Fachkräfte:Pflege-Azubis sollen im Kreis Ebersberg günstiger wohnen

Schwesternwohnheim, Kreisklinik, Wohnheim, Schwesternheim, Pflegeschule, Krankenpflege, Pflege, Wohnungen, Wohnraum, Ebersberg

Besonders für Auszubildende in Pflegeberufen ist es schwierig, eine bezahlbare Bleibe im Landkreis zu finden. Vorhandene Angebote, wie etwa das Wohnheim der Pflegeschule an der Kreisklinik reichen nicht aus. Der Landkreis will daher gezielt in Wohnungen für angehende Pflegekräfte investieren.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Kreistag will künftig jedes Jahr eine sechsstellige Summe in eine Wohnraumförderung für Auszubildende in Pflegeberufen investieren.

Von Simon Gross, Ebersberg

Der Landkreis Ebersberg unterstützt künftig Auszubildende in der Pflege bei der Finanzierung ihres Wohnraums mit 100 000 Euro jährlich. Das hat der Kreistagsausschuss für Soziales, Familie, Bildung, Sport und Kultur einstimmig beschlossen. Damit will man dem Fachkräftemangel in der Region entgegenwirken. Das Geld kommt aus der freiwilligen Investitionskostenförderung des Landkreises, die nun Ende dieses Jahres eingestellt wird. Mit deren Hilfe wurden bisher ambulante Pflegeeinrichtungen bei Anschaffungen finanziell unterstützt. Starten soll die neue Wohnraumförderung für Pflege-Azubis 2021. Bis dahin gilt es jedoch noch einige Unklarheiten zu beseitigen.

Dem Beschluss vorausgegangen war ein runder Tisch, an dem Vertreter aus Politik und Verwaltung mit Repräsentanten aus Pflege und Versicherungen, einem Seniorenvertreter und einem Allgemeinarzt über die Weiterführung der Investitionskostenförderung für ambulante Pflegedienste berieten. Anfang 2018 kamen die Teilnehmer zu dem Ergebnis, dass das Geld besser zielgerichtet in eine Wohnraumförderung fließen solle, um die Ausbildung zum Pfleger im Landkreis attraktiver zu machen. Schließlich sei der Fachkräftemangel das größte Problem der Pflegeeinrichtungen. Landratsamtmitarbeiterin Marion Wolinski bringt das Dilemma auf den Punkt: "Es nützt nichts, wenn wir Autos haben, aber niemanden mehr, der sie fährt, weil die Mitarbeiter fehlen."

Laut einer statistischen Erhebung von 2016 fehlen im Landkreis rund 200 Pflegekräfte. Ein häufiger Grund dafür, dass sich junge Menschen gegen eine Ausbildung in der Pflege entscheiden, seien die hohen Mietkosten in der Region. Die geplante Wohnraumförderung soll hier ansetzen, ohne auf Neubauten warten zu müssen, wie Jochen Specht vom Landratsamt betont. Wenn die bezahlbaren Wohnkosten für Pflege-Azubis bei rund die acht Euro pro Quadratmeter liegen, der tatsächliche Mietpreis jedoch zwölf Euro betrage, könnte der Kreis die Differenz von vier Euro übernehmen. Specht schlägt eine gestaffelte Förderung vor, sodass Azubis im ersten Lehrjahr fünf, im zweiten vier und im dritten drei Euro Zuschuss erhielten, entsprechend zum steigenden Ausbildungsgehalt. Über die konkreten Zahlen müsse allerdings noch verhandelt werden.

Nicht zuletzt kamen die Teilnehmer des runden Tischs zu dem Schluss, dass der Wegfall der Investitionskostenförderung zu verkraften sei, auch wenn dadurch für manche Kunden der selbst zu zahlende Beitrag steige. Vertreter der Arge-Wohlfahrt rechnen damit, dass diese Pflegebedürftigen rund zehn Euro mehr pro Monat ausgeben müssen. In sozialen Härtefällen soll dieser Betrag aus dem Spendentopf "Fördern und Helfen" finanziert werden, um weiter zu gewährleisten, dass die Pflegeleistungen nicht von der Größe des Portemonnaies abhängen. Ebenso seien generell keine Qualitätseinbußen durch das Umschichten der Zuschüsse zu erwarten.

Unterm Strich waren die Vertreter der freien Wohlfahrtsverbände einverstanden, auf die Investitionskostenförderung zu verzichten, um im Gegenzug die Azubis bei den Wohnkosten zu unterstützen. Erstere wird dann Ende des Jahres eingestellt. Die frei werdenden Mittel können allerdings erst 2021 zur Wohnraumförderung eingesetzt werden, da nächstes Jahr noch rückwirkend für 2019 die Gelder an die ambulanten Pflegedienste ausgezahlt werden. Unklar ist bis jetzt allerdings, in welcher Rechtsform die Mittel verwalten werden sollen.

Zur Debatte stehen drei mögliche Modelle: Die vom Landratsamt favorisierte Variante eines Treuhandfonds hätte zum einen den Vorteil, dass sie sich in eine bereits bestehende Stiftung eingliedern ließe. Zu diesem Zweck steht die Verwaltung bereits in Verbindung mit der Sparkassenstiftung. Zum anderen gäbe es die Möglichkeit, Bürger und Unternehmen in Form von Spenden an der Finanzierung zu beteiligen. Dies wäre ebenso der Fall bei der Gründung einer eigenen Gesundheitsstiftung - die laut Verwaltung zweitbeste Option -, wobei hierfür ein dauerhaftes Grundkapital von 200 000 Euro und ein Stiftungsvorstand nötig wäre, samt Kosten für einen jährlichen Prüfbericht um die 200 Euro.

Deutlich einfacher sei zwar der Erlass einer landkreisweiten Richtlinie, allerdings bestünde hier nur die Möglichkeit einer indirekten Beteiligung der Bürger über Steuermittel, weshalb die Variante derzeit nicht in Betracht gezogen wird. Obwohl das Landratsamt davon ausgeht, dass bei keiner der genannten Optionen mehr Personal gebraucht wird, sieht Rolf Jorga (CSU) den Verwaltungsaufwand der zweiten Variante, einer eigenen Stiftung, kritisch: "Wer glaubt, dass man eine Stiftung mit nur einer Person betreiben kann, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten." Über die konkrete Umsetzung soll ebenfalls im März entschieden werden.

Generell herrschte allerdings Einigkeit über die grundsätzliche Entscheidung, die freiwillige Investitionskostenförderung zu einer Wohnraumförderung umzuwandeln. Landrat Robert Niedergesäß resümierte: "Die Idee ist sehr innovativ, das Geld wird nicht eingespart, sondern gezielt eingesetzt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: