Skurriler Prozess in Ebersberg:Vermeintliche Einladung zum Kaffeetrinken eskaliert

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Coffee to Knatsch: Im Landkreis Ebersberg reicht eine einfache Frage für einen bösen Zwist. (Foto: dpa)

Die Frage nach dem Heißgetränk bringt einem Mann aus dem Landkreis Ebersberg wüste Beschimpfungen ein: Ein Fall fürs Amtsgericht.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Dass in anderen Ländern zuweilen auch andere Gepflogenheiten herrschen, hat sich inzwischen herumgesprochen. Dass eine vermeintliche Einladung zum Kaffeetrinken aber in wüste Beschimpfungen ausartet und zu einem Fall für das Amtsgericht wird, das ist dann doch bemerkenswert. Ein Ehepaar aus dem nördlichen Landkreis musste auf der Anklagebank in Ebersberg Platz nehmen, weil es einen Mann beleidigt haben soll, der sich an die Schwester der Frau heran gemacht habe - und zwar, indem er sie eben auf jenen verhängnisvollen Kaffee eingeladen habe. Eine Gemengelage, die für verdutzte Gesichter im Sitzungssaal sorgte.

"Ich glaube wir können alle nicht ganz nachvollziehen, was dabei so schlimm ist", warf Amtsrichterin Vera Hörauf schließlich ein, nachdem sie den recht emotionalen Ausführungen der 49-jährigen Angeklagten zugehört hatte. Diese wiederum verstand nicht, was es dabei nicht zu verstehen gibt. "Man geht bei uns nicht einfach mit jemandem Kaffee trinken. Das ist bei uns Muslimen nicht so." Ihre Schwester sei sehr ängstlich und führe ein reines Leben, deshalb sei so ein Verhalten respektlos und ehrverletzend, sagte die Frau. Auf Höraufs Nachfrage, ob denn die Schwester nicht für sich selbst entscheiden könne, ging sie dagegen kaum ein. Stattdessen redete sie sich vor Gericht ordentlich in Rage.

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So in der Art muss es sich wohl auch angehört haben, als die Angeklagte und ihr 53-jähriger Ehemann im September vergangenen Jahres bei der Imbissbude des Klägers vorstellig geworden sind. Mit dem Unterschied, dass damals laut Anklageschrift zudem noch handfeste Beleidigungen und Drohungen gefallen sein sollen. Unter anderem habe die Frau dem Kläger - neben unschönen Worten gegen dessen Mutter - deutlich gemacht, sie werde ihm die Augen rausnehmen und ihn abstechen, sollte er nicht die Finger von ihrer Schwester lassen. In eine ähnliche Richtung habe sich auch ihr Ehemann geäußert.

"Ich habe immer noch nicht verstanden, was die beiden von mir wollen"

Davon wollten die beiden vor Gericht aber nichts mehr wissen. "Ich benutze solche Wörter nicht", beteuerte die Frau. Mütter seien ehrenvoll, weshalb sie darüber nie so schimpfen würde. Ihr Mann hatte zu der ganzen Sache aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse kaum etwas beizutragen. Das Reden übernahm deshalb hauptsächlich seine Frau, die versicherte, sie hätten niemanden bedroht und könnten auch nicht verstehen, wie es zu diesen Anschuldigungen kommt. "Wir haben einen Schock bekommen, als wir gehört haben, dass wir angeklagt sind."

Als kurz darauf der Kläger in den Zeugenstand gerufen wurde, würden Cineasten wohl von einem Plot Twist sprechen - was bedeutet, eine Handlung nimmt plötzlich eine ganz andere Richtung, als zunächst zu vermuten war. Denn wie der 53-Jährige zu Protokoll gab, kenne er die Schwester der Angeklagten überhaupt nicht und habe sie deshalb auch nie zum Kaffee eingeladen. "Ich habe immer noch nicht verstanden, was die beiden von mir wollen", sagte der verheiratete Mann, der ebenfalls im nördlichen Landkreis wohnt. Die Frau sei einfach auf ihn zugekommen und habe angefangen, "mit schlechten Worten" zu schimpfen. Auch dass er mit dem Ehepaar befreundet sein soll, so wie es die Angeklagten wenige Minuten zuvor noch dargestellt hatten, stritt er ab.

Ob es sich nun um eine Verwechslung handelte oder es eine der Parteien mit der Wahrheit nicht so genau nahm - am Ende wusste auch Richterin Hörauf allen Anschein nach nicht mehr so recht, was sie hier noch glauben konnte. Deshalb brachte sie eine außergerichtliche Lösung ins Spiel, denn hier ein Urteil zu fällen, so die Vorsitzende, sei es eigentlich gar nicht wert. Damit war auch die Staatsanwältin einverstanden, die dem Ehepaar zuvor aber noch ins Gewissen redete: Egal welche Ansichten man habe, dürfe man deswegen niemanden beleidigen. "Und wenn Ihre Schwester das nächste Mal zum Kaffee eingeladen wird, dann halten Sie sich einfach raus."

© SZ vom 21.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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