Süddeutsche Zeitung

Ebersberg/Kirchseeon:Einigkeit beim Klimaschutz

Der Kreis- und Strategieausschuss möchte keinen "Notstand" ausrufen, aber dennoch mehr für die Umwelt tun

Von Johanna Feckl und Barbara Mooser, Ebersberg/Kirchseeon

Der Landkreis soll zur Klimaschutzregion erklärt werden. Das hat der Kreis- und Strategieausschuss in seiner Sitzung am Dienstag einstimmig beschlossen. Der Beschluss wird dem Kreistag bei seiner nächsten Zusammenkunft am 29. Juli vorgeschlagen.

Mit der Zustimmung des Kreistags würde der Kreis anerkennen, dass die Eindämmung der Klimakrise und deren Folgen höchste Priorität in allen Beschlüssen haben muss. Das bedeutet, dass jegliche Entscheidungen auf Auswirkungen auf das Klima untersucht werden müssen und diejenige Lösung den Vorzug erhält, die sich am wenigsten für Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirkt.

Ursprung des Beschlussvorschlags war ein Antrag der Kreis-SPD, es dem Vorbild der Stadt Konstanz und anderen Kommunen gleichzutun und einen sogenannten "Klimanotstand" auszurufen. Konkret bedeutete diese Forderung, dass alle Projekte im Landkreis künftig auf ihre Auswirkungen auf das Klima untersucht werden müssen. Die Variante, die am wenigsten schädlich für das Klima beurteilt wird, müsste dann immer bevorzugt werden.

In den vergangenen Wochen debattierten die Kreisräte über den Begriff "Klimanotstand". Viele äußerten Unbehagen mit dieser Begriffswahl. Zu katastrophenlastig habe das Wort in den Ohren der Kritiker geklungen. Der Umweltausschuss des Kreistags beschloss in seiner jüngsten Sitzung deshalb, den "Klimanotstand" wegzulassen und sich statt dessen zur "Klimaschutzregion" zu erklären.

Im Kreis- und Strategieausschuss sprach sich Landrat Robert Niedergesäß (CSU) ebenfalls für diese Variante aus. "Meiner Meinung nach trifft das den Nagel mehr auf den Kopf." Letztlich würde der Begriff aber nichts an dem Konzept dahinter ändern. Es ginge schließlich um Inhalte, und nicht um Worthülsen, betonte er.

Dieser Sichtweise schloss sich auch der SPD-Fraktionssprecher im Kreis, Albert Hingerl, an. "Wir werden daran gemessen, was wir tun." Der Grund, weshalb in dem ursprünglichen Antrag seiner Partei von einem "Klimanotstand" die Rede war, sei der Wiedererkennungswert gewesen, weil andere Orte mit dieser Zuschreibung bereits an die Öffentlichkeit gegangen sind. "Wir haben den Begriff ja nicht erfunden, sondern nur abgeschrieben", sagte Hingerl. Für seine Partei sei es aber kein Problem, wenn der Kreis eine Schutzregion dem Notstand vorziehe.

Einzig Waltraud Gruber, Fraktionssprecherin der Grünen, sprach sich in der Sitzung für die ursprüngliche Version im SPD-Antrag aus. "Das ist einfach ein stehender Begriff", erklärte sie. "Dann weiß jeder, dass wir da dazu gehören." Zudem hielt sie die Notstands-Zuschreibung durchaus gerechtfertigt, gemessen an dem, welche Herausforderungen auf die Menschen zukommen werden. Letztlich erklärte sich jedoch auch Gruber mit der neuen Formulierung einverstanden.

Für Udo Ockel (CSU), der am Nachmittag im Kreisausschuss als Kreisrat vertreten war, ging die Debatte am Abend im Kirchseeoner Gemeinderat dann gleich weiter. Sowohl die Grünen als auch die SPD hatten Anträge gestellt, auch in der Marktgemeinde den Klimanotstand auszurufen - und auch hier gab es eine kleine Debatte über die Angemessenheit des Begriffs "Notstand". Ockel selbst machte deutlich, dass er für eine Ausrufung des Notstands "nicht die Hand heben werde". Letztlich schlug er eine pragmatische Lösung vor - nämlich schlicht und ergreifend, den Beschluss des Kreisausschusses, modifiziert für Kirchseeon, einfach zu übernehmen. Bei den meisten Gemeinderäten fand er mit dieser Idee schnell Zustimmung, lediglich die beiden Gemeinderäte der Grünen erbaten sich eine kleine Auszeit, um über den weiteren Kurs zu beraten. Letztlich stimmten aber auch sie - wie alle anderen Ratsmitglieder - Ockels Vorschlag zu. "Die Richtung stimmt absolut", sagte Gemeinderat Rüdiger Za.

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Quelle:
SZ vom 17.07.2019
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