Süddeutsche Zeitung

Jugendkultur im Landkreis Ebersberg:Spielräume im Dunkeln

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Nicht schlafen wollen? Nicht schlafen können? Der Jugendkulturpreis steht diesmal unter dem Motto "nachts wach". Die Jury freut sich über Malerei genauso wie über Objekte, Videos, Texte oder andere Werke.

Von Anja Blum, Ebersberg

Nachts wach zu sein, kann ja vieles bedeuten. Dass man Party macht. Oder die Zweisamkeit genießt. Dass man große Sorgen hat, die einem den Schlaf rauben. Oder einen Job, der besondere Arbeitszeiten erfordert. Insofern ist, man kann es nicht anders sagen, "nachts wach" ein wunderbares Thema für einen kreativen Wettbewerb, weil er eben so viele Spielräume lässt. Die sechsköpfige Jury des Jugendkulturpreises für den Landkreis Ebersberg hatte diese zündende Idee - nach langer Diskussion. "Ich glaube, am Ende wollten wir alle nur noch ins Bett", sagt Philipp Spiegelsberger, Geschäftsführer des Kreisjugendrings (KJR), und lacht. Nachts wach ist eben nicht für jeden was.

Gesucht war ein Motto, das griffig sein sollte und sehr offen. "Wir wollten etwas, das nicht so aufgeladen ist wie die Themen der vergangenen Jahre, wollten etwas die Schwere rausnehmen", erklärt Spiegelsberger. Zuletzt hatten sich die jungen Kreativen mit ihren Werken als sehr politisch engagiert gezeigt, im Fokus standen vor allem ökologische und soziale Probleme. Die jüngsten vier Ausschreibungen hatten derlei allerdings auch gefördert, da hieß es: "Schöne neue Welt", "Vorsicht, zerbrechlich!", "Wer braucht das alles?" und "Platz da?!".

Der Ebersberger Jugendkulturpreis hat mittlerweile eine lange Historie, erstmals ausgeschrieben wurde er in den 1980er Jahren. Während der Wettbewerb zu Beginn noch in unregelmäßigen Abständen stattfand, wird er inzwischen jedes Jahr veranstaltet. Nicht einmal die Pandemie konnte ihm etwas anhaben: Die Verantwortlichen scheuten keine Mühen und verlegten sowohl die Ausstellung als auch die Preisverleihung in den virtuellen Raum. Und das hatte sich gelohnt: 2021/ 22 wurden 77 Werke zum Thema "Platz da!?" eingereicht - bisheriger Rekord. Der Galerierundgang ist nach wie vor auf der Homepage des KJR Ebersberg zu sehen.

Und nun gibt es eben die 23. Ausgabe - mit "nachts wach". Das Thema passe perfekt in die Zeit und zur jungen Generation, sagt Leonie Gillhuber, und sie muss es wissen: Die Moosacherin ist selbst gerade einmal 19 Jahre alt, sie absolviert beim KJR gerade ein Freiwilliges soziales Jahr und hat die Projektleitung des Jugendkulturpreises übernommen. Zwei große Stränge sieht sie in dessen Motto widergespiegelt: "Einerseits holen wir gerade alles auf, was wir an Partys und dergleichen wegen Corona verpasst haben", sagt sie. Andererseits liege bestimmt der ein oder andere junge Mensch öfter wach, weil Klimawandel und Krieg durchaus als existenzielle Bedrohungen wahrgenommen würden.

Beim Jugendkulturpreis im Vordergrund stehen die Kinder und Jugendlichen mit ihrer jeweils individuellen Sicht auf die Welt, auf aktuelle Ereignisse, die Gesellschaft und ihre Probleme. Mitmachen dürfen alle Menschen zwischen sieben und 21 Jahren aus dem Landkreis Ebersberg, entweder alleine, in der Gruppe oder als Schulklasse. Erwünscht sind Kunstwerke aller Art, von Zeichnungen oder Comics über Skulpturen oder Objekte bis hin zu Videos, Songs, Texten oder Gedichten - alles ist erlaubt! "Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmern dürfen bei der Umsetzung des Themas ihrer Kreativität freien Lauf lassen", betont KJR-Chef Spiegelsberger. Die Abgabe von Werken ist möglich bis Dienstag, 17. Januar, in der KJR-Geschäftsstelle, Bahnhofstraße 12 in Ebersberg.

Um den Nachwuchskünstlern eine angemessene Wertschätzung entgegenzubringen, beläuft sich das Preisgeld auf insgesamt 2500 Euro. Wie genau es verteilt werden wird, hängt von der Art und Zahl der Einreichungen ab, da die Jury jeweils entsprechende Kategorien bildet. Die Werke werden erneut fachmännisch begutachtet von Babsi Lux (Altes Kino), Konrad Peters (KJR Ebersberg), Luci Ott (Kunstverein), Max Bauer (Geräuschemacher), Peter Hinz-Rosin (Fotograf) und Sophia Stiftinger (KJR Ebersberg). Die erste Juryrunde ist sozusagen "blind", geht also ohne jegliche Angabe zu den Schöpfern der Werke über die Bühne, in der zweiten dann wird den Juroren das jeweilige Alter bekanntgegeben.

Wertschätzung vermittelt aber auch die zum Jugendkulturpreis gehörende Ausstellung in den Räumen des renommierten Ebersberger Kunstvereins: Alle eingereichten Werke werden ein Wochenende lang, von Freitag, 3. Februar, bis Sonntag, 5. Februar, im Studio an der Rampe über dem Klosterbauhof zu sehen sein. Dort findet dann auch die Preisverleihung (Sonntag, 15 Uhr) statt. "Auch das Publikum darf wieder seine Lieblinge wählen, das ist jedes Mal total spannend", sagt Spiegelsberger.

Überhaupt freue man sich sehr, den Jugendkulturpreis nun wieder als Präsenzveranstaltung erleben zu dürfen, so der KJR-Chef. "All diese Emotionen, diese Freude und Spannung live mitzubekommen ist einfach wunderbar!" Und nun hoffe man freilich, dass auch dieses Mal wieder viele junge Künstlerinnen und Künstler interessante Kunstwerke beisteuern. Nachts wach liegen sollte wegen dieser Herausforderung allerdings niemand. Wie sagt Jurymitglied Babsi Lux immer so schön? "Jeder, der mitmacht, hat alleine dafür schon einen Preis verdient!"

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