Dass die Debatte über einen Haushalt das Potenzial hat, eine Regierung zu sprengen, war jüngst auf Bundesebene zu beobachten. Weil sich SPD, Grüne und FDP uneinig waren, wohin im kommenden Jahr das Geld fließen soll, ist die Ampelregierung nun Geschichte – und Deutschland steht vorerst ohne finanziellen Fahrplan für 2025 da. So weit dürfte es im Landkreis Ebersberg zwar nicht kommen, dennoch bergen die Beratungen über den Kreishaushalt durchaus die Gefahr, bleibende Schäden in der politischen Landschaft zu hinterlassen. Vor allem die Grünen-Fraktion im Kreistag wehrt sich vehement gegen den vom Landratsamt vorgelegten Entwurf. Sogar von einer Täuschung der Öffentlichkeit ist die Rede.
Doch dazu später mehr. Zunächst soll an dieser Stelle die Frage beantwortet werden, die vor allem den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Landkreis seit Wochen unter den Nägeln brennt: Wie hoch fällt die Kreisumlage im kommenden Jahr aus? Das ist jener Betrag, den die Rathäuser an das Landratsamt als Ausgleich für die vom Landkreis erbrachten öffentlichen Leistungen überweisen müssen. Der Satz soll im kommenden Jahr um 0,4 Prozentpunkte auf dann 49,9 Prozentpunkte erhöht werden – oder verständlicher ausgedrückt: Die 21 Gemeinden werden dem Landkreis 2025 insgesamt rund 114,4 Millionen Euro zahlen müssen.

Ebersberger Landkreis-Haushalt:„Die Situation ist beschissen“
Der Ebersberger Landrat findet angesichts der prekären Haushaltslage deutliche Worte. Nicht nur drohen die Schlüsselzuweisungen an den Landkreis geringer auszufallen als ursprünglich geplant, auch die Bezirksumlage steigt erstmals seit 2022 an. Zu spüren bekommen werden das vor allem die einzelnen Gemeinden.
Das hat der Kreis- und Strategieausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Die Zustimmung des Kreistags vorausgesetzt, dürfte diese Entscheidung bei vielen Bürgermeistern für eine gewisse Erleichterung sorgen. Auch in den Rathäusern der Region ist die finanzielle Situation nämlich alles andere als rosig und die Kreisumlage meist einer der größten Ausgabenposten in den jeweiligen Haushalten. Die Stadt Grafing etwa wird im kommenden Jahr rund zehn Millionen Euro an das Landratsamt zahlen müssen, in Poing sind es stolze 18,6 Millionen Euro und in Vaterstetten sogar 19,5 Millionen Euro. Trotzdem: Mit der Erhöhung der Kreisumlage um lediglich 0,4 Prozentpunkte würde der Kreistag den Bürgermeistern maximal entgegenkommen. Denn die Kämmerei im Landratsamt hatte für eine Anhebung um 1,55 Prozentpunkte plädiert.
Mit ihrer Entscheidung für den niedrigeren Satz gehen die Ebersberger Kreisräte aber auch ein Risiko ein. Wie Ana Stellmach vom Landratsamt in der jüngsten Sitzung erläuterte, bleibt dem Landkreis dadurch am Ende des Jahres ein Ergebnisüberschuss von lediglich 1,76 Millionen Euro übrig. Zum Vergleich: Vor nicht allzu langer Zeit galt ein Überschuss in Höhe von zehn Millionen Euro als Maßstab, damit der Landkreis handlungsfähig bleibt. „Das birgt Risiken in sich“, räumte deshalb Landrat Robert Niedergesäß (CSU) angesichts der Planungen ein, „da darf nächstes Jahr nicht viel passieren.“ Und am besten auch in den Folgejahren nicht, denn der Landkreis hat mit der Berufsschule in Grafing-Bahnhof und dem Gymnasium in Poing große Investitionen vor der Brust. Noch ist unklar, wie viel die beiden Vorhaben genau kosten werden, in der Kämmerei rechnet man jedoch bereits jetzt mit einer Verschuldung von satten 156,6 Millionen Euro Ende 2028.
Die Öffentlichkeit werde mit diesem Haushaltsentwurf getäuscht, sagen die Grünen
Dass die roten Zahlen sogar noch deutlich höher ausfallen könnten, befürchtet man vor allem in der Fraktion der Grünen. „Wir laufen in eine Verschuldung, die wir eigentlich nicht stemmen können“, sagte Benedikt Mayer, der die sogenannten „Designbudgets“ kritisierte, die die Kämmerei für Berufsschule und Gymnasium im Haushalt eingeplant hat. Diese sind für beide Bildungseinrichtungen auf jeweils etwa 40 Millionen Euro festgesetzt worden, um die Planungen vorantreiben zu können. Tatsächlich dürften die Baukosten aber deutlich darüber liegen. „Mit diesem Haushaltsvorschlag wird die Öffentlichkeit getäuscht“, sagte deshalb Reinhard Oellerer (Grüne), der von „Phantasiezahlen“ sprach, die den Bürgerinnen und Bürgern hier präsentiert würden – um in Richtung CSU/FDP-Fraktion hinterherzuschieben: „Kommt’s doch endlich in der Realität an!“
Der Konter von Landrat Niedergesäß ließ jedoch nicht lange auf sich warten. „Dass hier alle anderen doof sind und nur eine Fraktion die Weisheit mit dem Löffel gefressen hat, diesen Vorwurf möchte ich zurückweisen“, sagte er an die Adresse von Reinhard Oellerer, den er als „unkollegial“ und „oberlehrerhaft“ bezeichnete. Ja, die Lage sei „beschissen“, so der Landrat, „aber deswegen können wir nicht einfach den Betrieb einstellen“. Statt zu kapitulieren, müsse man nun versuchen, gemeinsam durch diese schwierige Zeit zu kommen. „Wir müssen auf Sicht fahren“, sagte Niedergesäß über den Finanzplan für kommendes Jahr.

Kreisklinik Ebersberg:Durststrecke bis 2027
Die Finanzen der Ebersberger Kreisklinik sehen düster aus – so wie bei fast allen Krankenhäusern deutschlandweit. Daran ändert auch die umstrittene Klinikreform zunächst nichts. Was aber bedeutet das nun konkret für Patientinnen und Patienten?
Dass sich die allgemeine Wirtschaftslage und damit auch die finanzielle Situation der Kommunen bald ändern wird, daran glaubt im Gremium niemand – im Gegenteil: „Uns werden immer mehr Aufgaben von höheren politischen Ebenen zugewiesen, ohne dass wir einen echten Ausgleich dafür bekommen“, sagte Günter Scherzl (Freie Wähler), der von einer „ernsten strukturellen Haushalts- und Finanzkrise“ sprach.
Diese zu beheben, liegt indes nicht in der Macht der Ebersberger Lokalpolitiker. Deren Aufgabe wird es in den nächsten Jahren sein, den Landkreis möglichst unbeschadet durch dieses schwierige Fahrwasser zu manövrieren. Wie sehr dabei alle gemeinsam an einem Strang ziehen, wird sich bereits in zwei Wochen zeigen, wenn der gesamte Kreistag über das „Pulverfass“ Haushalt 2025 berät. Nach der jüngsten Debatte lässt sich jedenfalls festhalten: Die Lunte brennt bereits.