Ebersberg:Pädagogik unterm Blätterdach

Ebersberg: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Gut eingepackt dürfen deshalb die Kinder im Waldkindergarten jeden Tag draußen spielen.

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Gut eingepackt dürfen deshalb die Kinder im Waldkindergarten jeden Tag draußen spielen.

(Foto: Christian Endt)

Der Ebersberger Waldkindergarten feiert sein fünfjähriges Bestehen. Auch bei schlechtem Wetter geht es hinaus in den Forst

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Schon seit Sonnenaufgang regnet es an diesem trüben Dienstagmorgen. Windstöße rütteln an den Baumwipfeln, es wirkt, als würden sich die Bäume im Ebersberger Forst trocken schütteln wollen: In dicken Tropfen perlt das Regenwasser von den Nadeln, Blättern und Ästen ab. Es fällt hinab und wird vom moosigen Waldboden wie von einem riesigen Schwamm aufgesogen. Spaziergänger werden sich an diesem Tag wohl nicht in den Forst trauen. Doch die Kinder und Erzieherinnen des Waldkindergartens trotzen dem Regen. "Badewannenwetter" sagt einer der Jungen grinsend, "mir doch egal", antwortet ein anderer.

Am heutigen Tag feiert der Waldkindergarten sein fünfjähriges Bestehen. Am Waldrand nahe dem Ebersberger Gewerbegebiet haben die Eltern der Kindergartenkinder am vergangenen Wochenende ein großes Loch ausgehoben. An der Stelle wird künftig ein Wildkirschbaum seine Wurzeln in die Erde graben: Erzieherinnen, Eltern und Kinder werden das Geburtstagsgeschenk am heutigen Tag in das Loch einpflanzen.

Tannenzapfen und Kletterbaum statt Barbie-Puppen und Playmobil. Das ist, zusammengefasst, das Konzept des Waldkindergartens. "Die Kinder lernen hier die Verbundenheit zur Natur", erklärt Kindergärtnerin Anette Prücklmaier. Sie lässt ihren Blick über die Pfützen am Boden gleiten, "das schlechte Wetter gehört da eben dazu". Und so sind die Kinder bei fast jeder Witterung im Ebersberger Forst unterwegs. Unwetter sind natürlich die Ausnahme, doch für solche Fälle steht am Rand des Waldes ein Bauwagen bereit, der Schutz vor Sturm und Kälte bietet. An der Außenwand des Wagens hängen ein gutes Dutzend kleiner Rucksäcke an Haken. Der Wagen ist der allmorgendliche Treffpunkt. Von hier aus geht es in den Wald.

Betreut werden die Kinder im Regelfall von drei Erzieherinnen. Neben Anette Prücklmaier sind auch Leiterin Veronika Lex und Ursula Hartl dabei, die von allen hier nur "Uschi" genannt wird. Wenn eine der Kindergärtnerinnen krank wird, "dann springen Eltern ein", berichtet Prücklmaier. Neben der Naturverbundenheit ist es die starke Einbeziehung der Eltern, die den Waldkindergarten ausmacht. Eltern waren es auch, die ihn vor fünf Jahren gegründet haben, sie kümmern sich im Trägerverein Waldkindergarten Ebersberg e.V. um die Verwaltungsangelegenheiten.

Die Kinder wuseln zwischen den Baumstämmen umher, zwischen dem moosigen Grün des Waldes und dem grauen Himmel leuchten ihre bunten Regenjacken und Kapuzen hervor. Jeden Morgen versammelt man sich unter dem Blätterdach des Forstes zu einem Sitzkreis. Leiterin Veronika Lex holt die Sitzmatten aus einer Tüte hervor, als Hocker dienen einige Baumstämme. Auf eine kindergerechte Größe zugeschnitten stehen sie auf dem feuchten Waldboden. Einige der Rundlinge bleiben an diesem Vormittag allerdings leer. "Wer fehlt denn?", fragt Uschi. Sie weiß es, doch die Kinder sollen selbst darauf kommen. An einer Perlenkette, die an einem Stock aufgespannt ist, soll einer der Jungen abzählen, wie viele fehlen. Und ausrechnen, wie viele Kinder da sind. "14" sagt er, "äh nein, "15". Auch im Wald werden die Kinder auf die Schule vorbereitet.

Sie lernen auch, selbständig gemeinsame Entscheidungen zu treffen. "Wo wollt ihr den heute hingehen?", fragt "Uschi" in die Runde. Auf dem Boden werden fünf verschiedenfarbige Tücher ausgelegt, für jeden Vorschlag eine Farbe. Jedes der Kinder bekommt einen Stein in die Hand gedrückt, er symbolisiert eine Stimme. Am Ende steht fest: Heute geht es zum "Barfußpfad". Im Gegensatz zum Sommer natürlich mit Schuhen. Neben dem "Barfußpfad" gibt es zahlreiche andere Stellen wie die "Kletterbuche", oder den "Aussichtsplatz". Die Orte lägen kreuz und quer im Wald verteilt, "die haben sich die Kinder selbst ausgesucht", erklärt Prücklmaier. Aussuchen können sie sich auch die Beschäftigung. Das Angebot jedenfalls ist groß: Mit dabei sind unter anderem ein Werkzeugkasten, einige Seile, Bücher und Papier.

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