Sucht man momentan eine Ein-Zimmer-Wohnung für eine Kaltmiete von 670 Euro in Vaterstetten, bekommt man zumindest bei den gängigen Internet-Immobilienportalen ein klares Ergebnis: null Treffer. 670 Euro - so viel darf ein Bezieher von Hartz IV, der allein in der Großgemeinde lebt, von Juli an für seine Wohnung ausgeben. Das hat der zuständige Sozialausschuss des Kreistags in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Bisher waren nur 610 Euro erlaubt. Das Gremium hat die seit April 2016 geltenden Mietobergrenzen insgesamt angehoben und sich dabei an einem Gutachten orientiert, das die Firma Empirica auf der Basis von tatsächlichen Wohnungsangeboten für den Landkreis erstellt hat.
Eine regelmäßige Neukalkulation hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, passiert dies nicht, könnte die Kommune bei einer eventuellen Klage vor Gericht den Kürzeren ziehen. Die regelmäßige Anhebung ist aber ohnehin dringend notwendig - jedenfalls dann, wenn man nicht sozial Schwache scharenweise in die Obdachlosigkeit treiben will. Im Landkreis Ebersberg sind laut Empirica die Mieten verfügbarer Wohnungen seit 2012 um mehr als 30 Prozent gestiegen, und die Wohnungssuche ist selbst dann schwierig, wenn man nicht akkurat auf irgendwelche Grenzen achten muss.
Als Grundlage für die neue Kalkulation wurden nun mehr als 2900 Wohnungen betrachtet, die zwischen 1. April 2016 und 31. März 2018 angeboten wurden. Außer Preisen und Größen wurden auch die Orte registriert, in denen die Wohnungen angeboten wurden, denn die Preise innerhalb des Landkreises differieren gewaltig - am teuersten lebt es sich in Poing und Vaterstetten. Es folgen Markt Schwaben, Pliening, Anzing und Forstinning und mit geringem Abstand Zorneding, Grafing, Kirchseeon und Ebersberg. Noch am ehesten hat man beispielsweise in Hohenlinden oder Steinhöring sowie in den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaften Glonn und Aßling die Chance auf ein Schnäppchen auf dem Wohnungsmarkt. Daher gelten für die Bewohner der vier Vergleichsräume auch sehr unterschiedliche Grenzen. Ein Paar, das Hartz IV bezieht und zusammen in Vaterstetten lebt, kann beispielsweise bis zu 840 Euro Bruttokaltmiete für die Wohnung ausgeben. Bei einem Paar in der Gemeinde Aßling wären es hingegen nur 720 Euro.
Für die neuen Mietobergrenzen wurde aber nicht einfach ein Durchschnitt aus allen Mietangeboten am Markt berechnet, relevant als neue Grenze ist der höchste Preis im unteren Drittel des Wohnungsangebots des Landkreises. Doch auch mit dieser Kalkulation muss die Grenze deutlich nach oben verschoben werden. Betrachtet man alle Gebiete und alle Wohnungsgrößen zusammengenommen, beträgt die Steigerung 15,6 Prozent. Aufkommen muss für die sogenannten Kosten der Unterkunft der Landkreis.
Generell lobten die Mitglieder des Sozialausschusses die neue Kalkulation, Franz Greithanner (Grüne) warf aber auch die Frage auf, ob man die Grenzen nicht häufiger auf den Prüfstand stellen müsse. Die Preissteigerung auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis sei so rasant, dass drei Jahre als zu großer Zeitraum erschienen. Brigitte Keller, die Finanzmanagerin des Landkreises, warnte hingegen vor zu schnellen Anpassungen. Es bestehe die Gefahr, dass ansonsten die Kommune selbst zur Beschleunigung der Entwicklung und Überhitzung des Wohnungsmarktes beitrage. "Es ist ein schwieriger Spagat", räumte sie ein.
Keller wie auch Hermann Schmidbartl, der Chef des Ebersberger Jobcenters, wiesen darauf hin, dass das Jobcenter ohnehin reagiere, wenn erkennbar werde, dass mit den bestehenden Obergrenzen nichts mehr zu finden sei. Dann könne man in Einzelfallentscheidungen Härten abfedern.