Amtsgericht Ebersberg:"Ich weiß, dass er sehr aggressiv werden kann"

Sexuelle Belästigung von Frauen

Symbolfoto.

(Foto: dpa)

Wegen sexueller Belästigung und Beleidigung in der S-Bahn muss ein 46-Jähriger fast drei Jahre in geschlossenen Entzug.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

28 Vorstrafen, insgesamt mehr als zehn Jahre im Gefängnis gewesen, einen Monat nach der letzten Verurteilung eine Schlägerei in einer Bar angefangen - der nun vor dem Schöffengericht in Ebersberg angeklagte 46-Jährige ist für die Justiz wahrlich kein Unbekannter. Seit er 17 Jahre alt ist, reiht sich eine Verurteilung an die nächste, oft mehrere pro Jahr. Lücken in diesem zweifelhaften Lebenslauf gibt es nur, wenn der Mann mal wieder im Gefängnis sitzt.

Dies drohte dem 46-Jährigen nun erneut, es ging um mehrere Vergehen aus den vergangenen Jahren, darunter neun Schwarzfahrten. Auch dabei hat der Angeklagte eine gewisse Routine, in den vergangenen 30 Jahren wurde er 48 Mal ohne Fahrkarte erwischt. Das Schwarzfahren wurde letztlich wegen Geringfügigkeit in Bezug auf die restlichen Taten eingestellt. Hauptanklagepunkt war ein anderer Vorfall in einer S-Bahn: Der 46-Jährige soll eine Mitreisende sexuell belästigt, andere Passagiere, den Lokführer und einen Polizisten beleidigt haben.

Im August vor zwei Jahren, so schilderte es die Geschädigte vor Gericht, sei der Angeklagte in sehr alkoholisiertem Zustand in eine S-Bahn Richtung Ebersberg gestiegen. Er habe "gesungen und gegrölt und dabei gesabbert und gespuckt", so die Zeugin. Schließlich habe er ihr gegenüber Platz genommen und auf sie eingeredet. Sie habe normal mit ihm gesprochen, irgendwann sei er ausfällig geworden und habe - in ziemlich derben Worten - erklärt, dass er Sex mit der jungen Frau haben wolle und sie am Oberschenkel angefasst.

Als ein anderer Fahrgast dazwischenging, habe den der Angeklagte prompt wüst beschimpft. Schließlich sei der Angeklagte aufgestanden, "er hat gesagt, ,es ist ja nichts passiert' und hatte dabei noch die Hand auf meinem Bein", so die Zeugin. Auf Nachfrage des Staatsanwaltes sagte sie, seitdem ein ungutes Gefühl beim Zugfahren zu haben.

Aufs Übelste beschimpft und mit dem Tod bedroht

Der Angeklagte sprach eine weitere Passagierin an, ein anderer Fahrgast betätigte schließlich den Notruf. Als der Lokführer an der nächsten Haltestelle in Zorneding ins Abteil kam, und den Betrunkenen aufforderte, den Zug zu verlassen, wurde auch er angepöbelt. Schließlich warfen zwei andere Fahrgäste den Angeklagten aus der Bahn. Am gleichen Abend wurde er von der Polizei in Kirchseeon verhaftet, dort hatte er am Bahnhof randaliert und unter anderem einen Schaukasten eingeschlagen.

Wie der Polizist, der den 46-Jährigen schließlich zur Wache brachte, aussagte, habe ihn der Angeklagte die ganze Fahrt durch aufs Übelste beschimpft sowie ihn und seine ganze Familie mit dem Tod bedroht. Er habe diese Drohung durchaus ernst genommen, so der Beamte auf Nachfrage des Verteidigers, denn er kannte den Angeklagten schon, "ich weiß, dass er sehr aggressiv werden kann". Auf der Wache habe der Mann in der Ausnüchterungszelle dann noch "Heil Hitler" gerufen.

Das bewies dieser auch noch bei zwei anderen Vorfällen: Bei einem Streit mit einer Bekannten in seinem Heimatort im südlichen Landkreis schubste er deren Onkel, als dieser dazwischengehen wollte, so dass dieser hinfiel, sich zum Glück aber nicht ernsthaft verletzte. Dem Wirt eines Lokals, vor dem der Streit stattgefunden hatte, schlug er das Mobiltelefon aus der Hand, weil der dem Angeklagten wegen seiner Aktion Hausverbot erteilt hatte. An einem anderen Abend beleidigte er in einer Bar die Gäste, als der Freund der Wirtin ihn bat, zu gehen, schlug er ihm mit dem Ellenbogen mehrmals ins Gesicht.

Der Angeklagte räumte alle ihm zur Last gelegten Vorwürfe ein und entschuldigte sich im Gerichtssaal bei allen Geschädigten - erklärte aber auch, sich nicht mehr an alles erinnern zu können. Laut der Gutachterin hatte der 46-Jährige zur Tatzeit, als er erst in der Bahn, dann am Bahnhof und bei der Polizei ausflippte, zwischen drei und 3,5 Promille. Wegen seines offensichtlichen Alkoholproblems und der Neigung zu anderen Drogen, empfahl die Sachverständige die Einweisung in den Maßregelvollzug. Ambulante Therapien oder freiwillige Aufenthalte hätten in der Vergangenheit nichts genützt, der Angeklagte brauche "einen engen Rahmen", um abstinent zu werden.

Die Sucht des Angeklagten sei die Ursache für die begangenen Taten, betonten sowohl Staatsanwaltschaft wie auch die Verteidigung und beantragten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Das Gericht unter Vorsitz von Markus Nikol folgte dem und verurteilte den 46-Jährigen zu insgesamt zwei Jahren und zehn Monaten Haft, die er im Maßregelvollzug verbringen muss.

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