Ebersberg:Kreativer Liebeskummer

Ebersberg: Ernst Weeber, politisch engagiert, poetisch bewandert und philosophisch aktiv.

Ernst Weeber, politisch engagiert, poetisch bewandert und philosophisch aktiv.

(Foto: Christian Endt)

Liedermacher und Autor Ernst Weeber schreibt politisch-philosophische Texte

Von Rita Baedeker

Ein Liedermacher, der nichts mehr hören lässt!" So bezeichnet sich Ernst Weeber, 63, der geistig behinderte Menschen in Steinhöring betreut und mehrere Bücher geschrieben hat, auf seiner Homepage. Doch es gab mal eine Zeit, da wollte er durchaus ein Liedermacher sein, so wie Bob Dylan, mit dessen Lebensgefühl er aufgewachsen ist, mit Songs wie "Like a rolling stone" oder "The times they are a-changin'", die eine ganze Generation aufgerüttelt haben. "Ich wollte ähnliche Lieder schreiben wie er, allerdings mit bairischen Texten", erinnert sich Weeber. Zwei CDs hat er aufgenommen; sogar einen Nachwuchspreis der Hanns-Seidel-Stiftung bekam er anlässlich des Liedermacher-Festivals "Songs an einem Sommerabend" in Kloster Banz verliehen. "Das war ein tolles Erlebnis", sagt Weeber. Weiter hat ihn das jedoch nicht gebracht. "Ich wollte politische Lieder schreiben, war aber nie zufrieden mit mir. Dann habe ich gemerkt: Als Liedermacher ist man vor allem dann kreativ, wenn man Liebeskummer hat. Als bei mir der Kummer vorbei war, gefielen mir meine Texte nicht mehr." Als Mitglied des Frauenneuhartinger Rezitationstrios ist er der Poesie treu geblieben. Und auch sein politisches Engagement blieb, Weeber wurde von Kulturpessimismus erfasst, wie er erzählt. Er wurde Mitglied bei Greenpeace und Attac. "Ich wusste damals aber nicht, was das alles für mich bedeutet, und wie ich zur Welt stehe und dachte: Da fehlt noch was!"

Den fehlenden, den entscheidenden Baustein im Fundament seiner Weltsicht fand Ernst Weeber, als er einen Vortrag des Astrophysikers Peter Kafka im Radio hörte. Das war 1997. "Kafka bewertet das Weltgeschehen systemtheoretisch. Und in diesem System ist es sinnvoll, sich zu engagieren." Die Menschen, so Kafka, hätten die Macht gewonnen, die Welt nach ihren Vorstellungen zu verändern. Und dies in rasendem Tempo. "Nichts kann sich mehr wirklich bewähren", findet Weeber - alles geschehe gleichzeitig und global. Die "eilige Lösung" der Probleme schaffe nur immer neue. "Wir leben jedoch in einer entscheidenden Zeit. Erstmals sind wir an einem Punkt, an dem der Mensch so auf die Evolution einwirkt, dass es gravierende Folgen hat", ist Ernst Weeber überzeugt. "Es ist ja nicht falsch, dass wir Neues in die Welt setzen. Das Problem ist: Es gibt keine Möglichkeit mehr, einen Missgriff zu berichtigen." Dies sei, was Kafka mit Beschleunigungskrise meint. Die Krise sei einerseits unausweichlich; da aber die Entwicklung andererseits so komplex sei, könne man sich gar nicht vorstellen, was da alles auf uns zu komme. Fazit: "Es kann also auch immer noch gut ausgehen!"

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