Feld und Wald:Jungtiere in Gefahr

Feld und Wald: In hohen Wiesen und Feldern verstecken sich gerne Rehkitze und werden vom Landwirt übersehen.

In hohen Wiesen und Feldern verstecken sich gerne Rehkitze und werden vom Landwirt übersehen.

(Foto: Endt)

Im Landkreis sind Wildtiere, aber vor allem Rehkitze, vielen Bedrohungen ausgesetzt. Eine davon sind die großen Mähdrescher, eine andere unbedachte Spaziergänger.

Von Max Nahrhaft

Rehe sind Wildtiere. Doch in letzter Zeit wird ihre natürliche Umgebung, wird ihr Überleben immer häufiger bedroht. Einerseits werden in Deutschland mehr und mehr Waldflächen gerodet, andererseits bauen die Landwirte auf ihren Äckern nur noch Monokulturen an. Auf den Landkreis Ebersberg jedoch trifft dies nicht ganz zu. Mit dem Ebersberger Forst, dem mit Abstand größten Waldgebiet in der ganzen Region, haben die Tiere eigentlich genügend Raum. Trotzdem sind vor allem Rehkitze vielen Gefahren ausgesetzt, die sich vermeiden ließen.

Eine Gefahr ist der Mensch; aber nicht etwa Wilderer, sondern schlecht informierte Spaziergänger und vermeintliche Tierliebhaber. Martin Otter, der Ebersberger Kreisvorsitzende des Bayerischen Jagdverbandes, kann den Grund dafür nennen: "Die kleinen Tiere sind in ihrem jungen Alter noch nicht mit einem eigenen Körperduft ausgestattet. Bei einer Berührung durch einen Menschen wird dann aber dessen Geruch auf das Rehkitz übertragen."

Kitze dürfen nicht von Menschen berührt werden

Das könne fatale, oft sogar tödliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die ausgewachsene Rehgeiß würde ihren Nachwuchs dann nicht mehr annehmen. Das Kitz müsse verhungern oder wäre seinen natürlichen Fressfeinden hilflos ausgeliefert. Diese können den Menschengeruch, der am Tier haftet, erschnüffeln und es so aufspüren. Nicht nur Fuchs, Marder und Dachs, sondern auch des Deutschen liebste Haustiere Hund und Katze haben einen natürlichen Jagdinstinkt, der dem Reh zum Verhängnis werden kann. Als Spaziergänger und erst recht als Tierliebhaber sollte man also in jedem Fall davon absehen, ein Kitz zu berühren. "Das ist keine Erste Hilfe für kleine Rehe, sondern falsch verstandene Tierliebe", so Otter.

Besonders in den Brutzeiten im Mai und im Juni häufen sich solche Vorfälle im Landkreis. Wenn die Jäger oder Förster ein verstoßenes Reh sehen, das noch nicht zur Beute seiner Feinde wurde, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als es zum Tierschutzverein zu bringen. Dort werde es dann mit der Flasche aufgezogen. "Es ist in diesem Zustand bei weitem noch nicht auf das Leben in der Natur vorbereitet", sagt Otter. Erst wenn sein Zustand sich verbessert hat, könne es in die Freiheit entlassen werden. Doch dort wartet schon die nächste Gefahr: die großen Erntemaschinen der Bauern, insbesondere die Mähdrescher.

Das Wild erkennt Maschinen nicht als Feind

Rehe leben nicht nur im Wald, sondern suchen auch auf den Feldern Schutz und Ruhe. Wenn nun der Landwirt mit dem Mähdrescher auf das Wild zurollt, ist dieses schutzlos ausgeliefert. Es erkennt die Maschine nicht als Feind und folgt daher nicht seinem Fluchtinstinkt. Stattdessen versteckt es sich noch tiefer im Feld, um sich unsichtbar zu machen. Schlussendlich kommt es dann doch unter die Krallen des Mähwerks. Otter nimmt aber die Bauern in Schutz: "Ich sehe da keine böse Absicht der Landwirte. Aber trotzdem ist es jedes Jahr im Frühling die traurige Realität."

Da die Geschwindigkeiten der Maschinen immer höher und die Mähanlagen immer breiter werden, verschlechtern sich die Überlebenschancen dramatisch. Hinzu kommt ein schleichender Strukturwandel in der Landwirtschaft. "Die Felder werden inzwischen überbetrieblich und sehr kurzfristig bewirtschaftet. Vielen Arbeitern ist dann nicht bewusst, welchen Gegebenheiten sie sich an welchen Orten anpassen müssen", erklärt Otter.

Um die Tiere vor diesem Schicksal zu bewahren, arbeiten immer mehr Landwirte mit den Jägern zusammen. Scheuchen sollen das Wild vertreiben und an modernsten Methoden wird geforscht: So sollen in Zukunft ferngesteuerte Drohnen, ausgestattet mit Wärmebildkameras, die Felder zuerst absuchen, bevor diese abgeerntet werden.

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