Ebersberg:Selbstverletzung ausgeschlossen

Im Prozess gegen eine Pflegehelferin, die Senioren misshandelt haben soll, belasten Sachverständige die Angeklagte

Von Julia Meine

Der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen eine 32-jährige Pflegehelferin, die Schutzbefohlene im Rahmen ihrer Tätigkeit in einem Pflegeheim in Dorfen und im Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Markt Schwaben misshandlet haben soll, hat am Dienstag im Amtsgericht Ebersberg weitere belastende Details ans Licht gebracht. Die Angeklagte verharrte während der Verhandlung indes weitestgehend regungslos auf ihrem Platz und beantwortete die einzige Frage von Richterin Susanne Strubl nach ihren Arbeitsverhältnissen sehr zögerlich und ungenau.

Weiter in die Länge zieht sich die Verhandlung aber auch an diesem Tag dadurch, dass erneut nicht alle Zeugen im Gerichtssaal erschienen. Krankheits- und urlaubsbedingt konnten nur zwei anstatt vier Zeugen aussagen. Eine mit Spannung erwartete Aussage und Einschätzung der Geschehnisse im Markt Schwabener Awo-Pflegeheim durch die dort tätigen Kunsttherapeuten ist auch erst später möglich. Der behandelnde Arzt der Senioren, die von der Pflegerin misshandelt worden sein sollen, war ebenfalls nicht persönlich anwesend, dem Gericht lag allerdings eine schriftliche Stellungnahme vor.

Die erste Zeugin, eine Arbeitskollegin der Angeklagten aus dem Markt Schwabener Pflegeheim, beschrieb das Verhältnis zu ihr als "gut und kollegial." Im Umgang mit den Bewohnern sei sie stets freundlich und bemüht gewesen. Auch mit den anderen Kollegen habe sie keine auffälligen Probleme gehabt. "Es ist ja normal, dass man sich mit einigen besser versteht als mit anderen, aber einen großen Krach gab es nie", so die 56-Jährige. Man habe sich gegenseitig unterstützt und häufig auch dieselben Bewohner betreut, bis zum Juli 2013 sei ihr nichts Ungewöhnliches aufgefallen.

Während des Zeitraums, in dem sich die Tat ereignet haben soll, war die Zeugin aufgrund von Urlaub und ihrer Tätigkeit als Betriebsrätin wenig im Haus. Nach ihrer Rückkehr seien ihr aber sofort die großflächigen Hämatome im Gesicht der beiden Geschädigten aufgefallen. Zwar würden blaue Flecken und Hämatome bei älteren Menschen durch die dünne Haut oder Gewerbestörungen generell häufiger vorkommen, aber in diesem Fall sei sowohl ihre Platzierung als auch die Größe ungewöhnlich gewesen und habe auf Fremdeinwirkung hingedeutet.

Die Vermutung der Zeugin wurde durch die Stellungnahme des behandelnden Arztes bestätigt. Dieser geht sicher davon aus, dass der Bluterguss, den eines der Opfer erlitten hat, von einem stumpfen Gegenstand hervorgerufen worden ist. Eine Ohrfeige genauso wie selbsttätiges Kratzen oder Reiben des Opfers schließt der Arzt aus. Offen blieb hingegen, in wieweit die beiden mutmaßlichen Bewohner, 83 und 101 Jahre alt und bettlägerig, überhaupt handlungsfähig seien.

Bezüglich des zweiten Vorfalls, bei dem die 32-jährige Pflegehelferin während ihrer Tätigkeit in einem Pflegeheim in Dorfen eine Bewohnerin absichtlich beim Baden mit heißem Wasser verbrüht haben soll, blieb die Angeklagte dabei, dass der Vorfall unabsichtlich geschah. Der zuständige Sachverständige widerlegte diese Aussage allerdings anhand von Fotos, die die Verletzungen der Bewohnerin detailliert zeigten. Seiner Einschätzung nach sei die Frau vorsätzlich verbrüht worden. "Eine Verbrennung der Haut tritt ungefähr bei einer Wassertemperatur ab 40 Grad ein", erklärte der Sachverständige. "Das Wasser müsste also schon sichtbaren Dampf entwickelt haben. Außerdem prüft man Badewasser ja für gewöhnlich, bevor man jemanden hineinlässt."

Die zweite Zeugin, eine frühere Arbeitskollegin aus der Dorfener Einrichtung, bestätigte weitestgehend die Aussagen über die Persönlichkeit der Angeklagten sowie den Gesundheitszustand der Geschädigten. Der Prozess wird am 9. September fortgesetzt. Erwartet werden dann die noch fehlenden Zeugenaussagen. Ob in zwei Wochen auch ein Urteil fallen wird, ist indes noch unklar.

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