Prozess in Ebersberg:"Reichsbürger-Führungsmitglied" vor Gericht

Prozess in Ebersberg: Dokumente der "Reichsbürger"-Szene, hier ein "Reisepass des Deutschen Reichs", haben häufig starke Ähnlichkeit mit echten Ausweispapieren.

Dokumente der "Reichsbürger"-Szene, hier ein "Reisepass des Deutschen Reichs", haben häufig starke Ähnlichkeit mit echten Ausweispapieren.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Weil sie Dokumente vom fiktiven "Bundesstaat Bayern" gekauft haben, müssen sich ein 53-jähriger Mann und eine 67-jährige Frau verantworten.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein Staatsangehörigkeitsausweis, ein Heimatschein und ein Führerschein - das waren die drei Dokumente, die sich ein 53-jähriger Mann und eine 67-jährige Frau bei sogenannten "Reichsbürgern" im nördlichen Landkreis bestellt haben. In zwei separaten Verhandlungen mussten sich die beiden deshalb am Mittwochnachmittag vor dem Ebersberger Amtsgericht wegen Urkundenfälschung verantworten. Die Dokumente vom fiktiven "Bundesstaat Bayern" nämlich hatten starke Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ausweispapieren - und sollten letztlich auch als Ersatz für solche dienen.

Der Angeklagte soll einen aktiven Posten bei der fiktiven Regierung inne gehabt haben

Dem arbeitslosen 53-Jährigen, der genauso wie die Frau in Nordbayern wohnt, warf die Staatsanwaltschaft neben der Urkundenfälschung auch noch die Beihilfe zur Amtsanmaßung vor. Nachdem er im Jahr 2016 die erfundenen Dokumente gekauft hatte, soll er auch eine aktive Funktion in der "Reichsbürger"-Szene übernommen haben. Seine Aufgabe in der "administrativen Regierung" sei es gewesen, "besondere Angelegenheiten zu verwalten", hieß es dazu in der Anklageschrift. Welche Art von Angelegenheiten das gewesen sein sollen, ließ sich in der Verhandlung nicht klären. Was auch daran lag, dass der Angeklagte jegliche Aussage verweigerte.

Fest steht hingegen, dass der Mann die im Landkreis erworbenen Dokumente anschließend bei einigen offiziellen Stellen - etwa dem Standesamt oder dem Rathaus seiner Heimatgemeinde - als seine vermeintlich neuen Ausweispapiere einreichte. Knapp über 140 Euro hatte der Angeklagte für die fiktiven Urkunden gezahlt, wie aus dem von der Polizei sichergestellten Schriftverkehr mit den Herstellern hervorging. Bei der Untersuchung fanden die Beamten auch eine sogenannte "Bestallungsurkunde", die darauf hindeute, dass der 53-Jährige eines der Führungsmitglieder in dem "Reichsbürger"-Konstrukt war, wie ein Beamter der Kripo Erding vor Gericht aussagte.

Manche der Urkunden sehen täuschend echt aus

Dort nahmen die Prozessbeteiligten um Richterin Vera Hörauf auch die falschen Dokumente in Augenschein. Besonders das darauf verwendete Wappen erinnere stark an das Staatswappen des Königreichs Bayern, wie aus einem vor Gericht verlesenen Expertengutachten hervorging. Auch der Führerschein weise deutliche Ähnlichkeit zum tatsächlichen alten deutschen Führerschein auf. Die Urkunden jedenfalls würden auf den ersten Blick einen amtlichen Eindruck erwecken und machten den Anschein, vom Freistaat Bayern oder einer seiner Behörden zu stammen, so der Staatsanwalt.

Dieser hatte an der Schuld des Angeklagten deshalb wenig Zweifel. Zwar sei der Mann trotz seiner administrativen Tätigkeit kein großer Faktor gewesen, "aber er hat mitgewirkt in diesem ganzen Pseudo-Konstrukt". Auch habe sich der Angeklagte vor Gericht nicht von diesen Ansichten distanziert. Dessen Verteidiger aber hielt dagegen, es sei gar nicht gewollt gewesen, dass die Dokumente mit realen Ausweisen verwechselt werden. Eine Urkundenfälschung liege demnach nicht vor. Er beantragte einen Freispruch für seinen Mandanten.

Anders als der Mann, distanziert sich die Frau inzwischen von dem Gedankengut

Das sah Richterin Hörauf anders, die den Angeklagten schließlich zu einer Geldstrafe über insgesamt 7600 Euro verurteilte. Eine Verwechslungsgefahr sei eindeutig gegeben, sagte sie, zudem seien die Dokumente auch an staatliche Stellen versandt worden. "Offensichtlich distanziert er sich auch weiterhin nicht davon", so Hörauf über den 53-Jährigen, "ich denke, dass er der Ideologie durchaus noch zugeneigt ist."

Das lässt sich von der 67-jährigen Frau, die am Mittwoch ebenfalls wegen Urkundenfälschung vor Gericht stand, nicht behaupten. Die Rentnerin beteuerte im nachfolgenden Prozess, nichts mehr mit dem Thema "Reichsbürger" zu tun zu haben. Auch sie hatte sich im Landkreis mehrere Ausweisdokumente gekauft - auf Drängen ihres damaligen Lebensgefährten, wie sie in der Verhandlung sagte. Wegen dieser Beziehung musste die Frau sogar mehrere Monate im Gefängnis verbringen, weil sie ihren Ex-Mann mehrmals ohne gültigen Führerschein mit ihrem Auto fahren ließ - ein schwerer Fehler, wie sie heute wisse. "Das ist nicht mein Gedankengut", sagte die 67-Jährige vor Gericht. Der Urkundenfälschung aber hat sie sich dennoch strafbar gemacht, weshalb das Gericht sie zu einer Geldstrafe über 7200 Euro verurteilte.

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