Süddeutsche Zeitung

Snacks:Obacht vor dem Weißwurst-Hotdog

Wer Weißwürste in Breznstangerl klemmt, begeht eine kulinarische Misshandlung. Ein Bäcker aus Ebersberg wagt es trotzdem.

Kolumne von Korbinian Eisenberger

Die bairische Sprache kennt ein sehr vernichtendes Gerichtsurteil: Pfui Deife. Wobei man sich streiten kann, was ein Gericht ist und was nicht. Bei der neuesten Kreation aus Ebersberg kommen erhebliche Zweifel auf: Dem "Weißwurst Snack". Von Donnerstag an serviert von einer Bäckereikette im Landkreis Eberberg im Osten von München. Wer den "Snack" bestellt, bekommt eine Laugenstange, in der eine halbe Weißwurst eingeklemmt ist. Dem Reklame-Flugblatt nach ist die Wurst enthäutet und mit Senf und Salat garniert. Ebersberg hat nun also seine erste Weißwurst to go. Oder eben nicht. Weil der Begriff Weißwurst in diesem Zusammenhang verkehrter nicht sein könnte.

Was hat man nicht schon alles gesehen. Im Norma verkaufen sie Leberkäse in Wurstform für den Grill. Der Rewe verkauft "veganes und laktosefreies Bayrisch Popkorn". Und im McDonald's in Eglharting gab es mal einen Rostbratwurst-Burger. Die Gefahr, dass es einem spontan den Magen umdreht, ist also nicht ganz neu. Mit dem Weißwurst-Hotdog aus Ebersberg erreicht diese Unsitte aber neue Dimensionen. Beworben in allen Filialen im Landkreis Ebersberg, mit Flyern, Stelltafeln und einer Verlosung mit der "Bayerischen Weißwurstkönigin". Da wünscht man sich umgehend einen großen Speikübel.

Es mag onkelhaft und unaufgeschlossen klingen, das neue Gericht so hart zu verurteilen. Das ist aber wurscht, weil ein Weißwurst-Hotdog ein Angriff auf den Kern der bayerischen Esskultur ist. Eine Weißwurst vor dem Servieren die Haut abzuziehen und zu halbieren kommt ja einer Misshandlung gleich. Sepp Moser, dem Wirtsmetzger, der die Weißwurst vor 160 Jahren in München erfunden hat, würde vor Schreck bestimmt das Senfglas aus der Hand fallen. Und dann? Kommt als nächstes der Wammerl-Wrap? Der Schweinsbraten-Smoothie? Oder das Leberkas-Lángos? Pfui Deife kann man da nicht mehr sagen. Es wäre für jeden Teufel eine Beleidigung.

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Quelle:
SZ vom 09.05.2018/koei
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