ÖPNV im Landkreis Ebersberg:Ruf der Wildnis

ÖPNV im Landkreis Ebersberg: Die Busse im Landkreis Ebersberg sollen künftig emissionsfrei unterwegs sein. Einen Zeitplan für die Umrüstung hat das Landratsamt nun vorgelegt.

Die Busse im Landkreis Ebersberg sollen künftig emissionsfrei unterwegs sein. Einen Zeitplan für die Umrüstung hat das Landratsamt nun vorgelegt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Ruftaxi-Angebot im südlichen Landkreis Ebersberg wird überraschend gut angenommen. Und auch beim Umstieg auf erneuerbare Antriebe im öffentlichen Nahverkehr geht es voran.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Dieses Angebot kam buchstäblich wie gerufen: Seit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember vergangenen Jahres verkehren im südlichen Landkreis Ebersberg sogenannte Ruftaxis. Nun hat das Landratsamt eine Zwischenbilanz gezogen - und diese fällt durchweg positiv aus. Das Angebot werde von Monat zu Monat besser angenommen, heißt es in einer Stellungnahme der Verwaltung. Es gibt deshalb bereits Überlegungen, noch mehr Linien in den Fahrplan mit aufzunehmen. Auch eine Ausweitung des Angebots in den nördlichen Landkreis ist demnach denkbar. Unterdessen sollen auch die herkömmlichen Busverbindungen fit für die Zukunft gemacht werden, wie aus einem nun veröffentlichten Strategiepapier zum Umstieg auf alternative Antriebe hervorgeht.

Bis in Ebersberg die Busse flächendeckend mit Strom oder Wasserstoff fahren, dürfte es aber noch bis zum Jahr 2030 dauern. Deutlich schneller könnte sich das Ruftaxi-Angebot in der gesamten Region etablieren - so wie es bereits in der Gegend um Egmating, Glonn und Baiern der Fall ist. Auf derzeit drei Linien verkehren dort Busse, die nur dann fahren, wenn sie vorher per App oder Telefon gebucht worden sind. "Das ist eine sehr positiv Entwicklung im On-Demand-Verkehr", lobte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) in der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses. Die Ruftaxis, die eigentlich Rufbusse sind, seien teilweise sogar der S-Bahn überlegen, so der Landrat. Tatsächlich wurden durch das neue Angebot Orte an den Nahverkehr angeschlossen, die bislang völlig abgehängt waren.

Besonders beliebt ist die Ruftaxi-Linie von Baiern nach Neuperlach

Wie ein Blick auf die Fahrgastzahlen zeigt, ist der Bedarf nach öffentlicher Beförderung dort aber durchaus vorhanden - der Ruf aus der ÖPNV-Wildnis jedenfalls wird von Monat zu Monat lauter: Waren im Dezember auf der Linie 4000, die Egmating, Glonn und Baiern mit der S-Bahn in Aying verbindet, noch 87 Fahrgäste auf 494 Kilometern unterwegs, sind die Zahlen im März bereits auf 230 Fahrgäste und 985 Kilometer gestiegen. Auch die Linie 4800 von Grafing-Bahnhof nach Bruck, Moosach, Glonn und Baiern erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Hier waren im Dezember 81 Personen auf 419 Kilometern unterwegs, im März waren es 176 Menschen auf 985 Kilometern. Die beliebteste der drei Linien ist jedoch die 4900, die von Baiern bis nach Neuperlach führt. Hier sind die Fahrgastzahlen im selben Zeitraum von 323 auf 661 gestiegen, die zurückgelegten Kilometer haben sich von 2401 auf 5675 erhöht.

ÖPNV im Landkreis Ebersberg: Im Dezember vergangenen Jahres wurde das Ruftaxi-Angebot als Pilotprojekt im südlichen Landkreis eingeführt.

Im Dezember vergangenen Jahres wurde das Ruftaxi-Angebot als Pilotprojekt im südlichen Landkreis eingeführt.

(Foto: Landratsamt Ebersberg/oh)

Mit solchen Werten hat selbst Sebastian Hallmann nicht gerechnet, der im Landratsamt für die Planung des öffentlichen Nahverkehrs zuständig ist. "Das überrascht mich tatsächlich. Ich hätte gedacht, dass das Projekt länger braucht, um anzulaufen", sagte er in der Sitzung über das Ruftaxi-Angebot. Bisher lägen ihm nur positive Rückmeldungen der Fahrgäste vor. Ähnliche Erfahrungen hat der Glonner Bürgermeister Josef Oswald (CSU) gemacht, der von einem "großen Fortschritt" im ÖPNV sprach. Teilweise hätten die Ruftaxis deutlich kürzere Fahrtzeiten als die herkömmlichen Busse. Das bestätigte auch FDP-Kreisrat Alexander Müller aus Baiern: "Der Fahrplan schaut zwar so aus, als würde man über jeden Bauernhof fahren", sagte er. Wenn sich aber nur wenige Leute pro Fahrt anmelden würden, komme man überraschend zügig voran.

Ebenso zügig soll deshalb das bestehende Ruftaxi-Netz ausgebaut werden. Die Verwaltung im Landratsamt will etwa auch die VG Aßling mit in den Fahrplan integrieren. Im Umweltausschuss gab es zudem Forderungen, die Stadt Rosenheim und Bad Aibling ebenfalls in der Planung zu berücksichtigen. Während die Ruftaxis im Süden des Landkreises als Pilotprojekt durch den Freistaat mitfinanziert werden, wäre ein entsprechendes Pendant im Ebersberger Norden aktuell zwar nicht förderfähig. Der Verwaltung zufolge wäre das Angebot aber wohl trotzdem umsetzbar.

Ein Oberleitungsnetz über den Straßen im Landkreis wird es wohl eher nicht geben

Sehr konkrete Pläne hat die Behörde nun präsentiert, was die Umrüstung der herkömmlichen Busse auf alternative Antriebe angeht. Dem Umstellungskonzept zufolge sollen die Linien, deren Verträge in den Jahren 2024 bis 2026 enden, zumindest übergangsweise noch für Dieselbusse ausgeschrieben werden. Von 2027 an könnten die Linien dann nach und nach auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden. "Diese Umstellung ist Stand jetzt mit einem Mehrpreis verbunden", erklärte Sebastian Hallmann in der Sitzung. Das könne sich in den nächsten Jahren aber noch ändern, je nachdem wie sich die Diesel- und Strompreise entwickelten.

Ein Problem, das auch die alternativen Antriebe nicht lösen werden, ist dagegen der Fahrermangel. Zwar sei auch hier unklar, wie sich die Situation in den nächsten Jahren entwickeln werde, so Hallmann, momentan sehe es aber nicht sonderlich rosig aus. Der Münchner Verkehrsverbund (MVV) habe deshalb bereits ein Programm aufgelegt, um Personal zu rekrutieren. Ob dieses auch Früchte trägt, muss sich allerdings erst noch zeigen.

Womöglich könnte sich aber auch dieses Problem durch Innovation lösen lassen, wie Alexander Müller in den Raum warf: "Vielleicht haben wir ja in zehn Jahren autonom fahrende Busse. Ich kann mir das durchaus vorstellen", sagte der FDP-Kreisrat. Womöglich von dieser Vision inspiriert, brachte auch Karl Schweisfurth eine eher ungewöhnliche Idee ins Spiel: Ob denn schon darüber nachgedacht worden sei, im Landkreis ein Oberleitungsnetz zum Betrieb der Busse zu spannen, wollte der ÖDP-Kreisrat wissen. So etwas, entgegnete Hallmann, könne er sich auf dem Land nur schwer vorstellen. "Das wäre eine ziemlich große Infrastrukturmaßnahme."

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