Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Rathausallergie bleibt rätselhaft

Lesezeit: 2 min

Einige Mitarbeiter der Anzinger Gemeindeverwaltung klagen über Krankheitssymptome. Doch Untersuchungen zeigen im Rathaus allenfalls schwach erhöhte Schadstoffwerte.

Lena Grundhuber

Einige Gemeindemitarbeiter klagen nach wie vor über Krankheitssymptome - doch das Rätsel um die Anzinger "Rathausallergie" ist vorerst noch ungelöst. Nach ersten Untersuchungsergebnissen der Baubiologin Birgit Blunser vom Institut für Baubiologie Rosenheim sind offenbar nur zwei schwach erhöhte Schadstoffwerte zu vermelden, die nach Einschätzung der Biologin nicht für die Beschwerden der Rathaus-Mitarbeiter verantwortlich sein können.

Die Untersuchung auf das Biozid Pentachlorphenol, wie es etwa in Holzschutzmitteln enthalten ist, weist demnach mit 0,58 Milligramm pro Kilogramm Hausstaub eine schwache Auffälligkeit auf. Die kritische Menge liege etwa beim zehnfachen Wert, so Blunser. Die Untersuchung auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe ergab einen Wert von 0,58 Milligramm Naphtalin pro Kilogramm Staub. Naphtalin kann laut Blunser in erdölhaltigen Stoffen wie Ölen oder Kleber stecken. Der Normalwert liegt hier bei 0,2 Milligramm, eine Auffälligkeit beginnt erst bei einem Milligramm.

Die meisten Schimmelpilzsporen fanden sich im Treppenhaus und nicht, wie von den Mitarbeitern vermutet, in der Registratur und im Serverraum, wo früher einmal Schimmel aufgetreten war. Die Bakterienuntersuchung im Serverraum ergab überhaupt nichts. Die Werte hier sind fast identisch mit der Außenluft. Die Gesamtsporenzahl liege im Normalbereich, so das Ergebnis der Biologin. Im Flur sei zwar eine hohe Zahl von Bakterien, allerdings liegen sie nach den Angaben im Bereich des Werts, der in Schule und Büroräumen zu erwarten sei.

Nachdem es die Biozide also nicht sein können, hat Birgit Blunser in einer zweiten Analyse am Samstag nun noch auf Formaldehyd sowie mittelflüchtige und leichtflüchtige Schadstoffe getestet - die Ergebnisse der Raumluft- und Staubuntersuchungen seien allerdings erst in zwei Wochen zu erwarten. "Ich würde mir wünschen, dass wir einen einzigen Verursacher finden", sagt die Biologin. Ein Stoff sei schließlich leichter zu beseitigen als eine Mixtur an Schadstoffen, die leider wahrscheinlicher sei. Von diesem "Cocktail" gehen auch Bürgermeister Franz Finauer und sein Sohn Johannes aus, der den Rathaus-Umbau als Verwaltungsmitarbeiter betreut hat.

Finauer junior schließt Formaldehyd als Gefahrenquelle aus. Er hat eher die "VOC", leichtflüchtige organische Verbindungen, im Verdacht. In diesem Zusammenhang würden auch Bodenöl- und kleber näher untersucht, obwohl dafür nur gängige Mittel verwendet worden seien, wie Finauer versichert. Die flüchtigen Verbindungen hätten den Vorteil, dass sie etwa durch eine Luftreinigungsanlage ausgetrieben werden könnten, bestätigt Baubiologin Blunser: "Da gibt es Lösungsmöglichkeiten mit Lüften", sagt sie. Nichts anderes tun die Rathaus-Angestellten, was laut Johannes Finauer auch schon Früchte trägt: "Ich hab' das Gefühl, dass es besser geworden ist."

Probleme wie sie die Anzinger hätten, gebe es leider häufiger, sagt Birgit Blunser. "Es werden heutzutage ganz viele Stoffe eingesetzt, deren Gefährlichkeit noch nicht erprobt ist." Deshalb empfehle es sich, bereits vor einem Umbau einen Baubiologen zu Rate zu ziehen. Johannes Finauer will nun wenigstens nacharbeiten: Er erwägt, einen Informationsabend mit der Baubiologin zu veranstalten: "Das, was uns passiert ist, kann ja jeden Bauherrn mal betreffen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1057485
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.02.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.