EbersbergStadtrat verweigert Umbenennung einer Straße in "Müßiggang"

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Der Antrag entstand im Rahmen einer Ebersberger Kunstaktion. Eine Debatte bringt alternative Ideen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Gotthold Ephraim Lessing hat es auch schon versucht: Er wollte der Faulheit ein Loblied singen, mehr als zweieinhalb Jahrhunderte ist das nun schon her. So richtig geklappt hat das damals indes nicht, ein kurzes Gedicht ist es nur geworden weil, wie der große Dichter selbst einräumt, ihn die Faulheit leider daran gehindert habe, sie zu besingen.

In Ebersberg sollte nun dem Müßiggang ein Loblied gesungen werden, zumindest im übertragenen Sinne: Im Rahmen des Arkadien-Festivals war bei der Stadt ein Antrag eingegangen, eine Straße in "Müßiggang" umzubenennen. Dass daraus nun nichts wurde, hat nicht mit zu viel Müßiggang im zuständigen Stadtratsausschuss zu tun, der widmeten sich des Themas ausführlich. Mit Faulheit hängt es indes schon ein bisschen zusammen, wenn auch indirekt - es ist kompliziert.

Zur Debatte stand die Umbenennung eines Weg am Vogelberg. Auf keinen Fall werde er zustimmen, der Faulheit einen Weg zu widmen, ärgerte sich CSU-Stadtrat Josef Riedl in der Sitzung. "Da würde ich mich schämen!" Schließlich sei Müßiggang ein anderes Wort für Faulheit, und "ich lasse mir nicht als Stadtrat vorwerfen, dass ich faul bin und einen Weg nach mir benenne". Ein bisschen mehr Muße - oder auch Faulheit - könne vielleicht manchmal nicht schaden, wandte Marc Block (Grüne) ein, gerade als Mediziner wisse er um die schädlichen Folgen von Stress. Ein Müßiggang am Rande der Stadt sei da "vielleicht ein kleines Zeichen gegen unsere überbordende Effektivität".

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Falls einige mit dem Wort Müßiggang ein Problem hätten, wie wäre es denn mit "Weg der Muße" oder etwas in der Art, schlug Block vor. Auch Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) warb für die Umbenennung - die für Verwaltung wie Anlieger ebenfalls mit viel Müßiggang verbunden sei: Da es letztere nicht gibt, müsste erstere auch keine Schilder austauschen oder Adresseinträge ändern. Zudem verleite der Ort ohnehin zum Müßiggang: Der Weg - der derzeit als "Fortsetzung der Pfarrer-Grabmeier-Allee" firmiert - sei sehr schön zum Spazierengehen und werde auch entsprechend angenommen.

Weniger die Symbolik oder Außenwirkung des Müßiggangs, sondern den fehlenden Ortsbezug beklagten andere Ausschussmitglieder. "Wenn wir für den Weg einen Namen brauchen, sollten wir etwas aus Ebersberg nehmen", sagte Eduard Zwingler (FW). Auch Elisabeth Platzer (SPD) verwies darauf, dass sich der Stadtrat bei den Straßennamen "immer bemüht" habe, diese in einen regionalen Kontext zu stellen.

Günter Obergrusberger (CSU) schlug einen Namen vor, mit dem sich der Weg auch leicht finden lässt: "Wir sollten auch an die Rettungsdienste denken", so Obergrusberger, der Bereitschaftsleiter beim BRK ist. Man könne ihn doch "Gspraiter Weg" nennen, "da wüssten die Retter etwa bei einem Radlunfall gleich, wo sie hinmüssten". Als Polizist könne er dem nur zustimmen, so Martin Schedo (CSU), eine klare Benennung von Straßen und Wegen sei wichtig.

Dass der Weg nicht Müßiggang heißen soll, beschloss der Ausschuss schließlich bei drei Gegenstimmen - der Grünen-Fraktion und des Bürgermeisters - bereits in der aktuellen Sitzung. Ob der Weg nach Gsprait künftig auch so heißen wird, darüber wird dann in der nächsten Sitzung abgestimmt. Bei so viel Aufwand für einen kleinen Weg könnte man sich vielleicht nun aber auch andere Bezeichnungen überlegen: Fleißgasse, Gschaftelpfad, Stressweg oder Streberallee. Da käme dann zumindest niemand auf die Idee, hier werde der Faulheit ein Loblied gesungen.

© SZ vom 28.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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