Ebersberg im Hochsommer:Schön anstrengend

Ebersberg im Hochsommer: Der Mais vertrocknet.

Der Mais vertrocknet.

(Foto: Christian Endt)

Was den einen freut, ist des anderen Leid. Ein Streifzug durch den Traumsommer mit seinen Schattenseiten

Von Isabel Meixner, Wieland Bögel, Christian Endt und Anselm Schindler

Bei der Feuerwehr

Er merke schon, dass durch die Hitze die Zahl der Einsätze steige, sagt Kreisbrandinspektor Alois Mayer. Vier-, fünfmal hätten landwirtschaftliche Maschinen gebrannt, so auch am Samstag, als in Weißenfeld Strohballen während der Fahrt Feuer fingen und ein Traktor mitsamt Anhänger völlig ausbrannte. "Es ist staubtrocken", sagt Mayer. "Da reicht ein Funke und das Heu steht in Flammen." Wie sich Landwirte schützen können? Geräte müssten täglich abgeblasen werden, damit sich nicht Staubpartikel verfangen, die sich dann entzünden können. Auch müssen die Landwirte dafür Sorge tragen, dass das gelagerte Heu nicht zu heiß wird und sich entzündet. Heustock messen heißt das im Fachjargon. Wer hier zu nachlässig ist, könne sich schnell der grob fahrlässigen Brandstiftung schuldig machen. Selbst auf die nächsten Regenschauer blickt Mayer derzeit mit gemischten Gefühlen: Denn kommt "ein großen Platscher" herunter, könne der trockene Boden so viel Wasser auf einmal gar nicht aufnehmen. Die Folge könnten dann vollgelaufene Unterführungen sein, so wie es am Wochenende in Zorneding schon der Fall war.

Im Wald

Auch den Waldbesitzern macht die Rekordhitze zu schaffen, wie Christoph Schwer, Geschäftsführer der Waldbauern Handels GmbH im Landkreis, berichtet. "Der Oberboden ist total ausgetrocknet," sagt Schwer. Jüngere Bäume, deren Wurzeln noch nicht so tief ins Erdreich vordringen, bekommen nicht genügend Wasser. "Die muss man dann für viel Geld neu pflanzen. Angst hätten die Waldbesitzer auch vor einer Borkenkäferinvasion. Denn gerade Fichten bräuchten eigentlich viel Wasser, bleibt es aus, werden sie anfällig für Schädlinge. "Das ist wie beim Menschen", sagt Schwer, "wenn man eh schon angeschlagen ist, dann wird man schneller krank." Die Schäden des letzten Jahrhundertsommers 2003 stecken den Forstwirten noch in den Knochen. Auf Rekordhitze und Trockenheit folgte die Borkenkäfer-Plage. Und ist der Käfer einmal da, hilft nur noch die Kettensäge. Auch die Laubbäume haben mit der Hitze zu kämpfen. "Da werden die Blätter schon bunt", sagt Schwer. Werfen die Bäume ihre Blätter ab, verbrauchen sie weniger Wasser.

Auf dem Acker

Herbstlich sehen auch die Blätter der Maispflanzen derzeit aus, sie rollen sich ein, werden braun und vertrocknen. "Ich habe auch schon Pflanzen gesehen, die erst gar keine Kolben ausbilden", berichtet Thomas Eberl, der am Ebersberger Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) als Sachgebietsleiter für die Landwirtschaftsabteilung zuständig ist. Doch gerade beim Mais gingen die Schäden in verschiedenen Teilen des Landkreises weit auseinander. "Denn die Trockenheit hängt stark von den Böden ab", sagt Eberl. Im Norden des Landkreises, Richtung Münchner Schotterebene, finden sich sehr kiesige Böden, "die speichern das Wasser nicht so gut", so Eberl. Deshalb seien die Schäden in diesem Gebiet besonders groß. Eine Beobachtung, die man auch beim Ebersberger Maschinenring macht, der sich im Landkreis um die Koordination von Erntemaschinen kümmert. Teilweise hätten die Landwirte im Norden schon mit der Maisernte begonnen - zwei Monate früher als üblich.

Im Grünland zeigen sich die ersten Blessuren der Hitzewelle mit großen braunen Flecken, sagt Landwirtschaftsexperte Thomas Eberl. Nur die Kartoffeln zeigten sich vom landwirtschaftlichen Sonnenbrand unbeeindruckt. Doch das wohl nur wegen modernster Bewässerungsanlagen, wie Thomas Eberl erläutert. Hieraus könne sich das nächste Problem ergeben, wie ein Blick nach Unterfranken zeigt: Denn dort schwindet wegen genau solcher Anlagen das Grundwasser.

Ebersberg im Hochsommer: Der Mais vertrocknet.

Der Mais vertrocknet.

(Foto: Christian Endt)

Im Wasser

Im Landkreis kann es allerdings noch etwas dauern, bis sich die Hitzewelle beim Grundwasserspiegel bemerkbar macht, und zwar bis zum Winter, sagt Karl Seebauer vom Baldhamer Wasserverband. Derzeit sei sogar ein Anstieg des Grundwassers zu verzeichnen, eine Folge des eher nassen Winters und Frühjahrs. Die Reservoirs seien aber gut gefüllt, so dass die jetzige Hitze wohl auch im kommenden Winter keine Folgen haben dürfte. Auch in Ebersberg erwartet man keine Knappheit, sagt Christian Pfeifer, in der Kreisstadt zuständig für die Wasserversorgung. Denn der Grundwasserstrom aus Richtung Süden sei durch die Niederschläge am Alpenrand gut gefüllt. Deutlich bemerkbar macht sich das heiße Wetter allerdings beim Verbrauch, sagt Seebauer. Besonders in den Abendstunden, wenn die Gärten gegossen werden, "geht die Post ab". Statt, wie normal 57 000 bis 72 000 Liter pro Stunde, fließen dann bis zu 144 000 Liter ab. In Ebersberg sind es derzeit sogar bis zu 280 000 Liter pro Stunde, auch das ist doppelt so viel, wie normal, sagt Pfeifer.

Unter Strom

Rekordabflüsse würde man bei dem sonnigen Wetter bei Solaranlagen erwarten, doch ausgerechnet im Hochsommer geht die Ausbeute der Sonnenkraftwerke zurück. Denn je wärmer die Anlagen werden, desto schlechter wird ihr Wirkungsgrad, sagt der Klimaschutzmanager des Landkreises, Hans Gröbmayr. "Sonne ist gut, Hitze ist eher schlecht", sagt auch Fritz Gerneth von der Ebersberger Bürgerenergiegenossenschaft (BEG). Trotzdem seien die Erträge aus den Anlagen der BEG bei der langen Sonnenscheindauer besser als in einem komplett verregneten Sommer. Die drei Anlagen in Glonn hätten in diesem Juli durchschnittlich 20 Prozent mehr Strom produziert, als zum Jahresbeginn erwartet. Wobei manche Solaranlagen ein bisschen Regen vertragen könnten, sagt Evelyn Schwaiger, Pressesprecherin im Landratsamt. Denn das Sonnenkraftwerk des Landkreises auf der alten Mülldeponie Schafweide hat bei längerer Trockenheit ein spezielles Problem: die Panels setzen zu viel Staub an, da könnte ein gelegentlicher Gewitterguss hilfreich sein.

Ebersberg im Hochsommer: Die Bäume werfen bereits ihre Blätter ab.

Die Bäume werfen bereits ihre Blätter ab.

(Foto: Christian Endt)

Auf der Baustelle

Die Arbeiter, die an der Ebersberger Kreisklinik gerade die Aufstellung des Übergangscontainers für das Bettenhaus vorbereiten, kommen mit der Hitze noch ganz gut zurecht: Ein Teil der Arbeit ist im Keller des Krankenhauses zu erledigen. Wenn es zu heiß wird, können sie also ausweichen. "Draußen ist es zur Zeit schon sehr anstrengend. Da lässt dann auch die Konzentration nach", sagt ein Baggerfahrer.

Besonders schwierig sei die Arbeit für die Beschäftigten im Straßenbau, berichtet Richard Fischer von der IG Bau. "Wenn asphaltiert wird, kommt zur Hitze von oben auch noch der heiße Teer von unten dazu", sagt der Gewerkschaftssekretär. Zum Glück habe der Großteil der Arbeitgeber Verständnis und ermögliche alle ein oder zwei Stunden eine Pause: "Es will ja keiner, dass seine Leute kaputtgehen." Vereinzelt gebe es aber auch Chefs, denen das Verständnis für die Extremsituation fehle. Vor allem bei Termindruck, weil etwa Straßen bis Ferienende fertig werden sollen. Nach der Arbeitsstättenverordnung haben die Bauarbeiter bei Hitze zumindest einen Anspruch auf kostenlose Getränke. Auf der Kreisklinik-Baustelle sind gerade auch Arbeiter aus Österreich tätig. Für sie gebe es ab 36 Grad sogar ein Recht auf Hitzefrei, erzählen sie. Gewerkschafter Fischer fände das auch in Deutschland sinnvoll. "Man müsste die Grenze sogar ein paar Grad niedriger ansetzen."

In der Notaufnahme

Zu viel Anstrengung in der Hitze, zu viel Sonne abbekommen: Immer wieder werden Menschen mit Kreislaufproblemen in die Kreisklinik eingeliefert. "Die Belegung in der inneren Abteilung ist für diese Jahreszeit sehr hoch", sagt der ärztliche Direktor Peter Kreissl, Hitzschläge seien seltener. Betroffen sind vor allem ältere Menschen, die häufig ohnehin wenig trinken, so Kreissl. Andere Altersgruppen könnten das besser kompensieren. Das bestätigt auch Martha Stark, Leiterin der Rettungswache des Kreisverbands des Bayerischen Roten Kreuzes: Auch sie und ihre Mitarbeiter würden derzeit vermehrt zu Fällen von Herz-Kreislauf-Problemen gerufen. Ihrer Erfahrung nach können auch Kinder betroffen sein, da diese bei hohen Temperaturen schneller dehydrieren.

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