Erziehung im Landkreis Ebersberg:Für eine bessere Kinderbetreuung

Erziehung im Landkreis Ebersberg: Die Gemeinden im Landkreis Ebersberg suchen händeringend nach gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern. Die Fachakademie soll für Entlastung sorgen.

Die Gemeinden im Landkreis Ebersberg suchen händeringend nach gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern. Die Fachakademie soll für Entlastung sorgen.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Der Landkreis Ebersberg bekommt eine eigene Fachakademie für Sozialpädagogik. Dort sollen Erzieherinnen und Erzieher heimatnah ausgebildet und dadurch frühzeitig an die Region gebunden werden. Die ersten Klassen starten bereits nächstes Jahr.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg/Kirchseeon

Freie Plätze in Kindertagesstätten gibt es im Landkreis Ebersberg eigentlich genug - allerdings fehlt es bislang an qualifiziertem Personal, um allen Eltern auch eine gute Betreuung ihres Nachwuchses anbieten zu können. Das soll sich künftig jedoch ändern. Wie sich schon zu Jahresbeginn abgezeichnet hat, wird der Landkreis eine eigene Fachakademie für Sozialpädagogik bekommen. Ziel ist es, dort Erzieherinnen und Erzieher in Vollzeit auszubilden. Der zuständige Ausschuss im Kreistag hat in seiner jüngsten Sitzung am Mittwochnachmittag nun endgültig die Weichen dafür gestellt. Unter Federführung der Johanniter sollen in Kirchseeon bereits im kommenden Jahr die ersten Ausbildungsklassen starten.

Das Projekt hatte die Marktgemeinde mit einem Arbeitskreis selbst angestoßen. Hintergrund war, dass Kirchseeon - wie viele andere Landkreiskommunen - mit einem ernsthaften Erziehermangel zu kämpfen hat. Viele Fachkräfte wandern lieber nach München ab, anstatt in der Region zu bleiben. Das liegt unter anderem an der höheren Bezahlung in der Landeshauptstadt, aber auch an der fehlenden Bindung an den Landkreis. Hier wollte die Gemeinde um Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) ansetzen und durch eine heimatnahe Ausbildung von Anfang an für eine engere Verwurzelung in der Region sorgen. Als Partner holten sich die Kirchseeoner die Johanniter-Unfall-Hilfe ins Boot, die bereits das örtliche Kinderhaus betreibt und nun auch die Trägerschaft der Berufsschule übernehmen soll.

Mit bis zu 1,47 Millionen Euro wird der Landkreis die Johanniter unterstützen

Aus der anfänglichen Idee ist inzwischen ein handfester Plan geworden. Am Mittwoch hat der Sozialausschuss des Ebersberger Kreistags einstimmig seine Zustimmung erteilt, die Johanniter beim Aufbau der Schule finanziell zu unterstützen. Wobei sich das Wort "aufbauen" lediglich auf die bürokratischen Strukturen bezieht, denn die Räume für die Schule gibt es bereits: Sie soll im Berufsbildungswerk St. Zeno untergebracht werden. Weil die Johanniter als eingetragener Verein die Kosten für den Betrieb jedoch nicht alleine stemmen können, sind sie in den ersten fünf Jahren neben Spendengeldern auch auf den Landkreis angewiesen - und erhalten deshalb eine Defizitförderung von maximal 1,47 Millionen Euro. Nach Ablauf dieser Zeit wird der Freistaat Bayern die Kosten für die Schule übernehmen, die dann als staatlich anerkannte Fachakademie gilt.

Erziehung im Landkreis Ebersberg: Die Erzieherschule soll im Gebäude des Berufsbildungswerks St. Zeno in Kirchseeon untergebracht werden.

Die Erzieherschule soll im Gebäude des Berufsbildungswerks St. Zeno in Kirchseeon untergebracht werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bis dahin ist es allerdings noch ein längerer Weg, auf den sich die Johanniter ab dem kommendem Jahr zusammen mit dem Landkreis und der Gemeinde Kirchseeon begeben wollen. Dann nämlich soll die erste Ausbildungsklasse an den Start gehen, die im Jahr 2026 ihren Abschluss machen wird, wie Thomas Kohns von der Bundesgeschäftsstelle der Johanniter in der Sitzung erklärte. Auszubildende mit mittlerem Schulabschluss durchlaufen zunächst ein einjähriges sozialpädagogisches Einführungsseminar, ehe sie zwei theoretische Schuljahre und schließlich ein Praktikumsjahr absolvieren. Bewerber mit (Fach-)Abitur haben in Bayern zudem die Möglichkeit einer dualen Ausbildung, dem sogenannten Optiprax-Modell. Auch dieses soll in Kirchseeon angeboten werden. Dabei arbeiten die angehenden Erzieherinnen und Erzieher von Beginn an zwei Tage in der Woche mit entsprechender Vergütung in einer Kita im Landkreis mit, die restlichen drei Tage sind für die theoretische Ausbildung in der Fachakademie vorgesehen.

"Das ist ein Glücksfall für uns", lobte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) das Vorhaben. Es sei toll, dass der Landkreis neben der Berufsfachschule auch eine Fachakademie bekomme. Erstere nämlich soll ebenfalls im kommenden Jahr in Kirchseeon etabliert werden. Einen entsprechenden Mietvertrag für bis zu 15 Jahre soll die Kreisverwaltung nun mit der Stiftung St. Zeno erarbeiten und abschließen. Der Mehrwert dieser ortsnahen Ausbildung für den Landkreis liege dabei auf der Hand, wie auch Thomas Kohns in der Sitzung unterstrich: Man könne mit einer zeitnahen und dauerhaften Fachkräftegewinnung rechnen. Zudem sei die Abwanderung nach der Ausbildung erfahrungsgemäß recht gering, was eine langfristige Personalbindung ermögliche. Davon solle letztlich die ganze Region profitieren, wie Kohns versicherte: "Wir bilden nicht nur für unsere eigenen Kitas aus."

Von den Kreisräten gibt es viel Lob, aber auch einige kritische Nachfragen

Von den Kreisräten gab es ebenfalls viel Beifall für das Projekt. "Alle ächzen, dass sie kein Personal kriegen. Deshalb bin ich sehr dafür", sagte etwa Martin Lechner (CSU). Johannes von der Forst (Grüne) wunderte sich dagegen etwas, warum lediglich mit den Johannitern als Träger verhandelt werde, obwohl es sonst bei ähnlichen Projekten europaweite Ausschreibungen brauche. Bisher habe es keinen entsprechenden Hinweis seitens der Behörden gegeben, sagte Landrat Niedergesäß, man werde sich das aber nochmal genauer anschauen.

Das forderte Manfred Schmidt (AfD) hinsichtlich der Finanzierung auch von den Johannitern. "Ein bisschen müssen Sie sich schon beteiligen", sagte er in Richtung Thomas Kohns. Eine Bitte, die auch Johannes von der Forst aufgriff, der auf die ohnehin recht knappe Haushaltslage des Landkreises verwies. Dem hielt der Johanniter-Vertreter jedoch entgegen, dass der Verein bereits zahlreiche Vorleistungen erbringe, die in der nun aufgestellten Rechnung gar nicht eingepreist seien. "Und wir haben ein dringendes Interesse daran, so wenig wie möglich von der Förderung des Landkreises zu verbrauchen", versicherte Kohns.

Nun soll als nächster Schritt der Mietvertrag mit der Stiftung St. Zeno festgezurrt werden, damit die Ausbildung im kommenden Jahr pünktlich beginnen kann. "Das ist die Antwort auf einen konkreten Mangel", sagte ein sichtlich zufriedener Landrat Niedergesäß, der überzeugt ist: "Das heute ist ein guter Tag für die Johanniter, den Landkreis Ebersberg und die Kindertagesstätten."

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In Kirchseeon könnte unter Trägerschaft der Johanniter eine Akademie für Sozialpädagogik entstehen. Damit sollen junge Fachkräfte an die Region gebunden werden. Um das Projekt zu realisieren, müssen die Gemeinden aber an einem Strang ziehen.

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