Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Ringen um die richtige Reaktion

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Schulen im Landkreis haben unterschiedliche Ansätze im Umgang mit dem Amoklauf

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

Der Montag hat an vielen Schulen des Landkreises anders begonnen als gewöhnlich. Kein wildes Herumtollen oder lautes Durcheinander - stattdessen eine Gedenkminute für die Opfer des Amoklaufes am Freitag im Münchner Olympia-Einkaufszentrum. Die furchtbare Tat eines 18-Jährigen hat seine Spuren auch im Landkreis hinterlassen. Viele Schüler waren in München und haben dort den Ausnahmezustand erlebt, der die Stadt mit solcher Wucht erfasste.

Dennoch gehen Schulen im Landkreis ganz unterschiedlich mit der Schreckenstat um. An der Dr.-Wintrich-Realschule in Ebersberg etwa beherrschte die Haltung, nicht direkt betroffen zu sein, den Schulalltag. Deshalb seien auch keine Maßnahmen ergriffen worden, sagt Schulleiter Eberhard Laspe. Man wolle nicht auch noch "seinen eigenen Senf dazugeben", so Laspe weiter. Anita Ruppelt, Direktorin der Vaterstettener Realschule, hat hingegen noch am Sonntagnachmittag einen Elternbrief verschickt. Darin wurden die Schüler aufgefordert, statt zum vereinbarten Treffpunkt für Ausflüge an der S-Bahn zunächst ins Schulhaus zu kommen. Dort konnten sich die Schüler entscheiden, ob sie an den geplanten Ausflügen teilnehmen oder im Schulhaus bleiben wollten.

Am Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben finden in dieser letzten Schulwoche vor den Ferien Projekttage statt, Thema sind die Olympischen Spiele. Viele Schüler haben an der Organisation mitgearbeitet, einige schreiben sogar ihre Seminararbeit darüber. Am Ablauf der Spiele wird der Anschlag vom Freitag nichts ändern, erklärt Direktor Gerhard Dittmann. "Wir dürfen das natürlich nicht totschweigen, aber wir sollten uns auf keinen Fall davon abhalten lassen, dass Normalität wieder einkehrt." Wenn die Schüler aber Gesprächsbedarf hätten, stünden die Lehrer sofort zur Verfügung. Für jeden an der Schule sei der Anschlag ein großes Thema, auch deswegen müssen man die Schüler auffangen, wenn sie auf Hilfe angewiesen seien. Ähnlich handhabt es das Vaterstettener Humboldt-Gymnasium, auch dort finden Projekttage statt, die Schulleiter Rüdiger Modell zufolge im weitesten Sinne "wie geplant" durchgeführt würden. Natürlich wären die Lehrer aber bereit, mit den Kinder über den Vorfall zu sprechen. Man sei allerdings überfordert, in so kurzer Zeit ein Konzept parat zu haben, wie man mit dem Amoklauf umgehen sollte.

Matthias Wabner, Leiter der Poinger Dominik-Brunner-Realschule, hingegen hat eine Handreichung für solche Vorfälle parat. Schon vor Unterrichtsbeginn hat er alle Lehrkräfte versammelt, um sie zu instruieren. Die Lehrer sollen genau wissen, was zu tun ist: hinhören, akzeptieren und möglichst wenig kommentieren. Die Schüler bekommen die Möglichkeit, über ihre Sicht auf die Dinge zu sprechen. Ziel sei es, das erschütterte Sicherheitsgefühl der Kinder wieder ins Lot zu bringen. "Es ist am besten, wenn der Lehrer die Geschehnisse nur einordnet und nicht relativiert", erklärte Wabner. Die Schüler nehmen das Konzept gerne an, in manchen Klassen sei es aus ihnen nur so herausgesprudelt.

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Quelle:
SZ vom 26.07.2016
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