Es ist ein wahrlich herber Verlust. Für die Stadt Ebersberg und das Alte Kino, aber auch ganz generell für die bayerische Kulturlandschaft. Hans Klaffl, Musiklehrer und Kabarettist, ist im Alter von 74 Jahren nach kurzer Krankheit völlig überraschend gestorben. Er selbst hätte wohl gesagt: Der letzte Gong schlug viel zu früh. Nun trauert der Landkreis um einen Meister des feinen Humors – und kulturellen Exportschlager. Egal wo, Klaffl füllte die Säle, Ausschnitte aus seinen Programmen wurden wiederholt im Bayerischen Rundfunk und Fernsehen ausgestrahlt. Sein Terminkalender für die kommenden Monate wäre voller Auftritte gewesen.
Hans Klaffl, geboren am 4. Juli 1950 in Töging am Inn, hatte zeitlebens zwei große Forschungsfelder: die Musik und den Menschen. Er studierte in München Cello, Philosophie und Psychologie. Ab 1976 war er als Gymnasiallehrer an verschiedenen Münchner Vorstadtschulen tätig, zeitweise mit Kabarettkollegen wie Jörg Maurer und Josef Brustmann, seit 1976 unterrichtete er Musik am Gymnasium in Haar.
Auf der Bühne verarbeitet Klaffl seine Erfahrungen mit Schülern und Kollegen
Bereits als Referendar gründet Klaffl mit seinen Schülern eine Kabarettgruppe, doch schon bald beschränkt sich seine Kreativität nicht nur auf das Schulleben. Der Ebersberger tritt als Duo K&M mit Jörg Maurer in München auf, verfasst mehrere Musikbücher, wirkt an der Produktion mehrerer CDs mit und schreibt zahlreiche Musikfolgen der Reihe „Radiowissen“ des Bayerischen Rundfunks. 2005 beginnt er – parallel zum Lehrerberuf – seine Solokarriere als Musikkabarettist.

Auf der Bühne verarbeitet Klaffl seine in fast vier Jahrzehnten Schulalltag gewonnenen Erfahrungen mit Schülern und Kollegen. Dazu bietet er, Musiklehrer durch und durch, Darbietungen am Kontrabass und am Flügel. Witz trifft Wissen. Denn klar, Klaffl hat auch auf der Bühne einen Bildungsauftrag, doch sein großartiger Humor nimmt dem Besserwissertum jede Schärfe. „40 Jahre Ferien. Ein Lehrer packt ein“: Schon Klaffls erstes Programm ist sehr erfolgreich. Kein Wunder, denn jeder war ja mal mehr, mal weniger lang in einer Schule – jenem „Biotop“ also, das dieser Kabarettist so wunderbar zu sezieren weiß. Und stets bekommen dabei alle Beteiligten ihr Fett weg: Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Bildungspolitiker sowieso.

Premiere im Alten Kino:Ebersbergs Lieblingslehrer
Hans Klaffl macht nicht nur Kabarett, sondern hält auch spannend-amüsante Vorträge. Nun präsentiert er ein neues Kapitel seines "Musiklexikons", in dem es um Geister, Hexen und Dämonen gehen soll
Es ist dies die große Kunst Klaffls, dass er jeden und alles aufspießt – außer vielleicht die Musik sowie die Mathematik, seine beiden geliebten Wissenschaften. Detektivisch folgt er dem Wahnsinn, der sich zwischen Unterrichtsstoffvermittlung und Hormonausbrüchen abspielt. Die Schwächen der eigenen Zunft etwa führt der Pädagoge exemplarisch vor an seinen vier legendären Lehrertypen: Schwellendidaktiker Sedlmayer, Bedenkenträger Gütlich, Brachialrhetoriker Gmeinwieser und Schöngeist Gregorius.
Zu welcher Sorte Klaffl sich selbst zählt? Darüber lässt er sein Publikum stets im Dunkeln. Doch nicht so über das Grundgefühl des Lehrers: In dessen Kopf nämlich herrsche pure Verzweiflung angesichts von Schülern, die alles andere tun, als brav ihrer Klasse zu folgen, aufmerksam zuzuhören und Wissen anzuhäufen. Korrekturen seien daher oftmals nur mit einer erheblichen Beigabe von Rotwein zu ertragen, so Klaffl. Trotzdem wird immer klar: Da spricht jemand, der von ganzem Herzen Pädagoge ist.
Geistige Beweglichkeit: Bis zuletzt spielt Klaffl seine fünf Programme parallel
2010 folgt das Programm „Restlaufzeit. Unterrichten bis der Denkmalschutz kommt“, vier Jahre später geht Klaffl als Lehrer in Pension und verarbeitet auch diesen Einschnitt bühnentauglich: „Schulaufgabe: Ein schöner Abgang ziert die Übung“. Weiter geht es 2018 mit „Nachschlag! Eh ich es vergesse...“, ab 2021 ist der Ebersberger außerdem mit einem Best-of unterwegs. Vom Vergessen nämlich kann bei Klaffl keine Rede sein: Bis zuletzt spielt er seine fünf Programme parallel. Eine beachtliche Gedächtnisleistung und Zeugnis für allerhöchste geistige Beweglichkeit.

Neue Reihe in Ebersberg:Ein Spaß - mit Luft nach oben
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Trotz allen Erfolgs bleibt Hans Klaffl bescheiden. Sein Kabarett habe fast immer einen realen Hintergrund, betont der Ebersberger nicht nur einmal. „Ich muss mir gar nichts ausdenken.“ Ein wenig Beobachtungsgabe und Sinn für Kurioses genüge völlig. Und beides ist bei Klaffl aller bestens ausgebildet. Ein ewiger Quell der diebischen Freude ist ihm zum Beispiel der Apostroph, dessen falsche Verwendung sich ja nicht nur unter Schülern, sondern auch im öffentlichen Leben großer Beliebtheit erfreut. Klaffl sammelt solche und andere Stilblüten leidenschaftlich – und gibt sich selbst sogar den Künstlervornamen „Han’s“.
Besonders groß ist – neben der Familie – nun die Trauer im Alten Kino. Dessen Team nämlich hat nicht nur einen wunderbaren Künstler verloren, sondern einen guten Freund. „Das geht mir sehr, sehr, sehr nahe“, sagt Markus Bachmeier, Chef des Alten Kinos sowie Agent von Hans Klaffl. Auch in Ebersberg sorgt der Kabarettist stets für einen ausverkauften Saal, doch die Bereicherung durch ihn beschränkt sich mitnichten aufs Finanzielle.

Auch an Eigenproduktionen des Alten Kinos wie der Serie „Die Heizer“ ist Klaffl beteiligt, und während der Pandemie leistet er wertvolle Unterstützung, zum Beispiel mit einem Online-Musikquiz. Schließlich hat sich Klaffl spätestens als Pensionär auf die Kategorie „Einserbremse“ spezialisiert. Auf musikalische Anagramme, absurde Bandnamen, biografische Spitzfindigkeiten oder Kuriositäten der Musiktheorie wie den Neapolitaner. Absolut abwegiges Wissen also, das der Ex-Lehrer voller Genuss präsentiert. „Für uns war er eine feste Institution, er war immer da und hat bei allem mitgemacht“, sagt Bachmeier. „Mit so einer Größe an seiner Seite konnte man wirklich vertrauensvoll in die Zukunft blicken.“