Flüchtlingshilfe in Ebersberg:So organisieren sich die Helfer

Flüchtlingshilfe in Ebersberg: Das Internet hilft den Helfern, zum Beispiel Spendenaufrufe für warme Kleidung wie vergangenen Winter in Ebersberg zu starten.

Das Internet hilft den Helfern, zum Beispiel Spendenaufrufe für warme Kleidung wie vergangenen Winter in Ebersberg zu starten.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im ganzen Landkreis nutzen Helferkreise das Internet, um sich zu organisieren, Spenden zu sammeln und Freiwillige zu finden.

Von Katharina Behmer, Ebersberg

Von Laminiergerät bis Wäscheleinen: Der Onlineshop des Helferkreises Zorneding sieht auf den ersten Blick ganz normal aus. Durch mehrere Kategorien lassen sich Produkte anwählen und durch Anklicken in den Warenkorb verschieben. Dieser heißt hier "Spendenkorb". Denn keiner der Gegenstände auf der Webseite lässt sich kaufen - im Gegenteil - sie werden gesucht.

Es herrscht Angebot auf Nachfrage. Wer eine Spende tätigen will, wählt das gesuchte Produkt aus und hinterlässt seine Kontaktdaten. Dieser umgekehrte Onlineshop dient dem Zweck, "Sachspenden der Bürgerinnen und Bürger für die Asylsuchenden in der Gemeinde Zorneding zu koordinieren", erklärt der Verein auf der Internetseite.

Zuerst kamen viel zu viele Hilfsgüter

"Wir müssen die Spenden regeln und steuern", sagt die Leiterin des Zornedinger Asylhelferkreises, Angelika Burwick, weil sie und ihre ehrenamtlichen Kollegen nach einem ersten Spendenaufruf regelrecht in Hilfsgütern "ertrunken" waren. Weil der Verein keine Möglichkeit hat, die Spenden zu lagern, entschied man sich für die gezielten Online-Spendenaufrufe. Trotz der anfänglich enormen Bereitschaft sei die Resonanz auf dieses System aber momentan mit 500 Aufrufen "leider noch sehr gering".

Die Internetpräsenz wirkt aber auch als Plattform für Öffentlichkeitsarbeit: In einem "Tagebuch" wird aus dem Leben der Flüchtlinge berichtet. "Wir müssen erklären, was wir tun, denn wer eine gute Stimmung haben will, muss auch informieren", sagt Burwick, sonst würden die Leute nur ein Halbwissen entwickeln.

Die Grafinger Asylhelfer wollen ebenfalls durch ihren Internetauftritt "an Leute rankommen, die nicht genau wissen, wie sie helfen können", erklärt die Ehrenamtliche Anna Weininger. Zu diesem Zweck wurde die Facebook-Gruppe "Asylhelfer in Grafing und Umgebung" eingerichtet. Seit ihrer Gründung vor drei Jahren, hat diese 73 Mitglieder akquiriert - Tendenz steigend.

Facebook bietet den Vorteil, dass viele Zugriff darauf haben

Das Angebot entstand ursprünglich aus Mangel an einer eigenen Webseite heraus. Eine solche befindet sich momentan noch im Aufbau. Facebook biete Weininger zufolge dem gegenüber aber vor allem den Vorteil, dass "viele Interessenten darauf Zugriff haben und so ganz unverbindlich einen kleinen Einblick in die Arbeit erhalten."

Eine Dokumentation über Eritrea, eine Petition gegen die Verlegung eines Flüchtlings oder eine Einladung zum gemeinschaftlichen Fußballtraining werden dort gepostet. "Anfangs waren das meist nur Beiträge von mir", erzählt die Seitenadministratorin Weininger, "heute bringen sich aber auch die Gruppenmitglieder selbst mit ein." Wer eigene Inhalte hinzuzufügen will, muss sich zunächst auf Facebook registrieren und die Mitgliedschaft in der Gruppe beantragen. Dazu wird eine Anfrage an die Administratoren gestellt, die dann geprüft und bestätigt werden muss. "Wir wollen ein bisschen im Blick behalten, wer in der Gruppe ist", erklärt Anna Weininger das Vorgehen. So wolle man rechte Hetze vermeiden.

Flüchtlinge selbst sind in der Gruppe kaum vertreten - ihre Deutschkenntnisse reichen anfangs häufig noch nicht aus, um sich dort aktiv zu beteiligen. Es gibt aber auch Fälle, in denen Asylbewerber selbst zu Helfern werden: Durch einen Facebook-Aufruf konnte der Grafinger Helferkreis einen syrischen Übersetzer für die Neuankömmlinge am Münchner Hauptbahnhof gewinnen. Auch die in Zorneding untergebrachten Asylbewerber können die Website ihres Helferkreises nur bedingt selbst nutzen: Bislang hat ihre Unterkunft noch keinen Internetanschluss. Daran wird laut Angelika Burwick momentan gearbeitet.

Kontakt zur Familie ist nur durch Internet möglich

Die Asylbewerber aus Kirchseeon befinden sich laut dem Helfer Karl-Heinz König bereits in der glücklichen Lage, dass sie einen WLAN-Port in der Turnhalle haben. "Für fast alle Flüchtlinge ist es die einzige Möglichkeit, über Internet und soziale Netzwerke mit der Heimat Kontakt aufzunehmen," schreibt König auf der Website des Helferkreises, die er mit anderen Freiwilligen betreut. Deshalb wird dort auch um ausgediente Smartphones als Sachspende gebeten.

Die Seite ist seit 1. Oktober online und soll die örtlichen Asylhelfer entlasten. Zusätzlich zu der Internetseite wurde eine Telefonhotline als "zentrale Anlaufstelle" eingerichtet - dort gehen täglich zehn bis 15 Anfragen ein. Diese werden gesammelt vom Band abgehört und an die jeweils richtige Stelle weitergeleitet. Das Angebot sei im Ort bereits relativ bekannt, erzählt Franziska Staudinger. Die 20-jährige Studentin pflegt die Inhalte auf der Internetseite. Dort stehen Termine für Deutschkurse oder gemeinsame Aktivitäten. Außerdem wird aktiv nach Freiwilligen für Partnerschaften gesucht, um die Asylsuchenden "bei der Arbeits- oder Wohnungssuche, Sprache oder Beschäftigung" zu unterstützen.

Für die Asylbewerber ist allerdings auch die Kirchseeoner Plattform "kaum von Nutzen", sagt Staudinger. Laut ihrem Kollegen Karl-Heinz König werde aber bereits überlegt, dort in Zukunft auch Textbeiträge auf Französisch anzubieten. Dann können auch diejenigen das Online-Angebot nutzen, um die eigentlich geht: die Flüchtlinge selbst.

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