Ebersberg:Mehr Zonen, mehr Komfort

Ebersberg: Das MVV-Tarifsystem ist für einen allein kaum durchschaubar.

Das MVV-Tarifsystem ist für einen allein kaum durchschaubar.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Kreistag stellen Experten die neue MVV-Tarifreform vor. Es könnte einfacher werden, und billiger.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Das Motto lautet Evolution statt Revolution. Auf diesen Nenner brachte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) nun im Kreistag die dort vorgestellten Ideen zur Vereinfachung des MVV-Tarifes. Diese fallen tatsächlich sehr vorsichtig aus, die vier Tarifzonen und 16 Zeitkartenringe sollen zu acht sogenannten "Tarif-Kreisen" vereinheitlicht werden. Frühestens Ende kommenden Jahres könnte dies umgesetzt werden, wie Stefan Weigele von der beauftragten Beraterfirma Civity nun erläuterte.

"Es ist nicht der Weisheit letzter Schluss" kommentierte Niedergesäß, der auch Sprecher der MVV-Landkreise ist, das sparsame Ergebnis. "Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung". Langfristig wolle man beim MVV ein Tarifsystem einführen, das sich an der Länge der gefahrenen Strecke orientiert. Abgerechnet werden könnte dies über Mobiltelefone oder per Chipkarte. Dazu sei noch heuer ein Pilotversuch geplant. Allerdings sei die Umsetzung sowohl technisch wie auch datenschutzrechtlich nicht ganz einfach.

Seit sich die Verbundlandkreise vor vier Jahren mit ihrem Antrag auf eine Reform des Tarifsystems beim MVV durchsetzen konnten, habe man verschiedene Modelle untersucht, so Weigele. Etwa, die Fahrtkosten nach Zeit abzurechnen, wie im Taxi. Dies sei aber verworfen worden, weil damit Nutzer langsamer Verkehrsmitte für Kurzstrecken mehr bezahlen müssten, als Passagiere schneller Verkehrsmittel für Langstrecken. Ebenfalls abgelehnt wurde die Idee eines Pauschaltarifs mit drei Preisstufen für Innenraum, Außenraum und Gesamtnetz. Damit wären aber nicht nur die Preissprünge und die Fahrtkosten höher ausgefallen, so der Berater, sondern man habe auch Mindereinnahmen von zehn Prozent oder 80 Millionen Euro im Jahr errechnet.

Besser sei die behutsame Neuordnung des bekannten Systems. Damit würden die Preissprünge an den Zonengrenzen nicht mehr so hoch ausfallen - so zahlen derzeit etwa Passagiere für die Fahrt von Vaterstetten nach München doppelt so viel, wie Fahrgäste, die eine Station weiter in Haar zusteigen. Die neuen Zonen sollen außerdem möglichst an die Siedlungsgebiete angepasst werden, so dass in ein und derselben Ortschaft auch überall der gleiche Tarif gilt. Mit der gleichzeitigen Reduzierung der Zeitkartenringe solle das System übersichtlicher und mit dem der Einzelkarten vergleichbarer werden. "Es wäre schon eine kleine Revolution, hier auf eine einheitliche Struktur zu kommen", so Weigele.

Zumindest wäre es "die erste Reform seit 1972", kommentierte Ewald Schurer (SPD) die Pläne. Diese gingen vielen Kreisräten nicht weit genug. Philipp Goldner (Grüne) forderte, dass alle unter 21 Jahren grundsätzlich umsonst den MVV nutzen sollten. Die meisten bekämen ihre Fahrten ohnehin gefördert, weil sie Schüler, Studenten oder in Ausbildung seien. "Das ist doch linke Tasche, rechte Tasche und ein Bürokratiemonster", so Goldner, "die öffentliche Hand bezahlt Fahrten eines Unternehmens in öffentlicher Hand."

Noch weiter ging Martin Lechner (CSU), er forderte ein System "wie bei den Fernsehgebühren": Jeder Bewohner im MVV-Gebiet zahlt eine Abgabe und kann dafür ohne Fahrkarte alle Nahverkehrsangebote nutzen. Eine Nahverkehrsabgabe sei eher eine Aufgabe "für den Bundesgesetzgeber", so Niedergesäß, "das haben wir als Gesellschafter nicht im Kreuz". Zudem sei es nicht sehr gerecht, wenn in "Gegenden, wo fünf Mal am Tag ein Bus vorbeikommt", genauso viel gezahlt werden müsste, wie in der Innenstadt.

Wenigstens den Entfernungstarif solle man aber schnellstmöglich einführen, forderte Thomas Huber (CSU) und verwies auf Südtirol, wo dies bereits seit Jahren funktioniere. Der Datenschutz werde hierzulande viel zu ernst genommen, so Huber. Widerspruch kam von Reinhard Oellerer (Grüne). Ein Modell, das Bewegungsprofile seiner Nutzer erstelle, lehne er ab. Ohnehin sei der Datenschutz das geringste Problem, erklärte Norbert Specht, Abteilungsleiter für Tarife beim MVV. Aber das Volumen des Nahverkehrs in München und der Region sei deutlich höher, die Abrechnung dadurch komplizierter. Etwa 880 Millionen Euro betrage der Jahresumsatz beim MVV, etwa 35 Mal so viel wie in Südtirol.

Es sei nachvollziehbar, "dass eine gewisse Ungeduld herrscht", so Niedergesäß, versicherte aber, die Landkreise und die Stadt München hielten an ihrem Ziel fest: Was nichts weniger ist als "das modernste Tarifsystem Europas."

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