Rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland haben Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt. Die Deutsche Herzstiftung widmet der Erkrankung die diesjährigen Herzwochen, in deren Rahmen Martin Schmidt, Chefarzt der Kardiologie der Kreisklinik Ebersberg, gemeinsam mit seinem Team einen Vortragsabend organisiert. Herzschwäche habe viele Auslöser, sagt er, und müsse deshalb genau diagnostiziert werden. Davon hänge dann auch der Behandlungsweg ab.
SZ: Herzschwäche – könnten Sie bitte erklären, was das genau ist?
Martin Schmidt: Vereinfacht heißt das, dass das Herz nur eingeschränkt funktioniert. Wenn man es sich wie eine Art Motor vorstellt, dann arbeitet der Motor nur noch mit geringerer Leistung. Es kann den Körper, also beispielsweise Lunge, Muskulatur und Nieren, nicht mehr mit ausreichend Blut – und damit Sauerstoff – versorgen. An den Symptomen wird dies deutlich.
Was sind die typischen Symptome von Menschen mit Herzinsuffizienz, wie man auch sagt?
Typisch sind Luftnot, ein Engegefühl im Brustraum, eine sinkende Leistungsfähigkeit, vermehrte Flüssigkeit, die sich in den Beinen, in der Lunge oder auch im Bauch ansammelt. All das sind typische Folgen einer Herzschwäche. Es gibt dabei unterschiedliche Schweregrade.
Wie kommt es dazu, dass eine Herzinsuffizienz überhaupt entsteht?
Die Ursachen sind vielfältig. Die häufigsten Ursachen sind Bluthochdruck, eine Durchblutungsstörung der Herzkranzarterien, eine Herzklappenerkrankung, Herzrhythmusstörungen oder auch eine Entzündung des Herzmuskels. Es gibt die Empfehlung, ab dem 40. Lebensjahr einen Herz-Check machen zu lassen. So kann man Probleme frühzeitig erkennen und behandeln, bevor sie zu einer Herzschwäche führen.
SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 179:Kickboxer wider Willen
Ein Patient auf der Intensivstation wird immer unruhiger, muss an den Händen sogar fixiert werden. Trotzdem versucht er, wild um sich zu schlagen – und trifft schließlich eine Kollegin von Pola Gülberg mit einem kräftigen Tritt.
Wegen welcher bestimmter Symptome kommen Herzschwäche-Patienten zu Ihnen?
Sehr oft sind es die Hausärzte, die hellhörig werden und ihre Patientinnen und Patienten zu uns schicken, weil sie aufgrund der Symptome und erster Untersuchungen den Verdacht haben, es könnte eine Herzinsuffizienz sein. Wir sehen uns das dann sehr genau an: Wir machen ein EKG, einen Herzultraschall, um zu klären, wie die Herzmuskulatur arbeitet, ob die Herzklappen in Ordnung sind und messen die Wandstärke der linken Herzkammer. Zusätzlich gibt es heute einen Laborwert, der eine Herzinsuffizienz mit hoher Zuverlässigkeit bestätigen kann: der BNP-Wert. Dabei handelt es sich um ein Hormon, das den Wasser-Salz-Haushalt und den Blutdruck beeinflusst. Es wird bei Belastung des Herzens vermehrt freigesetzt. Die Versorgung und Abklärung geschieht in unserer zertifizierten Heart Failure Unit (HFU). Dort arbeiten auf die Herzschwäche spezialisierte Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte.
Wenn die Auslöser vielfältig sind, wie sieht es dann mit der Therapie aus?
Angenommen, eine Entzündung mit Beteiligung des Herzmuskels ist der Auslöser: Betroffene müssen sich dann für etwa drei Monate körperlich schonen und dürfen keinen Sport treiben. In fast allen anderen Fällen einer Herzschwäche ist Bewegung hingegen förderlich, sie regt die Durchblutung an und unterstützt die Erholung des Herzens. Dazu können wir verschiedene Medikamente geben, die zur Entlastung des Herzens beitragen. Daneben bestehen gezielte Therapiemöglichkeiten, abhängig von der Ursache. Wenn eine koronare Herzerkrankung die Herzschwäche verursacht, können wir durch gezielte Behandlungen im Herzkatheterlabor die Durchblutungsstörung verbessern. Auch bei Herzrhythmusstörungen und Herzklappenerkrankungen gibt es moderne Behandlungsmöglichkeiten.
Was können wir selbst tun, um Herzschwäche vorzubeugen?
Gerade im Moment, in der Erkältungszeit, möchte ich sagen: Es ist wichtig, sich auszukurieren. Aus einer „verschleppten Grippe“ kann eine Herzmuskelentzündung entstehen. Generell gelten die „Klassiker“, die nicht nur Kardiologen, sondern Mediziner im Allgemeinen betonen: nicht rauchen, Übergewicht reduzieren, regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung mit Verzicht auf Alkohol, insbesondere bei bereits bestehender Herzschwäche.
Vorträge zum Thema „Herzschwäche erkennen und behandeln“: am Montag, 4. November, um 18 Uhr im Speisesaal der Kreisklinik Ebersberg. Eine Anmeldung ist nicht nötig.