Ebersberg:Kinder zwischen allen Stühlen

Das Jugendamt hilft als "Familien-Lotse" bei Trennung und Scheidung

Zwischen allen Stühlen sitzen Kinder, wenn sich ihre Eltern trennen. Ein Schicksal, das viele Familien trifft: Im Landkreis Ebersberg hat es im vergangenen Jahr 281 Scheidungen gegeben, wie das Landratsamt mitteilt. Davon waren 211 Kinder betroffen. Für viele Familien wird das Jugendamt dabei zu einer wichtigen Anlaufstelle. Es kümmert sich bei einer Scheidung oder Trennung um Kinder und Eltern. Insgesamt führte das Kreisjugendamt im vergangenen Jahr 585 Beratungsgespräche. Im ersten Halbjahr 2017 waren es bereits über 400.

"Das ist Krisenhilfe für die ganze Familie. Je weiter Eltern auseinanderrücken, desto größer wird die seelische Not der Kinder. Sie leiden und brauchen viel Aufmerksamkeit mit Feingefühl. Eine 'Lösung von der Stange' gibt es nicht", sagt Teamleiter Martin Gansel vom Kreisjugendamt Ebersberg. Gerade "im Gerangel der Eltern" würden die Bedürfnisse der Kinder oft zu kurz kommen. "Wichtig ist, dass die Eltern den Streit untereinander austragen", so Gansel. Die Kinder müssten geschützt werden. Am Ende sollten Vater und Mutter es schaffen, eine gemeinsame Verantwortung für die Kinder hinzubekommen. "Denn Eltern bleiben immer Eltern. Auch dann, wenn sie als Paar getrennte Wege gehen", erklärt der Sozialpädagoge.

Dabei sei das Team "Trennung- und Scheidung" des Kreisjugendamts Ebersberg mit seiner professionellen Beratung eine Art "Familien-Lotse", um Kinder und Eltern durch die schwierige Lebensphase zu steuern. "Vor allem aber ist das Jugendamt der 'Anwalt der Kinder'. Denn deren Interessen stehen ganz vorne. Davon wollen wir die Eltern bei unseren Beratungsgesprächen überzeugen", so Gansel.

Das Verständnis für die Eltern komme dabei nicht zu kurz. "Eine Trennung kostet Nerven. Emotionen spielen eine enorme Rolle. In der Beratung holen wir die Eltern deshalb da ab, wo sie stehen. Es kommt oft darauf an, eine Verletztheit auszuräumen und offen über die gesamte Konfliktlage zu sprechen. Die Eltern müssen es erst einmal schaffen, den Blick für die Kinder frei zu bekommen", erklärt Gansel. Denn wichtig sei das Ziel: Eine gemeinsame Elternschaft, bei der es darum gehe, das Beste für die Kinder auszuloten und herauszuholen.

Als "Lösung Nr. 1" steuere das Jugendamt die so genannte "außergerichtliche Elternvereinbarung" an. "Dabei schreiben wir mit den Eltern die entscheidenden Punkte auf. Es ist ein Papier, das den Umgang und vieles von dem regelt, was für die Kinder wichtig ist, ein Mix aus Wegweiser und Rezeptbuch für das künftige Miteinander von Kindern, Mutter und Vater", erklärt der Fachmann. Das Jugendamt sei dabei eine Art Schlichtungsstelle, die vielen Eltern hilft, einen Bogen um die Konflikte zu machen, die viel Energie rauben. So eine Vereinbarung vermeide Streit und Stress. "Sie hilft, das neue Leben neu zu regeln. Und sie verhindert, dass Kinder das Gefühl bekommen, zu festen Terminen wie Pakete von der einen zur anderen Haustür gebracht und abgegeben zu werden."

Auch dann, wenn eine Schlichtung nicht im ersten Anlauf klappt, gelte: "Die Türen des Jugendamts stehen immer offen." Anfangs sei oft eine intensive Einzelberatung notwendig, bevor man in die gemeinsame Elternberatung starten könne. "Wichtig dabei ist, dass die Eltern in der Beratung nicht einen neuen Schauplatz für ihren Streit suchen, sondern eine gemeinsame Lösung auch wirklich wollen", erklärt Gansel. Wenn das nicht möglich sei, lande der Streit vor dem Familiengericht. Auch hier wirke das Jugendamt mit und unterstütze das Familiengericht im gerichtlichen Verfahren. "Aber vorher tun wir alles, damit nicht das Gericht, sondern die Kinder und die Eltern entscheiden", sagt Teamleiter Gansel.

Die Beratung des Kreisjugendamts Ebersberg ist für Eltern, Kinder und Jugendliche unter der Rufnummer (08092) 823 279 zu erreichen. Dort erhält man auch Auskunft über weitere Beratungsangebote im Landkreis Ebersberg.

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