Kunstaktion in Ebersberg:"Wollt ihr wirklich dieses Geballer?"

Kunstaktion in Ebersberg: "Treffen will gelernt sein": Peter Kees zeigt im Klosterbauhof einen NVA-Film über die Ausbildung zum Schützen als künstlerische Reaktion auf den Ukraine-Krieg.

"Treffen will gelernt sein": Peter Kees zeigt im Klosterbauhof einen NVA-Film über die Ausbildung zum Schützen als künstlerische Reaktion auf den Ukraine-Krieg.

(Foto: Christian Endt)

Peter Kees reagiert mit einer Intervention im öffentlichen Raum auf den Krieg in der Ukraine - und seine Folgen auch in Deutschland.

Von Anja Blum, Ebersberg

Immer wieder predigt Peter Kees, dass Kunst eine gesellschaftliche Aufgabe habe. Sie dürfe nicht nur dekorativ sein, sondern müsse aktuelle Themen aufgreifen, Fragen stellen, vielleicht sogar provozieren. Insofern verwundert es nicht, dass der Steinhöringer nun mit einer Intervention auf den Krieg in der Ukraine reagiert - wie aus der Pistole geschossen, sozusagen. Wo wir auch gleich beim Thema wären: "Treffen will gelernt sein", so heißt der Film, den Kees zufällig auf einem Flohmarkt in Berlin entdeckt und am Mittwochabend im Ebersberger Klosterbauhof gezeigt hat. "Let's play war" nennt er die Guerilla-Aktion, die sich nun an verschiedenen Orten wiederholen soll: Mit seinem mobilen Kino - Projektor und Lautsprecher werden per Autobatterie betrieben - will Kees durch Städte und Dörfer fahren und den Film als "Kriegs-Mahnmal" an Wände projizieren.

Zum Schießen braucht es kein Talent, sondern nur Übung. So lautet die Botschaft des Films

Bei dem 16-Millimeter-Streifen handelt es sich um Material aus der DDR, um einen Werbefilm der Nationalen Volksarmee (NVA). Zwölf Minuten lang wird da in verwaschenen Brauntönen gezeigt, wie junge Männer das Schießen lernen. Wie sie Waffen auseinander nehmen, putzen und dann nach ein paar Wochen das erste Mal auf Zielscheiben feuern. Dazu gibt es mal fröhliche, mal feierliche Musik. Die Botschaft, die der Film vermitteln möchte, lautet: Zu treffen sei keine Frage des Talents, sondern eine Übungssache, die jeder lernen kann. Und: eine gut gerüstete sowie ausgebildete Armee sei entscheidend, um den Gegner vernichten zu können. "Das Feuer ist im Gefecht das wichtigste Mittel!"

Kunstaktion in Ebersberg: Waffenlieferungen und Aufrüstung hält Peter Kees für "sehr gefährlich" und mahnt zur Besonnenheit.

Waffenlieferungen und Aufrüstung hält Peter Kees für "sehr gefährlich" und mahnt zur Besonnenheit.

(Foto: Christian Endt)

Was Kees mit dieser Filmvorführung sagen will? Im Gespräch wird schnell klar, dass es dem Aktionskünstler nicht nur darum geht, den Krieg in der Ukraine zu verurteilen. "Ich bin einfach erschrocken über die enorme Aufrüstung, die Deutschland nun vorantreibt, und über die Stigmatisierung der Russen hierzulande", sagt er. Jubel im Bundestag über den Sonderfonds von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, der Rauswurf des Dirigenten Valery Gergiev in München, die Waffenlieferungen an die Ukraine: Dies alles seien hoch emotionale Reaktionen, die er angesichts eines drohenden Atomschlags für sehr gefährlich halte. "Ich denke, eine Demokratie sollte da andere, neutralere Lösungen finden", so Kees. Er jedenfalls vermisse vor allem Besonnenheit. "Wollt ihr wirklich dieses Geballer?"

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