Asylbewerber im Landkreis Ebersberg:Unterkünfte bleiben voll

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Vor knapp zwei Jahren wurde der ehemalige Sparkassensaal in Ebersberg zur Asylbewerberunterkunft umgebaut, bis heute wird diese auch weiter benötigt. (Foto: Christian Endt)

Auch wenn im Jahresvergleich die Erstaufnahmeeinrichtungen etwas weniger belegt sind, bemerkt man diese Entwicklung im Landkreis Ebersberg nicht.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Eine gute Nachricht gab es zum Jahreswechsel in vielen Bundesländern: Die Platznot in den Asylbewerberunterkünften scheint zunächst vorbei. Laut dpa seien „in den Flüchtlingsunterkünften der Bundesländer Tausende Plätze frei“. Auf kommunaler Ebene sieht das zumindest im Landkreis Ebersberg allerdings ganz anders aus: Laut Landratsamt gibt es in den hiesigen Unterkünften kaum freie Plätze.

Überregional ist der Rückgang bei der Belegung durchaus deutlich, auch und gerade in Bayern, wie die dpa weiter berichtet: „In den sieben Ankerzentren in Bayern etwa waren zuletzt von 12 900 Plätzen rund 10 250 belegt – das sind 1250 weniger als ein Jahr zuvor.“ Ähnliche Zahlen gibt es aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sowie aus den ostdeutschen Ländern. Bundesweit meldet lediglich Hessen einen Anstieg im Jahresvergleich, allerdings seien auch dort noch Kapazitäten vorhanden.

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Anders sieht es im Landkreis Ebersberg aus: „Ein Rückgang der Zahlen kann nicht bestätigt werden. Dem Landkreis werden immer noch 14-tägig Flüchtlinge zugewiesen“, heißt es aus dem Landratsamt. Das bedeutet, dass alle zwei Wochen rund 50 Personen untergebracht werden müssen.

Sowohl im Quartals- wie im Jahresvergleich ist die Belegung der Unterkünfte gestiegen

Tatsächlich ist die Zahl der Bewohner in den Unterkünften des Landkreises im vergangenen Vierteljahr ein gutes Stück gestiegen: So lebten Ende September dort noch insgesamt 1448 Personen, aktuell sind es bereits 1582. Von diesen sind 648 sogenannte Fehlbeleger. Das sind zum einen Leute, deren Asylantrag bewilligt wurde und die eigentlich aus der Unterkunft ausziehen dürften – aber keine Wohnung finden. Zum anderen sind auch alle Flüchtlinge aus der Ukraine Fehlbeleger, da diese kein Asylverfahren durchlaufen müssen und eigentlich sofort anderswo wohnen könnten – wenn es denn Wohnraum gäbe.

Gerade letztere Gruppe ist im Landkreis im vergangenen Quartal größer geworden, aktuell sind es 434 Personen, Ende September waren es noch 341. Die Zahl der Fehlbeleger nach einem abgeschlossenen Asylverfahren ist dagegen leicht zurückgegangen: 259 lebten vor einem Vierteljahr noch in einer staatlichen Unterkunft, aktuell sind es 214 Personen.

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Auch im Jahresvergleich ergibt sich keinerlei Entspannung: So lebten Anfang 2024 in den staatlichen Unterkünften im Landkreis Ebersberg noch insgesamt 1414 Personen, also 168 weniger als derzeit. Auffällig ist hier, dass die Zahl der „echten“ Asylbewerber damals mit 1134 nur um 14 unter dem aktuellen Wert liegt. Denn auch im Jahresvergleich ist besonders die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine gestiegen, Anfang 2024 waren es den Ebersberger Unterkünften noch 280 Personen und damit 154 weniger, als derzeit.

Dies dürfte mit der schwierigen Situation auf dem hiesigen Wohnungsmarkt zu tun haben, die Mieten sind im vergangenen Jahr im Landkreis deutlich gestiegen. Für Menschen mit niedrigem Einkommen, zu denen gerade oft Flüchtlinge in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft zählen, wird es daher immer schwieriger, eine eigene bezahlbare Bleibe zu finden.

„Wir schicken keine Fehlbeleger vor die Rathaustüren“, sagt Landrat Niedergesäß

Eigentlich könnte das Landratsamt diese Menschen einfach vor die Tür setzen, denn rein rechtlich gelten diese als Obdachlose und für deren Unterbringung sind die Städte und Gemeinden zuständig. Allerdings gilt im Landkreis Ebersberg schon seit Jahren, was Landrat Robert Niedergesäß (CSU) erst kürzlich bei einem Pressegespräch wieder betont hat: „Wir schicken keine Fehlbeleger vor die Rathaustüren.“

Dies auch vor dem Hintergrund der ohnehin schwierigen Standortsuche für staatliche Unterkünfte. In Markt Schwaben, wo in den kommenden Wochen die neue Unterkunft auf dem Atron-Gelände am Bahnhof bezogen werden soll, gab es um eben diese Einrichtung im vergangenen Jahr derart heftige Kontroversen, dass der damalige Bürgermeister Michael Stolze von seinem Amt zurücktrat.

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Folge dieser Kontroverse war dann auch, dass die Unterkunft am Burgerfeld nun etwas kleiner ausfallen wird: Statt wie ursprünglich geplant bis zu 120 Personen, werden dort nun nur etwa 60 Leute einziehen. Im Gegenzug soll allerdings in der Marktgemeinde eine weitere Unterkunft entstehen – wann es soweit ist, steht indes nicht fest. Zwar gibt es ein Grundstück am Hanslmüllerweg, der bisherige Zeitplan sieht allerdings eine Inbetriebnahme deutlich nach Mitte dieses Jahres vor.

Oder vielleicht auch nie. Denn sollten die Entwicklungen auf Landesebene mit gewisser Verzögerung auch in Ebersberg ankommen, könnte man vielleicht auf eine weitere Unterkunft verzichten. Zumindest wenn es gelingt, anerkannten Flüchtlingen eine dauerhafte Bleibe zu besorgen. Zu diesem Zweck hat das Landratsamt erst kürzlich einen Aufruf gestartet und bittet Immobilienbesitzer darum, freie Wohnungen anzubieten.

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