Eine Damenhandtasche für vier Euro, eine Hose für zwölf und "ab sofort 50 Prozent auf Herrenkleidung"? Dank der Ständer mit Taschen, Tüchern und Bekleidung, nicht zu vergessen die lustig an ein Blumengitter gebundenen Schuhe, sieht jeder, der am "M7"-Secondhandladen in der Münchner Str. 7 (daher der Name) vorbeiläuft oder -fährt, gleich, was ihn im Inneren erwartet.
Das Ebersberger Geschäft ist einer von acht Gebrauchtwarenläden der Diakonia GmbH. Gegründet wurde die gemeinnützige Gesellschaft, die sich laut eigener Aussage an "christlichen Werten" orientiert, 1996 vom Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk und der Inneren Mission München. Das primäre Ziel sei dabei, "Arbeitsplätze zu schaffen und Menschen zu integrieren", die aufgrund schwieriger Lebenslagen oder anderer Beeinträchtigungen nur schwer Arbeit finden, so Thomas Rosenberger. Der 47-jährige Betriebswirt arbeitet seit 2015 für die Diakonia, erst als Sachgebietsleiter, dann als Prokurist. 2019, mitten in der Krise, wurde er Geschäftsführer dieser Organisation mit zahlreichen unterschiedlichen Standbeinen, zu denen beispielsweise auch Leistungen im Bereich Hauswirtschaft, Malerarbeiten oder Logistik gehören.

Ihren hohen Bekanntheitsgrad verdankt die Diakonia aber höchstwahrscheinlich ihrem Bereich "Secondhand für jedermann", also dem Verkauf von Hausrat, Möbeln, Elektroartikeln und vor allem Textilien zu sozial verträglichen Preisen. Allein schon durch die Präsenz der Sammelcontainer für Kleidung und Schuhe. Etwa 180 Stück sind es insgesamt, circa 100 davon stehen im Landkreis Ebersberg.

Vor allem beim Inhalt der in der Nähe von Kirchengemeinden aufgestellten Container handle es sich im Regelfall um sehr gute Ware, sagt Rosenberger. Gefragt nach dem Volumen der im Textilbereich eingehenden Spenden, antwortet er: "Wir sprechen hier nicht von Kilogramm, sondern von mehreren Tonnen im Jahr." Und auch, wenn leider doch immer wieder ausgeleierte oder löchrige Stücke dabei seien, so sähe man gerade bei dem, was direkt vor Ort abgeliefert wird, dass "die Leute sich Mühe geben, etwas zu bringen, das sie auch selbst im Laden kaufen würden. Das hat Topqualität."
Dieser Eindruck bestätigt sich auch bei einem Blick in den randvoll beladenen Wagen von Werner Reisacher, einem regelmäßigen Spender. Als Grund dafür gibt der 80-Jährige aus Eglharting lachend an: "Meine Frau und ich haben festgestellt, dass wir viel zu viele Sachen haben." Den schönen roten Kutschermantel allerdings würde man später vergeblich im M7 suchen. "Er war mit Echtpelz gefüttert", erklärt Ladenchefin Susanne Kuhfeld. "Solche Dinge gehen nach München." Denn jedes einzelne der insgesamt acht Geschäfte hat eine bestimmte Ausrichtung und ein eigenes Konzept.

Darum wird alles in einem zentralen Lager in München gesammelt, gereinigt, gebügelt und im Fall hochwertiger Stoffe oder Verarbeitung bei Bedarf sogar in einer kleinen hauseigenen Nähwerkstatt repariert. Die so aufbereiteten Stücke können dann von den einzelnen Läden gezielt angefordert werden - je nachdem, welche Aktionen aktuell geplant sind. "Die rufen dann an und sagen zum Beispuel: Nächsten Monat brauchen wir Sneaker", erklärt Rosenberger. Denn nur das Diakonia-Sozialkaufhaus in München verfüge über ein Vollsortiment.
Ständig wechselndes Sortiment
Bei allen anderen Läden ändert sich das Angebot in regelmäßigen Abständen - eine Abwechslung, die die Kundschaft zu schätzen weiß. Zumindest an diesem Vormittag ist das oft zu hören - Gelegenheiten zum Gespräch gibt es reichlich, denn der Strom an Menschen im Verkaufsraum des M7 reißt nicht ab. Mal handelt es sich um ein Ehepaar, mal sind es Mutter und Tochter, in erster Linie sieht man Frauen. Auf Nachfrage erklärt das Personal, dass aber auch durchaus viele Männer kämen - und die Altersstruktur sich wandle: Es gebe viele jüngere Neukunden, denen vor allem Nachhaltigkeit wichtig sei.
Aber natürlich spielt auch der Geldbeutel eine Rolle. Neuware mit Etikett lässt sich hier für ein Drittel des Marktpreises erwerben. Eine Dame, die lieber ungenannt bleiben will, ist etwa gezielt auf der Suche nach Schuhen fürs Kind. Einmal im Monat fahre sie von ihrem Wohnort Wasserburg nach Ebersberg. "Erst gehe ich ins Einkaufszentrum, dann komme ich hierher. Der Preis ist gut, und die Qualität auch."

Die Grafingerin Veronica Cimpanu hingegen, die sich selbst als Stammkundin bezeichnet, erklärt, aus keinem bestimmten Grund da zu sein, sondern weil sie leidenschaftlich gern herumstöbere: "Was mir besonders gut gefällt, ist das Schaufenster. Das ist regelmäßig neu dekoriert. Immer, wenn ich vorbeifahre, muss ich anhalten", sagt sie und lacht. Egal, ob Geschirr, Möbel, Klamotten oder Schmuck - stets sei etwas für sie dabei. Oder für die Enkel.
In der Tat türmen sich an einer Seite die Spiele. Dass der Erwerb den Beschenkten uneingeschränkte Freude bereitet, ist unter anderem Ludwig Hennig zu verdanken. Der sympathische Forstinninger, seit mehr als 20 Jahren bei der Diakonia beschäftigt, ist "Spielesortierer". Er und seine drei Kollegen kontrollieren die Spiele nach Eingang auf Vollständigkeit und sorgen dafür, dass es, wie er mit einem leisen Lachen erklärt, "nicht zu Tragödien im Kinderzimmer kommt, weil eine Spielfigur fehlt." Selbst leidenschaftlicher Malefiz-Spieler, fühlt sich der 55-Jährige vor allem aufgrund der angenehmen Arbeitsatmosphäre und dem tollen Umgang im Team in dem Laden so wohl.
Mitarbeiter wachsen über sich hinaus
Aus demselben Grund mag auch Susanne Kuhfeld ihre Tätigkeit als Ladenchefin sehr. Bevor die Handelsfachwirtin im November 2020 "Fachanleitung" im M7 wurde, war sie in der Privatwirtschaft tätig. Nun kümmert sie sich gemeinsam mit einer Sozialpädagogin, die als Ansprechpartnerin für die Mitarbeitenden immer vor Ort ist und auch die Kommunikation mit dem Jobcenter übernimmt, um die 22 Beschäftigten. "Die Tatsache, dass man sich hier mehr Zeit für die Individuen nehmen kann, schätze ich sehr." Auch erfülle es sie mit Freude, "zu sehen, wie die Mitarbeiter über sich hinauswachsen".
Diese sind heute - im Gegensatz zu den Anfängen - "bunt gemischt". Damals, 2001, konzentrierte man sich auf Menschen mit psychischen Erkrankungen. In der Tat war die "Diakonia Ebersberg" in Kooperation mit der Regierung der erste Zuverdienstbetrieb in Oberbayern, einer speziellen Beschäftigungsform für "erwerbsunfähige Menschen mit einer seelischen, körperlichen oder geistigen Behinderung". Die Auflösung im Jahr 2015 der seinerzeit vier Stränge (Gärtnerei, Kaufhaus, Fuhrpark und Montagebetrieb für Industriezuarbeiten) war laut Rosenberger der nicht mehr leistbaren Vielschichtigkeit und rückläufiger Auslastung geschuldet. Doch mit dem Neustart in Form des Ladengeschäfts M7 in seiner derzeitigen Lage sei man sehr glücklich.
Häufig finden sich Schätze
"Wir haben auch Onlineshops, denn der Markt verlagert sich seit etwa zehn Jahren ins Internet, und es wäre höchst unklug, wenn wir uns dort nicht beteiligen würden. Aber grundsätzlich lebt die Diakonia vom persönlichen Kontakt", ergänzt Rosenberger, ein dreifacher Vater, der sich sehr freute, als er in einem der Läden eine "ganz alte Ausgabe vom Struwwelpeter entdeckte", die er sofort kaufte. Im Gegensatz zu jenem vier bis fünf Meter langen Tisch aus schwerem dunklen Holz, für den er leider keinen Platz daheim habee. "Solche Schätze findet man bei uns häufiger."
Genau wie die eine fehlende Porzellantasse vom "guten" Service, die kaputtgegangen ist, wie Susanne Kuhfeld erzählt, als sie über die Einkaufsmotivation der Kundschaft spricht. "Es gibt aber auch Leute, die eine weiße Bluse suchen und dann mit einem Topf nach Hause gehen." Übrigens: Auch die Chefin selbst shoppt regelmäßig im eigenen Geschäft. "Heute ist bis auf die Schuhe alles von hier", sagt Kuhfeld stolz, während sie an sich hinunterblickt.

