moosacher Künstlerin Hildegard Dressler und weitere Freunde der Kunst waren es, die den Verein "Die Sonntagsidee" ins Leben riefen. Zehn Jahre lang fanden seither zweimal im Jahr Ausstellungen im Speicher statt - eröffnet und vorwiegend zu sehen immer am Sonntag -, die vor allem, aber nicht nur Nachwuchskünstlern eine Plattform bieten sollten. Kurz nach der Jubiläumsausstellung zum Zehnjährigen im Jahr 2018 dann war Schluss. Der Brandschutz, so hatten es Sachverständige festgestellt, konnte für öffentliche Veranstaltungen nicht in gesetzlich vorgeschriebenem Maße gewährleistet werden. Es gibt nur einen Zugang zum Speicher, das Treppenhaus nämlich. "Wenn hier ein Feuer schwelt oder das Treppenhaus verraucht ist, dann kommt niemand mehr hinunter", erklärt Rudolf Simhofer von der Liegenschaftsabteilung im Staatlichen Bauamt Rosenheim. Und gerade jenes Element, das zur besonderen Atmosphäre des Raums beiträgt, die niedrigen, in Fußhöhe angeordneten halbmondförmigen Fenster sind schuld daran, dass auch hier ein Ausstieg nicht funktioniert. "Sie sind 60 Zentimeter breit und einen Meter hoch und damit zu klein." Wenn jemand etwas beleibter sei oder sich nicht gut bewegen könne, habe er Schwierigkeiten, hier durchzukommen, so Simhofer.

Als Alternative zu einem zweiten Rettungsweg könne zwar grundsätzlich eine Brandschutzwache aufgestellt werden, die frühzeitig warnt, wenn Gefahr im Anzug sei. Da die Ausstellungen aber nicht nur zu Vernissagen oder Finissagen geöffnet waren, wäre der personelle Aufwand auf die Dauer zu hoch gewesen, daher das zeitweilige Aus.

Nun aber sieht es so aus, als käme Bewegung in die Sache. Wie der stellvertretende Leiter des Amtsgerichts Markus Nikol erläutert, gebe es mehrere Konzepte für einen zweiten Fluchtweg aus dem Speicher. Ganz leicht zu bewerkstelligen sei das aber von der Planung und der Finanzierung her allerdings nicht. Das Gebäude des Grundbuchamts steht unter Denkmalschutz, so dass jede Veränderung an der Außenseite vom Denkmalamt mit Argusaugen gesehen wird. Auftraggeber für einen Umbau könne außerdem nicht das Ebersberger Gericht selbst sein, sondern das Oberlandesgericht München, zu dessen Gerichtsbezirk das Amtsgericht gehört. "Wir können keine Handwerker beauftragen", so Nikol.

Nun aber sieht es nach Ortsterminen mit Denkmalschutz, Landratsamt, Feuerwehr und Vertretern des Bauamts Rosenheim so aus, als wäre ein Rettungsweg über eine Dachgaube möglich. Draußen auf dem Dach, erklärt Rudolf Simhofer, könnten Besucher des Speichers im Ernstfall dann auf einer Rettungsplattform gesammelt und von dort aus mittels Feuerwehrleiter gerettet werden. Die Plattform werde so auf der uneinsehbaren Seite des Gebäudes angebracht, dass sich das Denkmalamt daran nicht störe, und auch die Feuerwehr habe zu dem Plan bereits ihr Okay gegeben. Das Gebäude sei an dieser Stelle für die Rettungswagen zugänglich.

Nun geht es also noch darum, dass die nötigen Gelder vom Oberlandesgericht freigegeben werden. Im Jahreshaushalt des Staatlichen Bauamts sei die Maßnahme von etwa 35 000 Euro bereits eingeplant, so Simhofer. "Das Oberlandesgericht teilt die Mittel zu, es muss die Maßnahme befürworten, aber Brandschutz wird meistens wohlwollend behandelt." Wenn der Antrag durch sei, könne man den Auftrag vergeben - gesetzt den Fall, es finde sich bald eine Firma, die nicht ausgelastet sei. Wünschenswert wäre es, dass es schnell geht, sagt Simhofer, "der Raum ist ja auch wirklich wunderschön".

Das findet auch Richter Markus Nikol vom Amtsgericht. Mit dem Verein "Die Sonntagsidee" sei man in regem Austausch, und die Hoffnung dort sei natürlich groß, in absehbarer Zeit die schöne Tradition wieder aufnehmen zu können. Auch der Ebersberger Kunstverein hatte den Speicherraum mit seinen gekalkten Wänden, den offen liegenden Balken aus alten Eichenbohlen und den Halbmondfenstern regelmäßig für seine Jury-Ausstellungen genutzt. Die Macher der "Sonntagsidee" haben sich, wie von Angela Felzmann-Gaibinger zu erfahren ist, zwischenzeitlich auf die Suche nach anderen Ausstellungsräumlichkeiten gemacht, sind aber skeptisch, was die Erfolgsaussichten angeht. "Wer gewöhnt war, im Grundbuchamt auszustellen, der stellt an die Räumlichkeiten hohe Anforderungen, die nicht so leicht zu erfüllen sind."

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SZ vom 29.02.2020
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