Ebersberg:Habe die Ehre, Afrika

Ebersberg: Ein bisschen Afrika an einen ansonsten wenig vergnügungssteuerpflichtigen Ort bringt Jules Samlan, ehemals Togo, inzwischen waschechter Westerndorfer.

Ein bisschen Afrika an einen ansonsten wenig vergnügungssteuerpflichtigen Ort bringt Jules Samlan, ehemals Togo, inzwischen waschechter Westerndorfer.

(Foto: Christian Endt)

Mit einer Finissage beschließt der Ebersberger Helferkreis eine Fotoausstellung zum Thema "Integration durch Sprache". Die Bilder zeigen junge Flüchtlinge mit ihren deutschen Patenfamilien. Begegnungen, bei der alle gewinnen, wie Landrat Niedergesäß lobt

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Die Sprache, in der Jules Samlan singt, ist Deutsch. Der Rhythmus, den er auf seinen Trommeln anschlägt, durch und durch afrikanisch. Wie der 52-Jährige, der vor 21 Jahren aus seiner Heimat Togo geflohen ist, unter der Zimmerpalme im Foyer des Landratsamtes seine Instrumente virtuos bearbeitet und mit seiner fröhlichen Energie das Publikum zum Mitwippen bringt, könnte seine Botschaft nicht passender zum Anlass sein. Gefeiert wurde am Montagabend mit einer Finissage die Ausstellung "Integration durch Sprache", und Samlan sang dazu "Habe die Ehre, Grüß Gott, Afrika".

Sechs Wochen lang wurden die Besucher der Kreisbehörde von 25 Bildern empfangen, die die Fotografin Nadine Kolackovsky vor einem Jahr aufgenommen hat. In Szene setzte sie die Sprachpatenschaften des Ebersberger Helferkreises, die sie aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtete. Die Bilder zeigen Flüchtlinge beim Sport, bei einer Schneeballschlacht, beim winterlichen Spaziergang - aber vor allem zeigen sie die meist jungen Männer in ihren Patenfamilien. Dort, so erklärte die Initiatorin der Ausstellung, Petra Pfeiffelmann vom Ebersberger Helferkreis, würden sie einen Tag in der Woche verbringen, um im Alltag die Kultur und Sprache ihrer neuen Heimat zu erlernen. Dass das mit Glück und Behütetsein eng verknüpft ist, hat Fotografin Kolackovsky mit teilweise rührenden Motiven eindrucksvoll eingefangen. Da ist zum Beispiel der dunkelhäutige Mann, der mit einer jungen Mutter und deren kleiner Tochter einträchtig zusammen auf einer Couch sitzt. Gemeinsam betrachten sie ein Bilderbuch. Auch so lassen sich die Grundlagen einer fremden Sprache erfassen. Schließlich müssen auch Kleinkinder lernen, mit welchem Wort welcher Gegenstand bezeichnet wird.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sagte, dass er die Ausstellung, die zuvor schon in der Eisdiele am Marienplatz und danach beim Kinderschutzbund und in der E-Einz-Passage zu sehen war, gerne aufgenommen habe. Unterstützt wurde das Vorhaben unter anderen vom Kreisbildungswerk, dem Kreisjugendring, der VHS und der Initiative Bunt statt Braun. Aber auch von Antje Berberich vom Ebersberger Stadtarchiv, die auf einem der Fotos mit ihrem Schützling Bakary Sarr in ihrem Reich im Speicher des Rathauses zu sehen ist. Dort hatte Berberich dem Senegalesen Raum für seine Kunst gegeben und Ausstellungen organisiert, bei denen Sarr seine Werke zeigen konnte. "Alles wichtige Mosaiksteine in diesem Netzwerk", wie der Landrat unterstrich.

Ihm gefalle am besten die persönliche Art der Darstellung, die Asylsuchende zeigten, wie sie hart daran arbeiteten, unsere Sprache zu lernen. "Sprache, das ist der Hauptschlüssel zur Integration." Die Fotos, so Niedergesäß weiter, spiegelten die Integrationsbereitschaft der jungen Menschen wider, die hohe Risiken auf sich genommen hätten, um nach Deutschland zu kommen. Aber auch die Paten, das war dem Landrat wichtig, zeigten: "Ehrenamt kann Spaß machen."

Dass nun Gelassenheit das Kennzeichen einer Situation ist, die bis vor einem Jahr alle Beteiligten an den Rand ihrer Kräfte gebracht hatte, daran erinnerte Niedergesäß auch. Seinerzeit habe man wöchentlich über 70 Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen müssen. Inzwischen sei die Anzahl der Asylsuchenden mit etwa 1100 stabil. "Diese Entspannung hat uns die Möglichkeit gegeben, uns nun darum zu kümmern, dass Integration funktioniert."

Petra Pfeiffelmann zitierte unterdessen Karl Valentin: "Fremd ist ein Fremder in der Fremde." Damit Fremde und Einheimische schnell bekannt werden, habe der Ebersberger Helferkreis die Sprachpatenschaften ins Leben gerufen. Das verringere nicht nur das Fremdsein, sondern schaffe auch Kontakte, "die das Leben bereichern", wie Pfeiffelmann sagte.

Das kann Jules Samlan bestätigen. Der 52-Jährige, ein nach wie vor amtierender Stammes-König aus Togo, ist 1996 aus seiner Heimat geflohen, wo er aufgrund regierungskritischer Aktionen verfolgt wurde. Zuhause ist Samlan längst in Westerndorf bei Glonn. Mit seiner Kunst und seiner Musik will er sich dafür bedanken, dass er damals als Flüchtling so gut aufgenommen wurde. Die Kultur der neuen Heimat begreifen und deren Sprache lernen, das habe ihm geholfen. Man muss miteinander reden, sagt Samlan, "und wenn es am Anfang nur mit Händen und Füßen ist". Wobei Samlans Hände auch die internationale Sprache der Musik beherrschen. Und so bringt er an diesem Abend ein bisschen Afrika an einen Ort der Bürokratie, "der normalerweise nicht vergnügungssteuerpflichtig ist", wie der Landrat feststellte.

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