Gute alte Schneckenpost! Die eine denkt dabei an längst vergangene Zeiten mit dünnen blauen Luftpostsendungen aus Newcastle upon Tyne, über die sich nicht nur die deutsche Brieffreundin, sondern auch der Philatelist von nebenan freute. Der andere wiederum erinnert sich an die ersten Monate der Pandemie, in denen nicht selten aufmunternde Mutmachpostkarten ferner Freunde beim Öffnen aus dem Briefkasten purzelten.
Und heute? Lagern dort neben wenig erbaulichen Schreiben vom Finanzamt oder Energieversorger höchstens Hochglanzmassenmailings von Immobilienmaklern. Doch halt, was ist das? Ein Umschlag, auf dem neben der handschriftlichen Adresse ein aufgeklebter, türkis-rosa Glitzerschmetterling prangt. Vielleicht von einem der Patenkinder? Soll so vielleicht eine freudige Nachricht überbracht werden? Die erste Vermutung macht der Blick auf die korrekt auf der Rückseite angebrachten Absenderdaten zunichte - viel schlauer wird man dadurch nicht, von der ausweislich in einem Nachbarort beheimateten Person hat man nie gehört.
Was sich beim Lesen des ersten Satzes des handschriftlichen Briefes bestätigt: "Wir kennen uns nicht persönlich", beginnt er. Die weitere Lektüre trägt allerdings dazu bei, dass man nicht geneigt ist, diesen Zustand zu ändern - da bald klar ist, dass es sich um schnöde Reklame handelt. Dazu muss man nicht einmal das ebenfalls beigefügte Blättchen studieren, dessen billige Konsistenz einem direkt das Papier ins Gedächtnis ruft, das Peggy (oder hieß sie Meggie?) für die Berichte aus ihrem Leben verwendete. Diese Erinnerung verwandelt die Indignation über die unverlangte Werbepost in eine kleine Zeitreise. Und man ertappt sich bei dem Gedanken, dass eine hübsche Verpackung auch den ärgerlichsten Inhalt eines Schreibens gleich in ein anderes Licht rückt. Vielleicht sollte das Finanzamt auch einmal über die Anschaffung von Glitzeraufklebern nachdenken?