Ebersberg:Plätschernder Brunnen, brummende Motoren

Bei der Aktion "Stadtklang" sind die Bürger aufgerufen, die Geräusche ihrer Umgebung aufzunehmen. Auch im Landkreis haben wir uns umgehört

Von Christian Endt

Wie klingt die Stadt? Diese Frage stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung bei der Aktion "Stadtklang". Bundesweit sind die Bürger aufgerufen, die Geräusche in ihrer Umgebung aufzunehmen und in einer interaktiven Karte unter www.stadtklang2015.de zu sammeln. Die SZ hat die Aktion als Anregung genommen, sich mal im Landkreis umzuhören.

Marienplatz, Ebersberg

Hier ist die Frage nicht: Was hört man, sondern: Was hört man trotz Verkehrslärm? Es sind an sich keine großen Straßen, die am Marienplatz vorbeiführen, es fährt auch niemand schnell. Aber wegen der vielen Baustellen führt hier gerade eine beliebte Ausweichroute durch. Außerdem geht es leicht bergauf, weshalb die Motoren besonders laut brummen. Vor allem die der Lastwägen, von denen beim Anhalten an der Kreuzung zusätzlich das Schnaufen der Druckluftbremsen zu hören ist.

Wenn man beim Brunnen sitzt, hört man trotz Straßenlärm dessen gleichmäßiges, leises Plätschern, das nur einmal kurz unterbrochen wird, als ein Mann seine Flasche drunter hält. Und sonst? Eine Frau hat einen Karabinerhaken an der Hose hängen, daran klimpert ein großer Schlüsselbund. Ihr Kompagnon zieht klappernd ein Gehwägelchen hinter sich her. Die beiden neonorangen Hosenbeine eines Arbeiters rascheln beim Gehen. Ein alter Mann schlurft in Pantoffeln über den Platz. Eine alte Frau klackert mit ihrem Stock. Eine junge Frau geht lautlos, erst als sie abrupt stehen bleibt, quietschen ihre Gummischuhe. Ein Mountainbiker, dem bei der Fahrt bergab das Tempo für einen Moment zu schnell wird, erzeugt beim Bremsen ebenfalls ein Quietschen. Einem anderen Radler fällt ein Papierstapel vom Gepäckträger, mit einem "Platsch" landen die Blätter auf dem Asphalt. Wenn mal, abgesehen vom plätschernden Brunnen, kurz alles andere still ist, hört man, wie der Wind ganz leise das erste Laub des ausklingenden Sommers über das Pflaster pustet.

Vor dem Rathaus, Vaterstetten

Hier ist es deutlich leiser als in Ebersberg. Manchmal ist es sogar ganz still, bis an der nahen Hauptstraße das nächste Auto vorbei rollt. Ein paar Spatzen zwitschern in den Bäumen. Ein Mann in Schlappen schlurft vorbei. Dann nähert sich eine kleine, schmale Frau, ganz, ganz, leise, nur einmal hüpfen die Räder ihres Rollators über eine Bodenwelle, mit einem kaum hörbaren "Plopp" kommen sie wieder auf. Auch fast nicht zu hören sind die Trippelschritte eines braunen Labradors. Ein kleiner, schwarz-weiß gefleckter Hund scharrt im Gebüsch. Ein Anzugträger geht mit beherzten Schritten vorbei, seine schwarzen Lederschuhe pochen auf den Gehweg, ein Kieselstein knirscht. Ein Bub kriegt beim Gehen die Füße nicht hoch, seine Nike-Turnschuhe kratzen über den Asphalt. Um halb sieben schlägt die Kirchenglocke zweimal.

Marktstraße, Poing

Noch einmal eine Stufe leiser. Die nahe S-Bahn-Trasse verhindert Durchgangsverkehr, daher fahren hier nur ein paar Anwohner vorbei. Umso besser ist zu hören, wie der Wind durch die Birken rauscht. Wie zwei Mädchen auf der Wippe kichern, wie ein Jugendlicher auf der Parkbank zischend eine Coladose öffnet. Sandalen knirschen. Ein Busfahrer lässt grollend den Motor an, rollt los, hupt zweimal, biegt um die Kurve, beschleunigt mit einem Jaulen. Dann rauscht leise eine S-Bahn heran. Lauter sind da schon die Jugendlichen, die aus dem Zug gespült werden, und jetzt redend, lachend Musik aus dem Handy hörend näher kommen. Erfrischend laut.

Im Herzen von Oberasbach

Okay, genug Zivilisationslärm. Wie klingt eigentlich ein Ort, der aus dreieinhalb Bauernhöfen besteht? In zehn Minuten kommt genau ein Auto vorbei. Der Fahrer traut sich kaum, die Stille zu stören, ganz langsam und leise rollt er über die schmale Straße. Später kommt ein Traktor, der brummt schon etwas selbstbewusster vor sich hin und hat irgendein klapperndes Gerät hinten drauf. In einem Garten spielen derweil zwei Kinder, schreien und scheppern, es klingt wie ein Alutopf samt Deckel. In der Ferne krächzt eine Maschine, vielleicht eine Kettensäge oder Heckenschere. Und um dem Klischee genüge zu tun: Natürlich gibt es in Oberasbach einen Kuhstall, aus dem auch ein deutliches Muhen zu vernehmen ist. Wobei - es ist fast schon ein "Möh".

Mitten im Ebersberger Forst

Man kann ziemlich weit in den Wald hineingehen und sich hinter dichte Büsche schleichen, es hilft nichts: Die Straße ist nicht aus den Ohren zu bekommen. Als oben am Himmel noch ein Flugzeug vorbei zieht, sind die beherrschenden Geräusche im Wald vom Menschen gemacht. Klar, ein paar Vögel zwitschern, aber auch nicht mehr als am Vaterstettener Rathaus. Eine Grille zirpt im hohen Gras. Fliegen schwirren durch die Luft. Ab und an knackst es irgendwo, man schaut sich um, kein Wildschwein zu sehen.

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