Beim Röntgen oder bei der Computertomographie (CT) wird elektromagnetische Strahlung verwendet, vor der manche Menschen Angst haben. Marco Heinz, Chefarzt der Radiologie in der Ebersberger Kreisklinik, erklärt im Interview, warum er dennoch zu einem differenzierten Blick rät.
SZ: Wer schon mal als Patientin oder als Patient zur Untersuchung in Ihrer Abteilung war, sieht, dass Ihr Team Schürzen, Bleischürzen, FFP2-Masken, aber auch Handschuhe trägt. Wovor müssen Sie sich schützen?
Marco Heinz: Erstens ist Strahlenschutz in der Radiologie ein absolutes Muss – für Patientinnen, Patienten und das Personal. Man kann das auf eine Grundsatz-Formel bringen: Abstand, Aufenthaltsdauer und Abschirmung. Es gibt Untersuchungen, da sind die Patienten alleine der Strahlung ausgesetzt, aber auch solche, wo Fachpersonal mit im Raum ist – Ärztinnen, Ärzte und Medizinische Technologen für Radiologie. Es gilt immer der Grundsatz, dass nur diejenigen im Raum sein sollten, die wirklich nötig sind. Das Personal muss außerdem genau wissen, wie es sich im Raum richtig verhält. Es ist speziell dafür eingewiesen und dafür ausgebildet, mit Röntgenstrahlung umzugehen und diese an Patienten anwenden zu dürfen. Beim Umgang mit Röntgenstrahlen müssen insbesondere die Brust, die Schilddrüse, die Augenlinsen und die Gonaden, also die Fortpflanzungsorgane, geschützt werden. Zur Kontrolle tragen wir sogenannte Dosimeter am Körper. Das sind Geräte, mit denen gemessen wird, wie viel ionisierender Strahlung jemand ausgesetzt war. Das Personal ist den gesamten Tag über in der Nähe der Geräte, Patientinnen und Patienten viel kürzere Zeit.
Sie sagten: „Erstens: Strahlenschutz“. Was ist das Zweitens, wovor Sie und Ihr Team sich und Ihre Patienten schützen müssen?
Vermutlich haben das die Wenigsten auf dem Schirm, aber nirgends in der Kreisklinik Ebersberg gibt es eine so große Zahl an Patientinnen und Patienten, die innerhalb kurzer Zeit kommen und gehen. Die allermeisten Menschen werden von uns gesehen, diagnostiziert und mitbehandelt – stationäre und ambulante Patienten. Bei uns können schon mal zehn bis 15 Patienten pro Stunde in einem Raum untersucht werden. Sie kommen aus allen Stationen und Bereichen des Hauses. Das heißt, wir müssen ganz besonders auf die Hygiene achten, um zu verhindern, dass sich beispielsweise Infektionen verbreiten, dass Erreger weitergetragen werden. Also tragen wir regelmäßig Hauben, Handschuhe, Schutzkleidung und achten besonders darauf, uns nach jedem Patientenkontakt gründlich die Hände zu desinfizieren. Wenn wir nicht darauf achten würden, wären wir das, was man während der Corona-Pandemie einen „Super-Spreader“ genannt hat. Wir in der Radiologie würden Infektionen in viele Bereiche der gesamten Klinik tragen – mit negativen Folgen für Patienten und Mitarbeiter.
Therapeutisches Reiten:Mit einem PS in Richtung Genesung
Reiten kann bei verschiedenen körperlichen und psychischen Krankheiten helfen. Doch in den meisten Fällen müssen Betroffene die Kosten für die Behandlung selbst tragen. Was, wenn man sich das nicht leisten kann?
Lassen Sie uns auf den Strahlenschutz zurückkommen: Das Team der Radiologie kann sich auf mehreren Ebenen schützen. Aber die Patientinnen und Patienten müssen ihr ja kurz ausgesetzt werden. Wenn man es auf die ganz einfache Formel bringt: ohne Strahlung kein CT- oder Röntgen-Bild.
Bei jeder radiologischen Untersuchung müssen wir abwägen, ob ihr Nutzen das Risiko einer möglichen strahleninduzierten Schädigung übertrifft. Die sogenannte Strahlenschutzordnung schreibt vor, dass es vor der Untersuchung eine rechtfertigende Indikation geben muss, also einen medizinisch gewichtigen Grund. Diese Frage wiederum dürfen nur in Strahlenschutz geschulte Ärztinnen und Ärzte beantworten. Sie haben eine Fachkunde in Theorie und Praxis, die zwischen einem und drei Jahren dauert. Das sind nicht ausschließlich Radiologen, sondern auch Kolleginnen und Kollegen anderer Fachrichtungen. In der Kreisklinik ist immer jemand mit dieser Ausbildung vor Ort: 24 Stunden, sieben Tage die Woche.
Muss man aus Ihrer Sicht denn Bedenken haben, wenn man geröntgt wird?
Bei Röntgen-Untersuchungen sollte man auch im Kopf haben, dass wir Menschen auf der Erde grundsätzlich immer ionisierender Strahlung ausgesetzt sind, nämlich der terrestrischen und der kosmischen Strahlung. Sie wird in der Einheit Sievert gemessen. Im Durchschnitt sind wir in Deutschland 2,1 Milli-Sievert pro Jahr ausgesetzt. Je nachdem, wo man wohnt, sind das zwischen einem und zehn Milli-Sievert. Wird der Thorax, also der Brustkorb, geröntgt, liegt die Dosis der Strahlung bei 0,1 Milli-Sievert. Bei einem CT ist sie deutlich höher, liegt zwischen einem und zehn Milli-Sievert. Es ist also ebenso wichtig, dass wir abwägen, wie wir die Strahlendosis möglichst gering halten können und gleichzeitig das Untersuchungsergebnis bekommen, das medizinisch nötig ist. Moderne Geräte, die wir einsetzen, stellen die niedrigste Dosis automatisch ein, aber manchmal müssen wir Radiologen das auch individuell einstellen. Es ist ein Unterschied, ob es um einen Menschen geht, der in Lebensgefahr schwebt und nur durch die Untersuchung richtig behandelt werden kann oder ob es eine von vielen Verlaufskontrollen ist.
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Inwiefern werden auch moderne Geräte, mit denen in der Radiologie gearbeitet wird, ein Beitrag zu mehr Patientensicherheit leisten können?
In der Kreisklinik Ebersberg haben wir in den letzten Monaten und Jahren in neue Geräte investiert, die nicht nur eine bessere Bildqualität liefern, sondern auch die Strahlenbelastung für Patientinnen, Patienten und Personal reduzieren. Diese Entwicklung wird weitergehen, insbesondere auch gestützt durch die Künstliche Intelligenz. Gleichzeitig werden die Untersuchungen in der Radiologie zunehmen. Die Menschen in Deutschland werden immer älter und benötigen dadurch häufiger Untersuchungen. Ziel bleibt es in der Radiologie, schnell, mit immer weniger Strahlenexposition zu untersuchen, um Patienten präzise diagnostizieren und dann auch richtig behandeln zu können.