Süddeutsche Zeitung

Asylbewerber:Notunterkünfte bleiben

Kreis muss weiter Flüchtlinge am Gymnasium Grafing und der Realschule Ebersberg unterbringen. In einem Elternbrief wirbt der Schulleiter für einen respektvollen Umgang mit den Untermietern

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Zwei Schulen im Landkreis werden auch zum Beginn des neuen Schuljahrs Flüchtlinge als direkte Nachbarn haben: Anders als zunächst erhofft, kann die Asylbewerberunterkunft am Gymnasium Grafing nicht vor Schulbeginn wieder aufgelöst werden. Und auch die Notunterkunft in der Turnhalle der Realschule Ebersberg wird wohl noch eine Weile bestehen - denn die Zahl der Flüchtlinge, die dem Landkreis zugewiesen werden, steigt ständig. 336 leben derzeit im Landkreis, nach aktuellen Berechnungen muss bis zum Jahresende für 210 weitere Platz vorgehalten werden. "Die Herausforderungen werden immer massiver", sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) am Dienstag bei einem Pressegespräch.

Der nächste Bus mit Asylbewerbern wird voraussichtlich am Freitag im Landkreis eintreffen. Vorübergehend hatte es eine Pause bei den Zuweisungen gegeben - wegen des Masernausbruchs in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayern-Kaserne waren auch keine Flüchtlinge in die Landkreise geschickt worden. Nun ist die Quarantänezeit allerdings vorüber, der Landkreis sucht nach wie vor nach geeignetem Wohnraum, denn die gerade neu angemietete Unterkunft in Moosach ist mit acht Menschen schon wieder voll belegt. Momentan habe man eine Unterkunft für etwa zehn weitere Personen in Aussicht, sagt Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales im Landratsamt.

Dass die Situation schwierig ist, ist auch Eberhard Laspe, dem Rektor der Realschule in Ebersberg bewusst. In einem Elternbrief, der am Dienstag per E-Mail zugestellt wurde, appelliert er um Verständnis dafür, dass mittelfristig bis zu 50 Flüchtlinge in der alten Turnhalle der Schule leben werden. Derzeit leben hier bereits elf Asylbewerber aus Eritrea. Laspe verhehlt nicht, dass er über diesen Umstand nicht erfreut ist, sieht aber auch die Schulfamilie in der Verantwortung: "Das Grundgesetz beinhaltet mit gutem Grund in Artikel 16a das Asylrecht somit müssen nunmehr auch wir für einen begrenzten Zeitraum unseren Beitrag hierzu leisten."

Nach Angaben Laspes musste der Sportunterricht so geplant werden, dass er in der großen Dreifachturnhalle stattfinden kann. Auch die Freianlagen sollen die Sportlehrer nutzen. Was den übrigen Schulbetrieb betrifft, so wird dieser durch die Gäste nicht beeinträchtigt: Das Schulhaus ist von der Turnhalle getrennt und der Zugang ist versperrt. Die Asylbewerber haben ihren eigenen Zugang zur Halle. Das Küchenzelt und die Sanitäranlagen im Pausenhof sind durch eine Zaun mit Sichtschutz vom restlichen Gelände abgetrennt. Um im Hof mehr Platz zu schaffen, wurden ein paar Tischtennisplatten auf die andere Seite des Gebäudes verlegt. Ob und in welcher Form es Kontakte und Austausch zwischen den Schülern und den Flüchtlingen geben wird, muss sich laut Laspe zeigen: "Erst einmal muss der Schulbetrieb laufen." Er selbst, sagt er, fände es schön, wenn es Kontakte gäbe, sofern es auch die Flüchtlinge selbst wünschten. Auf diese Weise könne man aus der schwierigen Situation vielleicht etwas Positives ziehen. In seinem Elternbrief ruft Laspe zum respektvollen Umgang mit den Untermietern auf: Die Menschen sollten sich schließlich nicht wie im Zoo fühlen. "Wir denken, dass niemand von uns in deren Situation sein möchte", schreibt Laspe, der dennoch hofft, dass die Unterbringung in der Halle nur vorübergehender Natur ist.

Doch der Bau von zwei Unterkünften in Zorneding und Vaterstetten, der seit langem geplant ist und 150 dringend notwendige Plätze bringen würde, liegt weiterhin auf Eis: Die Regierung von Oberbayern ist nach wie vor nicht bereit, den Bau der Unterkünfte auf einem fremden Grundstück zu finanzieren. Zwar dränge man ständig auf eine Lösung, unterstreicht der Landrat, bisher allerdings ohne Erfolg.

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Quelle:
SZ vom 10.09.2014
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