Stadtentwicklung in Ebersberg:Wider den Wildwuchs

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Ende 2020 wurde in der Sieghartstraße das ehemalige Lokal „El Macho“ abgerissen. Über den Neubau gab es lange Streit zwischen Stadt und Bauherr. (Foto: Christian Endt)

Die Bebauung der Ebersberger Innenstadt nördlich des Marienplatzes soll stärker reglementiert werden – und die Eigentümer dürfen mitbestimmen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Dass es nördlich des Ebersberger Marienplatzes gesetzlos zugeht, kann man wirklich nicht sagen, auch und gerade nicht aus Sicht des Baurechts. Denn auch hier gilt natürlich das Baugesetzbuch – doch ausgerechnet das führt gelegentlich zu Situationen, für die man sich seitens der Stadtpolitik mehr Reglementierung wünscht. Denn einen Bebauungsplan gibt es für das Areal derzeit nicht, der Technische Ausschuss des Stadtrates hat deswegen nun die ersten Schritte unternommen, damit sich die Entwicklung des Quartiers bald besser steuern lässt.

Das Instrument dafür ist ein sogenannter Rahmenplan, was es damit auf sich hat, erläuterte Rafael Stegen, dessen Büro Salm und Stegen für Ebersberg unter anderem bereits das integrierte Stadtentwicklungskonzept erstellt hat. Das Problem für das Quartier zwischen Sieghart-, Abt-Häfele- und Augustinerstraße sowie dem Malteserweg ist laut dem Planer in der Tat das Baurecht. Konkret der in vielen Kommunen bereits berüchtigte Paragraf 34, der nach Stegens Worten „wie ein Schneeball durch den Bestand rollt“.

Ohne Bebauungsplan dürfen neue Häuser etwas größer werden als die des Nachbarn – und immer so weiter

Die fragliche Vorschrift ist landläufig auch als „Einfügungsparagraf“ bekannt. Denn dort ist geregelt, dass in Gebieten ohne Bebauungsplan errichtet werden darf, was sich „nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“. Was erst einmal harmlos klingt, hat durchaus seine Tücken, denn dies bedeutet ausdrücklich nicht, dass ein Neubau exakt den Nachbarhäusern beziehungsweise seinem Vorgänger entsprechen muss.

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Etwas dichter oder höher als die Nachbarn zu bauen ist zulässig – und da kommt der Schneeball ins Spiel: Ohne Bebauungsplan kann in einem Quartier ein Neubau nach dem anderen ein Stück größer werden als die davor. Eine Entwicklung, die zumindest theoretisch immer weitergeht, da dadurch ja immer neue Bezugsfälle geschaffen werden. Genau ein solcher ist vor ein paar Jahren in der Sieghartstraße entstanden und war der Auslöser dafür, dass nun ein Rahmenplan erstellt werden soll.

Damals war beantragt, ein ehemaliges Lokal abzureißen und durch zwei Wohnhäuser zu ersetzen. Das kleinere – ein klassischer Fall nach Paragraf 34 – sollte anstelle eines kleinen Schuppens im Innenhof entstehen, das größere weitgehend das Volumen des alten Gasthauses erhalten. Seitens der Politik und auch der Nachbarschaft kam das Vorhaben nicht so gut an – letztlich ließ es sich aber nicht verhindern. Denn wegen der sehr inhomogenen Bebauung in der Umgebung hätte auch ein Bebauungsplan kein anderes Ergebnis gebracht.

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Gibt es einen Rahmenplan, verhält es sich ein wenig anders. Dieser ist zwar im Gegensatz zu einem Bebauungsplan nicht rechtsverbindlich – kann aber die Grundlage für einen solchen sein, wie Bauamtsleiter Christian Stöhr erläuterte. Vor allem ist der Rahmenplan gewissermaßen der Lawinenzaun für den baurechtlichen Schneeball: „Wir legen damit fest, was wir als verträglich im Sinne des Paragraf 34 sehen“, so Stöhr. Sollte ein geplantes Bauvorhaben dies dann überschreiten, könne man auf dieser Basis einen Bebauungsplan aufstellen.

Im März soll es ein Treffen mit den Anwohnern geben, wo diese ihre Vorstellungen für das Viertel äußern können

Bevor die Stadt nun aber den Rahmenplan aufstellen lässt, soll es mindestens ein Treffen mit den Grundstückseigentümern geben. Dieses wird Mitte März nichtöffentlich stattfinden. Dort und auf einem Fragebogen soll es zum einen darum gehen, was sich die Anwohner für ihr Viertel wünschen, zum anderen wird abgefragt, ob sie selbst bereits Bauvorhaben planen und wenn ja, was und wann.

Die Antworten können die Planer dann als Grundlage für einen Vorentwurf verwenden, so Stegen, noch im Juli sollen der Politik zwei oder drei Varianten des Rahmenplans präsentiert werden. Je nachdem, wie die Resonanz ausfällt, könnte man danach zusammen mit interessierten Anwohnern noch einen „Planungs-Workshop“ veranstalten, bevor voraussichtlich im November dann das endgültige Konzept verabschiedet wird.

Grünfläche, Gastronomie: Bei der Planung gibt es vieles zu bedenken

Dies fand fraktionsübergreifend Zustimmung, größeren Diskussionsbedarf gab es lediglich bei der Frage, ob auch Stadtratsmitglieder zum Anwohnertreffen zugelassen werden. Da in Gerd Otter (Pro Ebersberg) und Bernhard Spötzl (FDP) ohnehin zwei von ihnen unter den Betroffenen sind, einigte man sich schließlich darauf, dass auch alle anderen teilnehmen dürfen.

Jürgen Friedrichs (Grüne) äußerte den Wunsch, auch den Erhalt der für eine Innenstadtlage großen Grünflächen ins Konzept aufzunehmen. Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) mahnte an, dass die Geschäfte und vor allem die Gastronomie in der Gegend durch neue Wohngebäude keine Nachteile haben dürften, etwa wegen Lärmschutzauflagen.

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