SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 42:Omikrons Super-Infektionen

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Sauerstoffflaschen gehören seit der Pandemie zum Alltag auf den Intensivstationen. Patienten, die zweieinhalb Wochen intubiert waren, waren zu Delta-Zeiten guter Durchschnitt auf der Ebersberger Intensivstation. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Corona-Patienten auf Intensiv haben unabhängig der Virusvariante einiges gemeinsam. Doch Pola Gülberg fallen auch Unterschiede auf.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Bei Corona-Patienten auf der Intensivstation ist das Virus meistens das kleinste Problem. Es zu bekämpfen und alles dafür zu tun, dass es schnell wieder aus dem Körper verschwindet, darum kümmern sich die Ärzteschaft und Pflegekräfte auf der Normalstation. Landen Patienten bei uns, dann haben wir es mit einer Super-Infektion zu tun. Das bedeutet, dass das Virus bereits Schäden im gesamten Körper verursacht hat - die Corona-Erkrankung betrifft nicht mehr nur die Lunge, sondern die Betroffenen haben dann zum Beispiel oft Nieren- oder Leberversagen. Auf der Intensivstation bekämpfen wir also eine Super-Infektion im gesamten Körper. Das haben bislang alle Virusvarianten gemeinsam. Unterschiede zwischen Delta- und Omikron-Patienten stellen wir trotzdem fest.

Vor zwei, drei Monaten hatten wir einen Patienten mit einer Delta-Infektion, Anfang 50, ungeimpft, keine nennenswerten Vorerkrankungen. Ein paar Tage wurde er auf Normalstation behandelt, dann kam er zu uns. Es ging ihm weiter rapide schlechter. Schon bald musste er intubiert werden. Lange konnte niemand sagen, wie die Geschichte um ihn ausgehen wird.

Niemand kann sicher sagen, wen Corona schlimm trifft und wen nicht

Das alles war typisch für diese Zeit. Ich erinnere mich, dass der Mann vor seiner Intubation zu mir sagte: "Wenn ich gewusst hätte, dass mich Corona so trifft, dann hätte ich mich impfen lassen!" Genau das ist das Tückische an diesem Virus: Ja, es gibt Indikatoren, die einen leichten oder schweren Verlauf begünstigen. Aber mit abschließender Sicherheit kann niemand sagen, bei wem sich das Virus durch einen Schnupfen äußert und auf wen eine Intubation wartet. Wüssten wir das, hätte es nie den Anspruch gegeben, möglichst alle Menschen zu impfen.

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Wegen Omikron fällt auf der Ebersberger Intensivstation so viel Personal aus wie nie zuvor. Pola Gülberg ist froh, dass die Klinik seit ein paar Monaten einen Bereitschaftsdienst hat - denn ohne diesen wäre die Lage wohl noch prekärer.

Protokoll: Johanna Feckl

Nach zweieinhalb Wochen ging es dem Mann besser und der Tubus wurde entfernt. Das war guter Durchschnitt bei Delta-Patienten. Es gab etliche Fälle, die wesentlich länger intubiert bei uns waren. Die weitere Genesung des Mannes ging dann unglaublich schnell. Ich denke, dass dies trotz fehlender Impfung so geschehen konnte, hat viel zu tun mit seinem jungen Alter, den nicht vorhandenen Vorerkrankungen und den zum damaligen Zeitpunkt neuen Medikamenten, die seitdem bei Corona-Therapien zum Einsatz kommen. Viele ungeimpfte Patienten zuvor hatten nicht dieses Glück.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In der Omikron-Welle erleben wir etwas anderes. Zu den Hochzeiten von Delta mussten wir auch mal zwölf Corona-Patienten versorgen - das entsprach gut zwei Drittel der Betten, die wir zur Verfügung hatten. Im Februar hingegen hatten wir fast immer zwei oder drei Covid-Fälle. Der Großteil der Corona-Patienten wird nun auf den Normalstationen versorgt.

Die wenigen, die jetzt mit Omikron zu uns auf die Intensiv kommen, sind in der Regel geimpft, hochaltrig und in einem multimorbiden Zustand. Das bedeutet, dass sie mehrere Vorerkrankungen haben. Deshalb müssen sie ohnehin einen ganzen Schwung voller Medikamente einnehmen - und das macht sie immunsupprimiert: Die Impfung entfaltet bei ihnen nicht die erwünschte Wirkung. Menschen mit einem solchen Steckbrief haben eher schlechte Chancen auf eine Genesung. Im Vergleich dazu ist der Mann, der schon bald nach seiner Extubation auf die Normalstation verlegt werden konnte, noch gut davongekommen.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 37-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte finden Sie unter sueddeutsche.de/thema/Auf_Station .

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