Ebersberg:Kritische Köder

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Vogelschützer warnen vor Gift gegen Feldmäuse: Das könnte Vögeln, aber auch anderen Tieren gefährlich werden

Von Florentine kary, Ebersberg

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) warnt vor den Auswirkungen des Giftweizens Ratron auf Wild- und Raubvögel. Hintergrund ist, dass für diesen Herbst eine Sonderregelung gilt, die den Landwirten erlaubt, Feldmäuse mit dem Gift zu bekämpfen. Rainer Förderreuther, stellvertretender Kreisvorsitzender des LBV, mahnt zur Vorsicht bei der Ausbringung der Köder. Fressen Vögel die offen ausgebrachten Giftlinsen in großen Mengen, könne es bei ihnen zu einer Vergiftung führen.

Die Notfallzulassung, die seit dem 1. September gilt, erlaubt das Ausbringen des Feldmausköders Ratron im Streuverfahren in der Landwirtschaft, so die Vorschriften des Ministeriums. 120 Tage, also bis zum 29. Dezember dieses Jahres, ist diese dann gültig. Weil die Bauern in diesem Jahr über eine regelrechte Feldmausplage klagen, hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Ausnahmegenehmigung für das Gift erteilt. Sie erlaubt den Landwirten bei besonders starkem Mausbefall ein breitflächiges Ausbringen über die Felder. Außerhalb dieser Sonderregelung darf das Gift nur mit einer sogenannten Legeflinte direkt in die Mauselöcher gebracht werden, um zu verhindern, dass andere Wild- oder Haustiere gefährdet werden. Dieses Verfahren nennt man verdeckt, aufgrund der Sonderregelung ist jetzt aber auch die offene Ausbringung erlaubt.

Um einen starken Befall nachzuweisen, wird die Lochtretmethode eingesetzt. Dafür müssen auf einer Fläche von 250 Quadratmetern alle Mäuselöcher zugetreten werden. Sind nach 24 Stunden mindestens 20 Löcher wieder geöffnet, handelt es sich umstarken Befall, der offen behandelt werden darf. Erst dann darf ein Antrag gestellt werden. Dieser wird beim zuständigen Landwirtschaftsamt eingereicht. Die Anwendung der Giftlinsen darf nur einmal pro Kultur erfolgen und auch nur in dem erlaubten Zeitabschnitt. In Naturschutzgebieten ist die verdeckte sowie die offene Ausbringung ganz verboten.

Bei der Ausbringung der Köder müssen strenge Auflagen beachtet werden. So darf das Granulat nicht auf kahlem Boden verteilt und auch nicht in Häufchen ausgelegt werden, sondern nur auf Wiesen, erklärt Thomas Eberl, Pflanzenbauberater am Landwirtschaftsamt in Ebersberg. Auf diesen ist die Gefahr einer Vergiftung durch Vögel gering, da das Granulat zwischen den Gräsern zwar einfach für Mäuse, aber schwer für Vögel erreichbar ist. Darüber hinaus sind die Köder auf das Körpergewicht der Schädlinge, sprich der Mäuse, berechnet und beziehen sich auf 20 Gramm Körpergewicht. Sollte ein Vogel die Linsen fressen, besteht ein weitaus geringeres Risiko zu verenden als bei den Mäusen. Das gleiche gilt für Hunde und Katzen: Frisst das Tier keine Überdosis, ist die Gefahr einer Vergiftung sehr klein. Trotzdem sollte immer darauf geachtet werden, was der Hund beim Gassi gehen findet und möglicherweise frisst.

"Eine Vergiftung durch die toten Mäuse ist unwahrscheinlich, da der Giftweizen erst mit der Magensäure der Tiere reagiert und dort Phosphin bildet," erklärt Eberl. Phosphin ist ein sehr starkes Gift, das innerhalb weniger Stunden tötet, indem es das Nervensystem angreift und den Stoffwechsel lähmt. Das Gift wird gleichzeitig vollständig abgebaut und kann dadurch keine Zweitvergiftung von anderen Tieren verursachen. Zudem ziehen sich Mäuse bei Gefahr oder Krankheit in ihre Erdlöcher zurück und sterben dort. Die toten Nager sind so auch nur schwer für Fressfeinde erreichbar, so Eberl weiter.

Jegliche Aufregung über die Sonderregelung sei bis jetzt aber noch unbegründet, beruhigt Eberl die Lage. In Ebersberg und dem Zuständigkeitsbereich des Amtes für Oberbayern Süd, zu dem immerhin zwölf Landkreise gehören, sei noch kein einziger Antrag eingegangen. Die Problematik finde man ohnehin eher in trockeneren Gebieten, wie Nordbayern. Eberl schätzt auch, dass viele Landwirte noch gar nicht über die Sonderregelung informiert seien oder ihnen der Aufwand der Lochtretmethode zu hoch sei, wenn der Befall nicht allzu schlimm ist.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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