Advent, Advent:Jesus, Maria und Josef!

Krippenausstellung 2016 Ebersberg

Franz Kisters Nachbildung der "Heiligen Nacht" von Albrecht Altdorfer. Das Gemälde entstand um 1511.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Franz Kisters liebt die Schlüsselszene der christlichen Symbolik. Mindestens 200 Varianten des Stalls zu Bethlehem hat der Ebersberger selbst angefertigt - eine große Auswahl ist jetzt beim Krippenweg zu sehen.

Von Johannes Hirschlach, Ebersberg

In trauter Eintracht stehen sie da: Maria, Josef, das Jesuskind. Der Kleine in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend. Die Krippe, das ist eigentlich nur ein hölzerner Futtertrog für Vieh, mangels Alternativen von Maria als Kinderbett herangezogen. Die Szene ist eines der Schlüsselbilder christlicher Symbolik, Schaubild für die Ankunft des Heilands - millionenfach wiedergegeben in historischer und zeitgenössischer Kunst.

Und ganz anschaulich mithilfe von Krippenfiguren. Franz Kisters ist jemand, dem die Krippenszene am Herzen liegt. So sehr, dass der Ebersberger in seiner Werkstatt mehr als 200 Krippen zusammengebastelt hat, jährlich eine Ausstellung zum örtlichen Christkindlmarkt organisiert und im vergangenen Jahr den Krippenweg ins Leben gerufen hat.

Krippenausstellung 2016 Ebersberg

Eine mexikanische Krippe stellt der Ebersberger Franz Kisters ebenso aus.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Jetzt steht der 76-Jährige, rote Jacke, Jeans, graue Haare, im ehemaligen Schlecker-Markt am Ebersberger Schloßplatz. Ihn umringen Aberdutzende Marias und Josefs, heilige Könige, Hirten, Ochsen, Esel und natürlich Jesuskinder. 60 Krippen hat Kisters für die diesjährige Ausstellung aufgebaut, noch einmal so viele verteilt er nach dem Christkindlmarkt auf die Schaufenster der Ebersberger Geschäfte, unter anderem auch an die SZ Ebersberg.

Krippenausstellung 2016 Ebersberg

Auch eine von der Ebersberger Familie Berger gestiftete Zinnkrippe wird zu sehen sein.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine der dort präsentierten Krippen hat Kisters selbst gebaut und als Preis für ein Gewinnspiel gestiftet. Dahinter steckt der Bund der Selbstständigen, der mit Kisters 2015 das Projekt ins Leben gerufen hat. Damals mit halb so vielen Exponaten gestartet, hat der Krippenbauer in der Zwischenzeit viele Stücke aus alten Familienbeständen zur Restaurierung erhalten. "Jede Krippe ist anders", sagt er. Seiner Kreativität lässt er beim Bau eigener Werke freien Lauf, Ideen schnappt der Rentner, der bis 2002 Küchenchef der Kreisklinik war, von überall auf.

Sein neuestes Werk: Eine Stallruine im Fachwerks-Stil

Das neueste Werk des Modell-Handwerkers ist ein solches Beispiel: eine Stallruine mit fein gearbeitetem, wurmstichigem Fachwerk. Krumme Zweige stellen Bäume dar, Heu am Schober verbirgt die Verkabelung der Lampe. Entsprungen ist die Krippe nicht Kisters' Fantasie, sie hat ein reales Vorbild. Der 76-Jährige hat ein Foto dabei, er zieht es aus seinen Unterlagen, hält es zum Vergleich vor die Krippe. "Verblüffend, oder?", sagt er.

Das Bild zeigt "Die Heilige Nacht" von Renaissance-Maler Albrecht Altdorfer. Kisters habe das Bild in der Zeitung entdeckt und sich vorgenommen, das Gebäude nachzubauen, sagt er. Mauerwerk, Gebälk, selbst Moosflächen hat der Krippenkünstler detailversessen nachgebildet. Das halb eingebrochene Dach droht im Nachbau ebenso über der heiligen Familie wie auf dem Ölgemälde. Nur drei Tage habe Kisters daran gebaut.

Angesichts der Größe des Stallgebäudes kaum zu fassen. "Wenn ich im Keller steh' und Krippen bau', vergess' ich Zeit und Raum", sagt er, rückt sehr nahe heran, die blassblauen Augen lugen über den Rand der Brille. "Meiner Frau steht's bis hier", flüstert er und deutet mit der Handkante an die Stirn. Ein verschmitztes Lächeln huscht über sein Gesicht, die Lachfalten um die Augen werden tiefer.

Ungewöhnlich, aber dennoch eine Krippe, ist auch das Exponat daneben: eine wild aussehende, mächtige Wurzel. In einer ausgebildeten Kuhle ruht das Jesuskind. "Mit Fantasie sieht man in der Wurzel die Maria mit der schützenden Hand über dem Kind", beschreibt Kisters, der das knorrige Etwas im Mangfalltal gefunden hat. Zum Bau seiner Krippen verwendet er nur Material aus der Natur oder Weggeworfenes, wie alte Styroporplatten.

Maria trägt eine fleckige Schütze

Aus diesen besteht eine andere Krippe, die Kisters "sehr am Herzen liegt". Eine sizilianische in der Anmutung eines verfallenen antiken Tempels. Die Säulengalerie, die Ziegelsteine und die realistisch aussehenden Steinplatten hat er aus dem Dämmschaumstoff herausgeschnitten und mit Sand, Gips und Farbe bearbeitet. Eine Besonderheit sei die Krippe, sagt Kisters. Warum? "Weil die Figuren nur Kleider tragen, die vor 2000 Jahren realistisch waren." Kein

Goldbrokat, keine Mäntel aus Seide, stattdessen Händlergewand, einfachste Kleidungsstücke, Maria in fleckiger Schürze - nachrecherchiert und geschneidert von einer Modedesignerin. "Anbetung und Abkehr" nennt Kisters den Tempel. Denn neben den üblichen Krippen-Verdächtigen schummelt sich am Rande die Figur des König Herodes in die Szenerie. Kahlköpfig und mit einem selbstgefälligen Grinsen versehen, sitzt der biblische Kindsmörder auf seinem Thron. Während die Heiligen drei Könige jedoch gen Jesuskind hinaufschreiten, führt für den sich abkehrenden Herodes der Weg direkt in die Unterwelt.

Eine Symbolik, mit der Kisters gerne arbeitet. Wenn er Besucher durch die Ausstellung führt, könne er gut und gerne eine halbe Stunde die Deutung einzelner Krippen erklären, sagt er. Sein Ziel: "Ich schwärme davon, Ebersberg zur Krippenstadt zu machen!" Kisters denkt dabei ans Große, im Kleinen ist ihm das bereits gelungen: die von ihm gebaute Ebersberger Weihnachtskrippe ist die größte im Landkreis, stellt das Ebrachtal dar und ist der Endpunkt des Krippenwegs.

Dort warten auch Leihgaben mexikanischer, peruanischer, amerikanischer, afrikanischer und tschechischer Krippen auf die Besucher - in der Gestaltung verschieden, doch mit der immer gleichen Botschaft: "Friede den Menschen", benennt es Kisters. Nichts sei dieser Tage ein treffenderer Appell.

Die Ebersberger Krippenausstellung am Schloßplatz ist während des Christlkindlmarktes an diesem Wochenende geöffnet. Von Samstag, 3. Dezember, bis Sonntag, 8. Januar, werden zudem in twa 60 Schaufenstern entlang des Ebersberger Krippenwegs Krippen präsentiert. Führungen finden jeweils Mittwochs, Samstags und Sonntags um 14.30 Uhr statt. Treffpunkt ist vor dem Rathaus, die Teilnahme kostenlos.

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