Umwelt und Natur im Landkreis Ebersberg:Fortschrittchen beim Klimaschutz

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Der Ausbau der Erneuerbaren, hier ein Bild der Baustelle der Freiflächen-PV-Anlage bei Oberlaufing von 2023, geht im Landkreis langsamer voran als geplant. (Foto: Christian Endt)

Im Landkreis steigt der Anteil regenerativer Energieträger, allerdings bei Weitem langsamer als geplant: Eigentlich wollte man 2030 von Kohle, Gas und Öl unabhängig sein, doch das könnte deutlich länger dauern.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Energiewende im Landkreis Ebersberg kommt nur schleppend voran. Das geht aus der nun veröffentlichten Treibhausgasbilanz hervor, welche die Energieagentur des Landkreises erarbeitet hat. Demnach sind die Anteile erneuerbarer Energieträger zwischen 2012 und 2022 sowohl bei Strom wie bei Wärme bei Weitem nicht in dem Umfang gewachsen, wie es geplant ist. Zur Erinnerung: Der Kreistag hatte im Jahr 2006 beschlossen, der Landkreis solle bis 2030 von fossilen Energieträgern unabhängig sein.

Das Ergebnis der Energiewende-Bemühungen „mag weniger sein, als wir uns manchmal erhoffen“, schreibt nun Landrat Robert Niedergesäß (CSU) im Vorwort zum aktuellen Bericht, „aber wir alle wissen, dass jeder Schritt in die richtige Richtung zählt“. Verhalten optimistisch zeigt sich auch die Leiterin des Klimaschutzmanagements des Landkreises Ebersberg, Lisa Rütgers: Angesichts des 2006 formulierten Ziels „wären wir heute gerne schon weiter gekommen. Die Realität aber setzt unseren Zielen und Absichten Grenzen“. Dennoch sei dies kein Grund zur Ernüchterung: „Vielmehr zeigen die Fortschritte der letzten Jahre, dass wir uns trotz aller Widrigkeiten auf einem guten Weg befinden.“

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Wie weit der Weg indes noch ist, zeigt der Blick auf die Zahlen recht deutlich: Gemäß dem ausgegebenen Ziel sollten im Landkreis bis 2040 jährlich rund 300 Gigawattstunden Strom durch Windkraft erzeugt werden, aktuell sind es etwas mehr als drei. Für die Zukunft erwartet der Bericht hier keine Steigerung – allerdings beruht die Extrapolation auf Zahlen bis 2022, als es im Landkreis noch keine weiteren Windräder, außer jenes in Bruck gegeben hat. Mittlerweile ist die Anlage in Fürmoosen hinzugekommen und dieses Jahr soll bei Traxl im Osten Ebersbergs ein weiteres Windrad gebaut werden. Trotzdem bräuchte es laut der Studie weitere 30, damit das Ziel bei der Windkraft erreicht würde.

Der einzige Bereich bei den Erneuerbaren, der signifikant wächst, ist die Photovoltaik

Bei der Photovoltaik liegt der Ist-Wert zwar deutlich höher, 2022 wurden so im Landkreis rund 94 Gigawattstunden Strom gewonnen – was allerdings lediglich ein Fünftel dessen ist, was man bis 2040 erreichen will. Bei gleichbleibendem Tempo wären es bis dahin lediglich rund 150. Vergleichsweise weit ist man hier beim Ausbau der Dachflächen-PV, etwas mehr als ein Fünftel des für 2040 avisierten Ziels von 392 Gigawattstunden gibt es bereits. Bei den Freiflächenanlagen, die dann 102 Gigawattstunden liefern sollen, war 2022 es etwas weniger als ein Zehntel des Zielwertes. Allerdings ist es auch hier inzwischen etwas mehr geworden, heuer ging die PV-Anlage Oberlaufing ans Netz.

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Nicht viel besser sieht es bei der Wärmeversorgung aus. Lediglich bei der Biomasse scheint das aktuelle Ausbautempo zumindest in die Nähe der für 2040 geplanten 300 Gigawattstunden zu führen, rund 180 waren es 2022. Bei der Fernwärme ist zumindest ein Zuwachs zu verzeichnen, bleibt das Tempo konstant, steigert sich die Energiemenge um knapp 100 auf dann rund 290 Gigawattstunden bis 2040 – das Ziel liegt allerdings bei 624.

So gut wie kein Fortschritt ist bis dahin beim Ausbau der Solarthermie zu erkennen, die sollte eigentlich 115 Gigawattstunden liefern, bleibt es beim aktuellen Tempo werden es nicht viel mehr als die derzeitigen 15. Noch größer ist die Differenz zwischen Ist und Soll bei den Wärmepumpen. Die hätten bis 2040 mit 753 Gigawattstunden den Großteil der Wärme liefern sollen. Stand 2022 waren es gerade einmal 75, setzt sich das Ausbautempo so fort, dürften es auch nicht viel mehr werden.

Regenerative Wärme wird im Landkreis überwiegend aus Biomasse gewonnen

Im Jahr 2022 wurden im Landkreis insgesamt 31,1 Prozent des hier verbrauchten Stroms aus regenerativen Energieträgern erzeugt, 19,8 waren es noch im Jahr 2012. Die Photovoltaik alleine machte 17,9 Prozent aus, ein deutlicher Zuwachs zu 2012, als es noch 9,2 Prozent waren. Aus Biomasse ließen sich im Berichtsjahr insgesamt 12,3 Prozent des Strombedarfs decken, etwa zwei Punkte mehr als ein Jahrzehnt zuvor. Andere Quellen spielen keine Rolle, das Brucker Windrad schlug 2022 mit gerade einmal 0,6 Prozent des Landkreis-Stromverbrauchs zu Buche.

Bei der Wärmegewinnung stammten 2022 insgesamt 28,3 Prozent der Energie aus regenerativen Quellen, 16,4 waren es zehn Jahre zuvor. Den größten Anteil hatte stets die Biomasse, deren Anteil stieg im untersuchten Jahrzehnt von 7,1 auf 13,2 Prozent. Bei der Geothermie gibt es eine Steigerung von 1,9 auf 2,9 Prozent, bei der restlichen Nahwärme von 2,8 auf 5,8 Prozent. Wärmepumpen deckten 2022 insgesamt 5,3 Prozent des Energiebedarfs,3,9 waren es zehn Jahre zuvor.

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Wobei die Werte in den einzelnen Landkreiskommunen höchst unterschiedlich sind. So erzeugte die Gemeinde Baiern 2022 aus regenerativen Quellen 301 Prozent der Strommenge, die dort selbst verbraucht wurde, in Bruck waren es 240 Prozent und in Emmering 139. Was übrigens nicht am Brucker Windrad liegt, das lieferte nur rund 53 Prozent des Strombedarfs, sondern wie in Baiern an Biogasanlagen. Dort und in Emmering liefern zudem PV-Anlagen je 78 Prozent des Strombedarfs. Am unteren Ende der Skala beim selbst erzeugten Ökostrom liegen Markt Schwaben mit sieben, Kirchseeon mit neun und Zorneding mit zwölf Prozent des Eigenbedarfs. In Poing sind es 13, in Vaterstetten schon 29, in der Stadt Ebersberg und in Grafing 35 Prozent.

Der Ausbau der Erneuerbaren würde auch die lokale Wertschöpfung stärken

Bei Wärme aus Erneuerbaren schaffte es 2022 keine Landkreiskommune, den eigenen Bedarf zu decken. Am besten schneidet Bruck mit 67 Prozent ab, am schlechtesten Markt Schwaben mit gerade einmal zehn. Im Überblick stehen die ländlicheren Gemeinden hier meist besser da als die Kommunen mit S-Bahn-Anschluss – mit Ausnahme von Poing, hier sind es 43 Prozent, was an der Geothermie liegt, die alleine 36 Prozent des Wärmebedarfs deckt.

Die Energieagentur hat auch ausgerechnet, dass im Landkreis 2022 insgesamt 29,45 Millionen Euro für die hier gewonnenen Energiemengen ausgegeben wird, dieses Geld bleibt also am Ort. Für von außen eingekaufte Energie, egal aus welcher Quelle, wurden im selben Jahr 339 Millionen ausgegeben. In der Gemeinde Baiern ist das Export-Import-Verhältnis mit 1,56 zu 1,81 Millionen fast ausgeglichen, in Kirchseeon ist es mit 19,8 Millionen für Einkauf von Energie und gerade einmal 695 000 Euro Gegenwert für die am Ort gewonnene am schlechtesten.

Den kompletten Treibhausgasbericht für den Landkreis und alle Gemeinden gibt es (FÜR PRINT unter: www.lra-ebe.de/landkreis/klimaschutz/berichte-zum-klimaschutz/) auf der Website des Landratsamtes.

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