Süddeutsche Zeitung

Finanzhaushalt:Kommunen müssen Steuern erhöhen

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Von 2016 an haben Städte und Gemeinden mehr Geld an den Kreis abzugeben. Um das Minus im Haushalt auszugleichen, heben nun viele die Gewerbe- sowie die Grundsteuern an

Von Jessica Morof, Ebersberg

In einigen Gemeinden könnten bald Grund- und Gewerbesteuer steigen. Denn aktuell befassen sich mehrere Gemeinde- und Stadträte mit einer Anhebung der Hebesätze. Der Grund: Die kommunalen Spitzenverbände Bayerns und Finanzminister Markus Söder (CSU) haben bei einem Spitzengespräch beschlossen, dass die Gemeinden mehr Grund- und Gewerbesteuern an den Kreis abgeben müssen. Im Landratsamt freut man sich über die Veränderung, doch die Bürgermeister sehen Nachteile.

"Wir haben erst letztes Jahr die Grundsteuer erhöht", sagte etwa Anzings Bürgermeister Franz Finauer (UBA) nach der Gemeinderatssitzung, in der man nun erneut eine Anhebung der Steuersätze beschlossen hat. "Aber uns blieb nichts anderes übrig", erklärt er. Der Grund dafür ist, dass der landesweite Hebesatz, mit dem die Kreisumlage jeder Gemeinde berechnet wird, steigt. Deshalb müssen auch die Gemeinden mehr Steuern von ihren Bürgern verlangen, wenn sie nicht selbst draufzahlen möchten. Denn wer unter dem allgemeinen Satz liegt, muss mehr an den Kreis abgeben, als er von den Bürgern einnimmt.

Bislang lag der landesweite Satz, der sogenannte Nivellierungshebesatz, für die Grundsteuer A und B bei 250 Prozent, bei der Gewerbesteuer bei 300 Prozent. An diesem haben sich die Gemeinden bei den eigenen Hebesätzen orientiert. Zorneding liegt bislang genau auf diesen Werten; andere Gemeinden wie Frauenneuharting oder die Stadt Grafing liegen ähnlich niedrig. Die neuen Sätze sehen nun einheitlich 310 Prozent vor. Gleichzeitig sollen künftig zehn Prozent der Mehreinnahmen in der Kreisumlage berücksichtigt werden. Blieben die Gemeinden bei ihren bisherigen Sätzen, würde das ein Loch im Haushalt bedeuten.

In Anzing wären es laut Finauer 67 000 Euro Einbußen gegenüber dem, was im Haushaltsjahr zuvor in den Gemeindekassen übrig geblieben ist. Deshalb hat der Gemeinderat beschlossen, die Sätze für die Grundsteuer A und B von 270 auf 310 Prozent anzuheben. Man könne sich einfach nicht leisten, unter den nivellierten Hebesätzen zu bleiben. Mit großem Widerstand rechnet der Bürgermeister aber nicht, denn die Mehrbelastung bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus liegt jährlich nur bei etwa 40 Euro. Für einen landwirtschaftlichen Betrieb mittlerer Größe wären es etwa 115 Euro.

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Auch in Glonn hat man sich für eine Erhöhung von 300 auf 350 Prozent bei der Grundsteuer entschieden; der Wert liegt damit also höher als der landesweite Hebesatz. "Wir lagen zuvor auch schon drüber", erklärt Bürgermeister Josef Oswald (CSU). "Schöner wäre natürlich, wenn wir die Steuer nicht anheben müssten", sagt er.

Andere Kommunen warten noch ab. Grafing liegt mit 250 Prozent unter den neuen Hebesätzen von 310 Prozent. "Wir werden sicher über eine Erhöhung der Grundsteuer nachdenken", sagt Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). Bislang habe man die Idee lediglich verwaltungsintern eingebracht. Erst Anfang des kommenden Jahres, im Zuge der Haushaltplanung, wird das Thema akut. Eine Prognose möchte sie nicht abgeben. In Markt Schwaben brechen im kommenden Jahr 618 027 Euro weg - ein harter Schlag für die finanzschwache Gemeinde, die erst vor zwei Jahren ihre Steuersätze erhöht hat. "Wir müssen mit einem Defizit zurechtkommen, das wir nicht verursacht haben", sagte Bürgermeister Georg Hohmann (SPD). Ob die Steuern erhöht werden, wird erst nächstes Jahr entschieden.

Kirchseeons Bürgermeister und Vorsitzender des Kreisverbands im Gemeindetag Udo Ockel (CSU) ist an sich froh, dass es die landesweiten Hebesätze überhaupt gibt, denn: Wer seine eigenen Sätze höher festsetzt, kann mit einem sicheren Plus rechnen. In seiner Gemeinde liegen die Grundsteuersätze mit aktuell 390 Prozent weit darüber. Die Mehreinnahmen dienen dazu, eigene Löcher zu stopfen; bei gleichbleibendem Umlagesatz würden die finanziellen Einbußen für Kirchseeon gegenüber dem Vorjahr etwa 150 000 Euro ausmachen. "Das können wir dann nicht verkraften", sagt Ockel. "Wir werden alles versuchen, die Steuern nicht zu erhöhen." Er möchte abwarten, wie hoch der Umlagesatz ausfällt, der in die Berechnung der Abgaben einfließt. Doch er geht davon aus, dass der Druck auf alle Gemeinden steigen wird.

"Ich rate den Gemeinden dringend, ihre Hebesätze an die neuen Nivellierungshebesätze anzupassen", sagt Brigitte Keller vom Landratsamt Ebersberg. Ihrer Ansicht nach bringt die Neuerung des kommunalen Finanzausgleichs eine deutliche Stärkung der Region mit sich, "auch für unsere Gemeinden, weil viel mehr Geld aus den Städten in den allgemeinen Topf fließt". Das komme allen zugute. Für die Anwohner werde sich aber in einigen Gemeinden die Steuerlast erhöhen. Als erzwungene Steuererhebung möchte Keller die Veränderung aber nicht verstehen - sondern eher als Fingerzeig vom Staat.

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Quelle:
SZ vom 28.11.2015
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